Handelsblatt - 22.10.2019

(Joyce) #1

Zahlungsdienstleister


KPMG prüft Wirecard


Der Wirtschaftsprüfer soll die
jüngsten Vorwürfe aufklären.
Ein Ergebnis wird in vier bis
sechs Monaten erwartet.

Felix Holtermann Frankfurt


D


er Zahlungsdienstleister Wire-
card hat die Wirtschaftsprü-
fungsgesellschaft KPMG mit ei-
ner unabhängigen Untersuchung be-
auftragt. Diese soll den von der briti-
schen Zeitung „Financial Times“ (FT)
geäußerten Verdacht der Bilanzfäl-
schung prüfen, teilte der Konzern am
Montag mit. KPMG soll uneinge-
schränkten Zugang zu allen Informatio-
nen auf allen Konzernebenen erhalten.
Bei Wirecard wird der frühere Deut-
sche-Börse-Vorstand Thomas Eichel-
mann, Vorsitzender des Prüfungsaus-
schusses im Aufsichtsrat, die Untersu-
chung begleiten.
Laut Konzernkreisen sollen noch in
dieser Woche die entsprechenden Ver-
träge unterzeichnet sein. In drei Wo-

chen könnte dann ein Fahrplan für die
Überprüfung stehen, mit dem Ergebnis
wird in vier bis sechs Monaten gerech-
net. „Wir gehen davon aus, dass die er-
neute unabhängige Prüfung dazu
führt, alle weiteren Spekulationen end-
gültig zu beenden“, erklärte Aufsichts-
ratschef Wulf Matthias. CEO Markus
Braun erwartet, dass das Vertrauen in
das Konzerngeschäft gestärkt wird.
Die Beauftragung eines externen
Prüfers ist ein Strategieschwenk für Wi-
recard: Eine Sprecherin hatte auf Han-
delsblatt-Anfrage am Mittwoch mitge-
teilt, man sehe keine Veranlassung für
eine Sonderprüfung. Ähnlich hatte sich
noch am Freitag Matthias selbst geäu-
ßert. Analysten begrüßten den neuen
Schritt. „Wir gehen davon aus, dass die
zusätzliche unabhängige Prüfung die
von der ,FT‘ erhobenen Anschuldigun-
gen endgültig klären wird. Wirecard
war in einer defensiven Position“, jetzt
habe der Konzern einen neuen Gang
eingelegt, schrieben die Analysten
der Baader-Bank. Der Aktienkurs ge-
wann deutlich.

Rückversicherer


Auf schwierigem Terrain


Die Branche hofft bei ihrem
jährlichen Treffen in Baden-
Baden auf eine Stabilisierung
der Preise in Europa. Doch
der Markt bleibt angespannt.

Carsten Herz Baden-Baden


D


ie Kulisse ist gediegen, die
Preise sind gesalzen. Mehr als
400 Euro ruft das Baden-Ba-
dener Vier-Sterne-„Bad Hotel zum
Hirsch“ in diesen Tagen für ein Supe-
rior-Doppelzimmer auf. Es sind Preis-
aufschläge, von denen die Rückversi-
cherer auf ihrem seit Montag laufen-
den Branchentreffen in der Kurstadt
vorerst weiter nur träumen können.
Der Markt bleibt angesichts großer
Überkapazitäten in Europa unter
Druck. Doch nach schwierigen Jahren
wächst in der Branche die Hoffnung,
dass die Talsohle durchschritten ist.
Jahrelang kannten die Preise der
Rückversicherer nur eine Richtung:
abwärts. Die schwere Hurrikan-Serie
2017 in den USA und der Karibik ha-
ben die Preise jedoch wieder etwas
nach oben getrieben. „Es gibt eine
spürbare Erholung nach den zuletzt
nicht einfachen Jahren“, analysiert
am Montag Jan-Oliver Thofern,
Deutschlandchef des Rückversiche-
rungsmaklers Aon Benfield, in Ba-
den-Baden. Doch für Jubel in der
Branche ist es zu früh.
„Das Preisumfeld in Europa ist für
die Branche schwieriger als anders-
wo“, sagt Frank Reichelt, Deutsch-
land- und Nordeuropa-Chef des welt-
weit größten Rückversicherers Swiss
Re. „Wir müssen feststellen, dass die
Preise nur in den Regionen reagiert
haben, wo wir große Schäden hatten
wie in den USA und Asien.“
Dennoch geben sich die Rückversi-
cherer auch für ihre Heimatregion un-
verdrossen: „Wir sehen keinen Spiel-
raum für weiter sinkende Preise“, be-
tont Doris Höpke, Vorstandsfrau des
zweitgrößten Rückversicherers der
Welt, des Dax-30-Konzerns Munich
Re. „Aber wir sehen gute Gründe, wa-

