Neue Zürcher Zeitung - 18.10.2019

(Barry) #1

18 ZÜRICH UNDREGION Freitag, 18. Oktober 2019


Tausende zusätzliche Abklärungen


Um zu überprüfen, ob das neue Waffengesetz eingehalten wird, braucht die Kantonspolizei mehr Personal


FABIANBAUMGARTNER


Pistolen,Jagdgewehre oder die be-
rühmt-berüchtigte AK47: Im Internet
und in ihren Läden bieten Zürcher
Händleralles feil, was das Herz von
Waffenliebhabern höherschlagen lässt.
Sie haben viele Abnehmer. Im Kan-
ton Zürich hat sich die Zahl derregis-
trierten Schusswaffen in den vergange-
nen Jahren markant erhöht – von rund
100000 im Jahr 2010 auf156000 im
vergangenenJahr. InWirklichkeit dürf-
ten es aber weit mehr sein. Die Gen-
fer Organisation Small Arms Survey
schätzt, dass esin der Schweiz rund
1,5 Millionen unregistrierte Gewehre
und Pistolen gibt. Eine Zahl, die fast
doppelt so hoch ist wie diejenige der
registriertenWaffen.


Meldepflicht für Händler


Trotzdem ist beiWaffenhändlern und
Schützen das Murren derzeit unüber-
hörbar. Der Grund:Trotz ihrem lauten
Protest hatte das Stimmvolk am19.Mai
dem revidiertenWaffengesetz mit einer
satten Mehrheit von 63,7 Prozent zu-
gestimmt.Damit wird in der Schweiz
die neue EU-Waffenrichtlinie umge-
setzt. Betroffen sind vor allem Käu-
fer halbautomatischerWaffen mit gros-
sem Magazin. Beispielsweise gelten neu
die Sturmgewehre 57 und 90 als verbo-
teneWaffen.Im Schiesssportkönnen sie
zwar weiterhin verwendet werden, doch
braucht es für den Kauf eineAusnahme-
bewilligung statt wie heute einenWaf-
fenerwerbsschein. Dies, sofern die Be-
si tzer dieWaffen nicht direkt von der
Armee übernommen haben.
Grösstenteils trat dieRevision des
Bundesrechts Mitte August in Kraft.
Waffenhändler müssen gemäss demre-
vidierten Gesetz sämtlicheTransaktio-
nen mitWaffen innerhalb von 20Tagen
elekt ronisch melden. Diese Meldepflicht
gilt ab dem14.Dezember. Die kanto-
nale Waffenverordnung wiederum soll
nach demWillen desRegierungsrats auf
Anfang 2020 in Kraft treten.
Für Waffenfreunde geht das Ganze
in eine völlig falsche Richtung, wie ein
Händler sagt, der seinen Namen nicht
in d er Zeitung lesen will.Von Jahr zu
Jahr würde dasRecht, Waffen zu besit-
zen,mehr beschnitten.Dabei seien nicht
Waffenbesitzer das Problem, sondern
die Gesellschaft, die krank sei.Kurz:
«Das ist doch alles bireweich!»


WelcheAuswirkungen dieÄnderung
des Waffengesetzes im Kanton Zürich
hab en wird, zeigtein Beschluss des
Regierungsrats von Ende September,
der von einem erheblichenMehrauf-
wand für die Kantonspolizei ausgeht.
Auf denKanton kommendemnach
mit Inkrafttreten derRevision meh-
rere Tausendzusätzliche Gesuche, Kon-
trollaufgaben undRegistrierungen von
Waffen zu.Dazu legt derRegierungs-
rat konkrete Zahlen vor. Im Zentrum

der Neuregelung des SchweizerWaf-
fenrechts steht der Umgang mit halb-
automatischen Waffen. Der Erwerb
und Besitz von neu verbotenenWaf-
fen wie den Sturmgewehren 57 und 90
setzt eine kantonaleAusnahmebewil-
ligung vor. Im Kanton Zürich seivon
jährlich rund1500 Gesuchen für neu
verboteneWaffen auszugehen,schreibt
der Regierungsrat.
Auch Sportschützen und -schützin-
nen sind von derWaffenrechtsrevision

betroffen. Sie müssen nach fünf sowie
nach zehnJahren ihre Mitgliedschaft
in einem Schiessverein oder dieregel-
mässige Teilnahme an Schiessanlässen
belegen. DerRegierungsrat geht von
jährlich 1000 bis 1500 derartigen Nach-
weisen aus. Zudem müsse man mit 100
Ermahnungen bei säumigen Mitgliedern
und Teilnehmendenrechnen.
Die Polizei will auch überprüfen, ob
Sammler undMuseen genügendVor-

