Handelsblatt - 22.10.2019

(Joyce) #1

Nadiem Makarim


Minister für Millennials


A


n dem Chef des erfolgreichs-
ten Start-ups seines Landes
hat Indonesiens Präsident Jo-
ko Widodo bereits früh Gefallen ge-
funden: Vor vier Jahren nahm er Na-
diem Makarim, den Gründer der Ta-
xi-App Go-Jek, mit auf seine erste
USA-Reise als Staatschef. Dort sollte
dieser den Amerikanern berichten,
welche riesigen Chancen die Digital-
wirtschaft in dem mehr als 260 Mil-
lionen Einwohner großen Land bie-
tet. Makarims App, mit der sich in
der Hauptstadt Jakarta Motorradtaxis

per Knopfdruck ordern ließen, war
damals erst seit ein paar Monaten auf
dem Markt. Inzwischen ist das Unter-
nehmen in mehr als 200 Städten ak-
tiv, arbeitet mit mehr als zwei Millio-
nen Fahrern zusammen und ist zehn
Milliarden Dollar wert.
Nun erreicht auch die Zuneigung
des Präsidenten einen neuen Höhe-
punkt: Wie am Montag bekannt wur-
de, holt der Staatschef den 35-Jähri-
gen in seine Regierungsmannschaft.
„Ich habe die große Ehre, in das Ka-
binett einzutreten“, sagte der Unter-
nehmer nach einem Besuch im Präsi-
dentenpalast. Am Tag zuvor hatte
Präsident Widodo seine zweite Amts-
zeit angetreten. Er steckt gerade in ei-
ner politischen Krise: Zuletzt de-
monstrierten Studenten in Massen-
kundgebungen gegen ihn – unter

anderem, weil sie die Korruptionsbe-
kämpfung vernachlässigt sehen.
Die Berufung des bei jungen Indo-
nesiern populären Unternehmers
könnte nun der Versuch sein, Ver-
trauen zurückzugewinnen. Welches
Amt Makarim übernehmen wird, soll
erst am Mittwoch verkündet werden.
Spekuliert wird, dass er ein neues Mi-
nisterium für Digitalwirtschaft führen
soll. Auch Erick Thohir, Geschäfts-
mann und früherer Eigentümer von
Inter Mailand, soll einen Platz im Ka-
binett erhalten. „Ich will innovative
und produktive Personen als Minis-
ter, die hart und schnell arbeiten“,
begründete Widodo die Entschei-
dung. „Ich will Personen, die nicht in
monotoner Routine feststecken.“
Harvard-Absolvent Makarim, der
Go-Jek vom Taxi-Anbieter zur Super-

App mit Bezahl- und Lieferdiensten
umbaute und sich nun von der Fir-
menspitze zurückzieht, dürfte zu Wi-
dodos Vorstellungen passen. Sein Er-
folgsrezept fasste er einmal so zusam-
men: „Man muss einfach innovativer
sein als alle anderen.“ Mathias Peer

Nadiem Makarim:
Der Gründer zieht
ins indonesische
Kabinett ein.

REUTERS


Der Chef von Indonesiens
wertvollstem Start-up
bekommt einen Posten im
Kabinett – und soll wohl den
Protest der Jungen dämpfen.

Willi Balz


Deutsch-Banker


entlastet Balz


Der Vorstand der Deutschen
Bank, Stefan Simon,
überrascht vor Gericht. Der
Windreich-Gründer habe ihn
nicht getäuscht.

Martin Buchenau Stuttgart


D


er mit seiner Firma Wind-
reich gescheiterte Unterneh-
mer Willi Balz wartete am
Montag mit Spannung auf den Auf-
tritt von Stefan Simon als Zeuge vor
dem Landgericht Stuttgart. Der Jurist
war vor seiner Karriere bei der Deut-
schen Bank als Partner der Sozietät
Flick Gocke Schaumburg enger Bera-
ter von Balz und seinen Windpark-
Unternehmungen. Der 50-Jährige
führte auch die Verhandlungen mit
der Bank Sarasin, bei der Balz mit 70
Millionen Euro in der Kreide stand.
„Er hat mich in eine Sackgasse bera-
ten“, sagte Balz vor der Verhandlung
tief enttäuscht. Es geht im Prozess
unter anderem um Insolvenzver-
schleppung und Betrug.
Gerade beim Vorwurf des Betrugs
entlastete ihn am Montag ausgerech-
net Simon. „Ich habe mich nicht von
Herrn Balz getäuscht gefühlt“, sagte
der Manager aus. Beim Vorwurf des

Betrugs ging es um nicht bezahlte Be-
raterhonorare in Höhe von 1,3 Millio-
nen Euro. „Damit ist der Betrugsvor-
wurf vom Tisch“, frohlockte Balz in
einer Prozesspause.
Die Verhandlung gab auch Einblick
in die Honorare des eloquenten Ge-
sellschaftsrechtlers. 850 Euro berech-
nete Simon pro Stunde. Der letzte
Mandatierungsvertrag sicherte ihm
ein Prozent der Erlöse aus den Mittel-
zuflüssen der angeschlagenen Grup-
pe. Umgerechnet wären das maximal
4,5 Millionen Euro allein aus der Ver-
wertung der Rechte an einem Wind-
park gewesen.
„Ich sah eine echte Chance da-
rauf “, beteuerte Simon vor Gericht.
Sonst hätte er den Auftrag ja nicht
übernommen. