Der Spiegel - 26.10.2019

(backadmin) #1
beraten zeugt von Realitätsverweigerung«,
zitieren Offiziere einen General.
Die militärischen Strategen müssen nun
die Ideen der Ministerin mit Leben füllen.
Doch die Schubladen sind leer: Nachdem
die USA beim Thema Schutzzone abgewie-
sen wurden, hatte »AKKs« Vorgängerin
Ursu la von der Leyen einen strikten Pla-
nungsstopp erlassen. Selbst unter strenger
Geheimhaltung durften keine Szenarien
ausgearbeitet werden. Die Ministerin fürch-
tete Lecks und unangenehme Schlagzeilen.
So stand die Truppe blank da. Doch in
aller Eile haben die Militärs für die Ministe-
rin grob überschlagen, was sie europäischen
Partnern anbieten könnte. Die Strategen ge-
hen von einem Szenario aus, in dem eine
mögliche Schutzzone in Sektoren von etwa
40 Kilometer Breite und 30 Kilometer Tiefe
aufgeteilt würde. In einem dieser Sektoren
könnten die Deutschen als »Rahmennation«
die Führung einer internationalen Truppe
übernehmen und selbst drei robuste Kampf-
bataillone stellen, also etwa 2500 Soldaten.
Die Militärplaner sprechen von einem
»kompletten Paket«, das sie bereitstellen
würden: Aufklärer, Spezialeinheiten, »Bo-
xer«-Radpanzer, schwere Bewaffnung,
Panzerhaubitzen, Pioniere, Minenräumer.
Auch die Luftunterstützung für die eigene
Truppe traut sich die Bundeswehr zu, die
Aufklärung mit »Tornado«-Kampfflugzeu-
gen und eine bewaffnete Komponente mit
Eurofightern. In zwei Bereichen aber wäre
man wohl auf Hilfe angewiesen: bei Hub-
schraubern und der Sanitätsversorgung.
Bisher zog die Bundeswehr meist auf
unbegrenzte Zeit in Einsätze. Für das
Syrienszenario raten die Planer, sich am
Beispiel der Niederländer zu orientieren
und den Einsatz auf zwei Jahre zu begren-
zen. Danach müssten andere Nationen ran.
Ein deutscher Einsatz in Syrien? Die ver-
grätzte SPD dürfte dem kaum zustimmen.
Am Ende könnte es für Kramp-Karren-
bauer der beste Ausgang sein, wenn ihre
Operation unauffällig im Sand verliefe.
Dann hätte sie der deutschen Außenpolitik
und der Truppe ein Himmelfahrtskom-
mando erspart, könnte aber behaupten,
sie habe sich mal richtig etwas getraut.
In der politischen Liga der Parteichefin
stoßen solche Argumente durchaus auf
Verständnis: »Wer in der Politik etwas be-
wegen will, muss auch mal einen Stein ins
Wasser werfen«, sagt der langjährige CSU-
Chef Horst Seehofer. »Nichts anderes hat
die CDU-Vorsitzende getan.«
Dann müssten nur noch die anderen
Parteifreunde Kramp-Karrenbauer den
Alleingang verzeihen.
Melanie Amann, Florian Gathmann,
Matthias Gebauer, Konstantin von
Hammerstein, Julia Amalia Heyer,
Veit Medick, Peter Müller, Ralf Neukirch,
Christoph Schult

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