kehrungen getroffen haben,um ihre
Waffen sicher aufzubewahren. Zudem
müssenWaffenhändler ihreVerkäufe
und Importe melden. Gestützt auf Er-
fahrungswerte sei von jährlich15 000
Verkäufen und 9000 Importen auszu-
geh en, hält derRegierungsrat in sei-
nem Beschluss fest. Und Besitzer einer
halbautomatischenWaffe müssen diese
innert dreiJahren nach Inkrafttreten der
neuen Bestimmungen melden und die
Rechtmässigkeit des Erwerbs nachwei-
sen. Im Kanton Zürich wird mit jährlich
18 000 Nachmeldungen gerechnet.

FünfVollzeitstellen nötig


Für dieKontrolle braucht die Kantons-
polizei mehrPersonal. Insgesamt fünf
Vollzeitstellen werden benötigt, um die
zusätzlichenAufgaben bewältigen zu
können.Für die Bearbeitung allerFälle
wird mit einem Mehraufwand von rund
10 000 Arbeitsstunden gerechnet. Eine
der fünf Stellen ist auf dreiJahre be-
fristet, da auch die Nachmeldung halb-
automatischerWaffen innert dieserFrist
zuerfolgen hat.
Kosten wird die Umsetzung in den
Jahren 2020 bis 2022 rund 550000 Fran-
ken jährlich und danach 440000 Fran-
ken. Da für die Dienstleistungen auch
Gebühren anfallen,rechnet derRegie-
rungsrat auch mit Einnahmen in der
Höhe von 75000 Franken.

In Höngg gehen


nur 49 Parkplätze


verloren


Nach v ielen Einwendungen passt
die Stadtihre Abbaupläne an

ADI KÄLIN

Die sogenannte Planauflage ist bei den
meisten Projekten lediglichFormsache:
Die Betroffenenkönnen zwar Einwen-
dungen machen, diese sind aber nicht
viel mehr alsWünsche. In derRegel
lehnt dasTiefbauamt denn auch die
meisten Einwendungen ab. Im Fall des
geplanten Parkplatzabbaus auf zwei
Quartierstrassen im Zürcher Quartier
Höngg sieht die Sache nun aber anders
aus: Die Stadt lässt nicht wie ursprüng-
lich geplant 103Parkplätze verschwin-
den, sondern nur 49.
Begründet hatte die Stadt den rigo-
rosenAbbau unter anderem damit,dass
die neuen Geset ze vorsähen, denPark-
platzbedarf auf privatem Grund zu be-
friedigen. Zudem istdurch eine der
zwei Strassen einekommunaleVelo-
route geplant, für die eineFahrbahn-
breite von vier Meternvorgeschrieben
ist. Zu diesem Zweck sollteentlangder
Strasse nur noch auf einer Seite par-
kiert werden dürfen. DieParkplatzzahl
wäre gesamthaft von197 auf 94redu-
ziertworden.
Die Anwohnerinnen und Anwohner
hatten die Planauflage dazu genutzt,
ihrem Unmut Luft zu machen. Zum
einen Strassenprojekt sind 61 Einwen-
dungen eingegangen, zum andern sogar


  1. Auch wenn dasTiefbauamt in sei-
    ner Medienmitteilung darauf hinweist,
    dass es darunter vielekopierte Schrei-
    ben gebe, ist es doch noch einmal über
    die Bücher gegangen. In den Einwen-
    dungen seien nachvollziehbare Gründe
    genannt worden, warum derParkplatz-
    abbau im zunächst vorgesehenen Um-
    fang «nicht verträglich» sei.
    Die neuen Pläne sehen zwar immer
    noch vor, dass entlang der Segantini-
    strasse nur noch auf einer SeitePark-
    plätze angelegt sind.Auch dieVorschrif-
    ten für die Veloroute und die Breite der
    Trottoirs werden eingehalten. Hingegen
    gibt es Abstriche bei der Norm für die
    Sichtverhältnisse beiAusfahrten. Sie
    werde zwar besser umgesetzt als heute,
    aber nicht konsequent eingehalten,
    heisst es in der Mitteilung der Stadt.
    Nach der Überarbeitung der zwei
    Bauprojekte werden diesenochmals
    öffentlich aufgelegt. In dieser zweiten
    Phase sind dann Einsprachen möglich,
    die in erster Instanz vom Stadtrat be-
    handelt werden müssen.


