Handelsblatt - 22.10.2019

(Joyce) #1

Larissa Holzki Ludwigshafen


M


aschinen werden bald nicht mehr
gekauft, sondern gemietet. Da
sind sich Diana Rees, 30, und
Amine Ünal, 23, sicher. Die Grün-
derinnen von ZkSystems tüfteln
bereits an der digitalen Lösung für die Probleme,
die sich Maschinen- und Anlagenherstellern und
ihren Kunden dann stellen werden: Mit Blockchain-
technologie können sie genau dokumentieren, wie
intensiv etwa eine Turbine, ein 3D-Drucker oder
ein MRT-Gerät genutzt wurde, und die Daten in das
Abrechnungssystem überführen. „Für manche Un-
ternehmen kommen wir genau zum richtigen Zeit-
punkt, für andere vielleicht ein bisschen zu früh“,
sagt Geschäftsführerin Rees.
Viele Start-ups können mit ihren technologischen
Entwicklungen das Geschäftsmodell etablierter Un-
ternehmen radikal verändern. Beim Weconomy-
Wochenende in Ludwigshafen haben erfahrene Ma-
nager die Chance, das rechtzeitig zu erkennen. Ei-
gentlich sollen zwar die zehn Gewinner des
Gründer-Wettbewerbs als Gäste von BASF die Chan-
ce bekommen, Führungskräfte aus Konzernen und
Mittelstand um Rat und Kontakte in ihr Netzwerk zu
bitten. Doch in vielen Gesprächsrunden kehrt sich
die Sache um. Am Ende des Wochenendes haben
einige ihre Visitenkarte unter anderem bei Rees und
Ünal hinterlassen und um Rückruf gebeten. Die
Gründerinnen profitieren allerdings ebenso. Sie wis-
sen jetzt noch besser, worauf es ankommt.
Bei Rees und Ünal diskutierte die Jury aus Bera-
tern, Investoren und Managern schon bei der Aus-
wahl der Sieger angeregt: Werden Maschinen mehr
und mehr als Service angeboten? Gibt es ein Ver-
trauensproblem zwischen Vermieter und Verleiher,
das technologisch gelöst werden muss? Können
Konzerne das Problem besser lösen als ein Start-
up? „Das ist ein riesiges Thema“, erkannte Axel
Krieger, der Mitgründer des Finanzinvestors Digi-
tal+ Partners. Die fälschungssichere Blockchain sei
eine interessante Technologie dafür und die Unter-
nehmerinnen überzeugend: Diana Rees gründet
bereits zum dritten Mal und weiß, was sie tut. „Der
Schlüssel für ein Start-up ist, sich in einer schnell
wachsenden Nische zu etablieren“, sagt sie.
Traditionell hat der deutsche Mittelstand seine
Maschinen gekauft. Und noch hat er in der Regel
genügend Geld dafür. Einige Branchen sind jedoch
schon mitten im Umbruch, in der Luftfahrtindus-
trie etwa werden einige Flugzeugbauteile längst
verleast, auch Drucker werden quasi als Dienstleis-
tung in die Betriebe gestellt, gewartet und ausge-
tauscht, wenn sie technologisch überholt oder ka-
putt sind.
Vorteile des Verleihens gibt es viele: Die Maschi-
nen müssen kundenseitig nicht als Investitionen
verbucht werden, sondern werden aus den laufen-
den Betriebskosten finanziert. Außerdem können
sie Maschinen viel flexibler einsetzen. Für die Ma-
schinen- und Anlagenhersteller ist Vermietung oft

ein attraktives Geschäftsmodell, weil sie langfristige
Einnahmen erzielen, weitere Dienstleistungen ver-
kaufen können und im Kontakt mit ihren Kunden
bleiben. So wissen sie etwa auch, wenn Neukäufe
anstehen.

Kooperation mit Siemens
Im Unterschied zum traditionellen Leasingmodell
bietet ZkSystems mit seiner Software nun die Mög-
lichkeit, die Dienstleistung tatsächlich nutzungs -
basiert abzurechnen, „Equipment as a Service“,
nennt Rees das. „Das Problem ist bisher, dass die
Nutzungsdaten nicht ausreichend verifiziert wer-
den können“, sagt die Gründerin. Ärger gibt es bei-
spielsweise, wenn Drucker fehlerhafte Produkte
ausliefern. Die Blockchain-Technologie könnte das
verlässlich dokumentieren. Rees verspricht den
Maschinen- und Anlagenherstellern durch ihren
Ansatz höhere Umsätze.