rum die Preise wieder steigen sollten.“
So machten die sinkenden Leitzinsen
in Europa das Geschäft für die Rück-
versicherer deutlich teurer und auch
der Klimawandel sorge dafür, dass die
Höhe der Schäden tendenziell stei-
ge. „Es ist nicht von der Hand zu wei-
sen, dass die Rückversicherungsbran-
che angesichts der Tropenstürme Do-
rian, Faxai und Hagibis auf das dritte
schwere Schadensjahr in Folge zu-
steuert“, attestiert auch Reichelt.
Noch läuft es jedoch vor allem für
Munich Re gut. Überraschend schob
der Rückversicherer am vergangenen
Freitag seine Jahresprognose trotz
hoher Großschäden wegen hoher
Währungsgewinne und eines sehr gu-
ten Kapitalanlageergebnisses auf
über 2,5 Milliarden Euro nach oben.
Für die Verhandlungsrunden in Ba-
den-Baden könnte das für manchen
Konkurrenten zur Belastung werden.
Die Erhöhung der Prognose durch
Munich Re „macht es für die Rück-
versicherer in Baden-Baden nicht
einfacher“, klagt ein Topmanager der
Konkurrenz, der namentlich nicht ge-
nannt werden möchte. „Natürlich be-
kommen wir an der einen oder ande-
ren Stelle zu hören, dass wir als Bran-
che auf hohem Niveau jammern
würden.“
Jan-Oliver Thofern kommt das
durchaus gelegen. Der vorsitzende
Geschäftsführer des Rückversiche-
rungsmaklers Aon in Deutschland
hat durchaus ein Eigeninteresse da-
ran, dass die Versicherungsraten
niedrig bleiben. An einem schlichten
Verhandlungstisch im Baden-Bade-
ner Kurhaus erwartet der Manager je-
de Stunde neue Gäste. Und er ist
deutlich skeptischer als die Bran-
chengrößen. Für den deutschen
Rückversicherungsmarkt schließen
die Aon-Experten sogar einen neuer-
lichen Preisrückgang von 2,5 Prozent
nicht aus.
Baden-Baden ist dabei die zweite
Etappe in der jährlichen Vertragser-
neuerungsrunde. Anfang September
wurde sie auf dem traditionellen
„Rendez-vous de Monte Carlo“ einge-

leitet. Schon dort hatten sich die
deutschen Rückversicherer optimis-
tisch gezeigt, was höhere Preise an-
geht. Denn der Anteil an sogenann-
tem Alternativem Kapital, mit dem
branchenfremde Investoren wie Pen-
sionsfonds über Katastrophenanlei-
hen und andere Vehikel im Rückver-

sicherungsgeschäft mitmischen, ist
nach Jahren mit stetigem Anstieg zu-
letzt leicht rückläufig gewesen. Doch
die meisten blieben im Markt. Somit
bleibt vielen Rückversicherern wenig
Spielraum für höhere Preise.
Michael Pickel sieht das allerdings
anders. Der Hannover-Rück-Vorstand
geht im kommenden Jahr von einer
positiven Prämienentwicklung im
deutschen Markt aus. Vor allem Ver-
besserungen der Konditionen im
Erstversicherungsgeschäft würden
dafür sprechen, glaubt der Manager,
der in Baden-Baden einen Einblick in
das Geschäft von E+S Rück gibt, in
dem die Deutschland-Aktivitäten der
Hannoveraner gebündelt sind. „In
Anbetracht der ohnehin angespann-
ten technischen Ertragslage und der
weiter gesunkenen Zinsen sind in vie-
len Segmenten höhere Rückversiche-
rungspreise unerlässlich“, sagte der
Vorstandschef der E+S Rück. Doch
noch steckt in dieser Prognose sehr
viel Hoffnung.

Schwere Schäden auf
den Bahamas: Hurri-
kan Dorian sorgte im
September für große
Verwüstungen.

imago images / ZUMA Press







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Finanzen & Börsen
DIENSTAG, 22. OKTOBER 2019, NR. 203^33

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