Im Schiesssport darf das Sturmgewehr 90weiterhin verwendetwerden, doch braucht
es für den Kauf neu eineAusnahmebewilligung. GIAN EHRENZELLER / KEYSTONE

Zürcher Ehepaare


lassen sich seltener scheiden


Die jüngste Scheidungsstatistik des Kantons Zürich spricht für einen Trendwechsel


LENA SCHENKEL


Wenn die Entwicklung im Scheidungs-
verhalten von Herrn undFrau Zürcher
anhält,werden künftig nur noch zwei
von fünf Ehen geschieden – und nicht
mehr jede zweite wie noch vor einem
Jahrzehnt.Wie das Statistische Amt des
Kantons Zürich mitteilt, endeten im
letztenJahr rund 3000 Ehen mit einer
Scheidung. Deren Zahl ist seit 2 011
leicht rückläufig,nachdem sie vorher
während vierJahrzehnten laufend ge-
wachsen war.Das liegt aber auch daran,
dass etwas seltener geheiratet wird;
nichteheliche Lebensgemeinschaften
sind heute verbreiteter als früher.
Was den Zeitpunkt der Schei-
dung betrifft, scheint das sprichwört-
liche «verflixte siebteJahr» tatsäch-
lic h fü r viele Ehen ein unglückliches
zu sein:Das Risiko einer Scheidung
erreicht in der ZürcherStati stik nach
sechs bis siebenJahren einen Höhe-
punkt. Die Häufigkeit von Scheidun-
gen in denersten Ehejahren hat sich
gegenüber den1990er Jahren aber ver-
ringert. Leicht angestiegen ist hingegen
das Scheidungsrisiko bei den Ehen von


über zwanzigJahrenDauer. Offenbar
getrauen sich Eheleute also eher, sich
selbst nach einer langen gemeinsamen
Zeit scheiden zu lassen.Laut den Statis-
tikernkönnte das damit zusammenhän-
gen, dass die Ehepartner imVergleich
zu früher finanziell unabhängiger von-
einander geworden sind und ihre An-
sprüche an die Qualität einerPartner-
schaft gestiegen sind.
Weil Paarespäter heiraten und sich
spät er scheiden lassen, steigt auch das
Alt er der frisch Geschiedenen: Im
Schnitt sind dieFrauen bei der Schei-
dung heute etwa 44 und die Männer
47 Jahre alt – und damitsechsJahre
älter als noch um 1990. Dies liegt
laut dem Statistischen Amt aber auch
daran, dass die geburtenstarken Jahr-
gänge der1960erJahre in eine höhere
Altersgruppe gewachsensind.Kommt
es in dieser Generation zu Scheidungen,
fliessen diese verhältnismässig stärker
in die Statistik ein.
Von einer Scheidung stark betroff en
sind nicht nur die jeweiligen Ehepart-
ner, sondern auch gemeinsame Kinder


  • vor allem, wenn sie noch klein sind.
    Der Anteil geschiedenerPaare mit un-


mündigen Kindern hat sich in den letz-
ten Jahrzehnten aber verringert. Mitte
der 1980er Jahre lag er noch bei 60 Pro-
zent und ist seither auf 45 Prozent ge-
sun ken. 20 18 waren rund 2200 Kinder
unter18 Jahren mit der Scheidung ihrer
Elternkonfrontiert.Vermutet wird,dass
Ehepaare zunehmend kinderlos bleiben
oder vermehrt mit der Scheidung zuwar-
ten, bis die Kinder ausgeflogen sind.
Seit 2007 können auch gleich-
geschlechtlichePaare ihrePartnerschaft
eintragen lassen. Seither stieg deren
ZahlJahr fürJahr – und entsprechend
ist auch die Zahl der aufgelösten gleich-
geschlechtlichenPartnerschaften ange-
stiegen. LetztesJahr haben 73 gleich-
geschlechtlichePaare in Zürich ihre
eingetragenePartnerschaft durch rich-
terlichen Beschluss auflösen lassen.
Etwadrei Viertelder aufgelösten
Partnerschaften betreffen männliche,
der Rest weiblichePaare. Daraus zu
schliessen,dass Männerpaare ein höhe-
res Auflösungsrisiko haben, wäre aber
falsch,wie die Statistiker erläutern;denn
es liessen auch etwa dreimal so viele
männlichePaare ihrePartnerschaft ein-
tragen wie weibliche.

Im Kanton Zürich
sei von jährlich rund
1500 Gesuchen für neu
verboteneWaffen
auszugehen, schreibt
der Regierungsrat.

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