Die Gründerinnen stehen vor der Herausforde-
rung, den Markt für ihr eigenes Produkt noch auf-
bauen zu müssen. Das aber ist auch eine Chance.
Derzeit entwickeln sie mit Siemens für Gasturbinen
und mit Bosch Rexroth für Hydraulikaggregate Pi-
lotprojekte. „Für diese Hydraulikaggregate gibt es
etwa 20 Steuerungsparameter wie Druck und Rota-
tion, die den Hydraulikzyklus und die Arbeitsweise
der Maschine beschreiben“, erklärt Rees. „Nun
kommen die ganzen Daten in die Cloud, und die
Preisformel ist so ausgelegt, dass je nach Intensität
der Rotation und des Drucks abgerechnet wird.“
Durch die Blockchain-Technologie, die diese Da-
ten verschlüsselt und nur für den Nutzer und den
Hersteller zugängig macht, sind die Unternehmen
auch davor geschützt, dass die Softwareanbieter
von ZkSystems die Daten weiterverkaufen könnten.
Zu deren Kunden gehören auch schon Mittelständ-
ler aus dem Werkzeugmaschinenbereich, die aus
Wettbewerbsgründen aber nicht öffentlich darüber
sprechen wollen.
Ein interessantes Geschäftsfeld für ZkSystems
sind auch Kliniken: „Krankenhäuser wollen sich
um die Gesundheit ihrer Patienten kümmern,
nicht um ihre Diagnosegeräte“, sagt Rees. „Wir ha-
ben noch keinen Kunden auf dem Gebiet, hören
aber immer wieder, dass sie Leasing- und Leihmo-
delle nachfragen.“
Das Weconomy-Wochenende nutzen Rees und
Technologieexpertin Ünal, um noch besser zu ver-
stehen, wie sie Anlagenhersteller unterstützen kön-
nen. Mit Stephan Bross, Geschäftsleitungsmitglied
beim Pumpenanbieter KSB, geht es in die Details.
Noch hat er keinen konkreten Anwendungsfall für
ZkSystems, aber er kann sich einen für einen Teil der
Geräte vorstellen, für die eine individuelle Abrech-
nung viel zu aufwendig wäre: „Stellen Sie sich vor,
Vodafone müsste für jeden Vertrag monatlich hän-
disch eine Rechnung erstellen, für jede Handyrech-
nung von vielleicht 80 Euro – das lohnt sich nicht“,
sagt er. So ein Vertragsmodell, bei dem am besten
am Ende noch die Zahlung vom Nutzer automatisch
ausgelöst würde, könnte dem Unternehmen ganz
neue Vermarktungsmöglichkeiten eröffnen.
Zum Schluss gibt er den beiden Gründerinnen
noch einen Tipp mit, der vielen jungen Firmen hel-
fen könnte: „Am Ende des Tages sterben viele gute
Ideen, weil in den Start-ups der Prozess nicht bis
zum Ende durchdacht wird“, sagt er. „Sie scheitern
an der Schnittstelle ins Unternehmen.“
Rees und Ünal haben genau mitgeschrieben. Die
automatisierte Abbuchung steht bereits auf ihren
Langzeitplänen. Die beiden Gründerinnen aus Ber-
lin haben auch schon den „Trumpf Venture Award“
gewonnen und nach dem Rat eines der Juroren
ganz bewusst an diesem Wettbewerb von Wissens-
fabrik und Unternehmertum teilgenommen. Das
Handelsblatt ist Medienpartner. „Wir haben die Lo-
gos von BASF, Bosch, KSB und Drägerwerk gese-
hen – was will man mehr?“, fragt Rees und lacht.
Demnächst kommen die Gewinner von Weconomy
mit Experten aus den Unternehmen zusammen.

ZkSystems


Maschinen


zum Mieten


Diana Rees und Amine Ünal bauen


die digitale Lösung für die Leihwirtschaft


der Zukunft. Topmanager bitten die


Gründerinnen von ZkSystems nach dem


Weconomy-Wettbewerb um Rückruf.


Amine Ünal (links),
Diana Rees: Ihre
Blockchain-Technolo-
gie könnte das Ge-
schäft mit Maschinen
und Anlagen revolu-
tionieren.

ZkSystems


Bei Weconomy lernen
Gründer deutsche
Topmanager kennen.

Karin Ries


Familienunternehmen


des Tages


(^44) DIENSTAG, 22. OKTOBER 2019, NR. 203
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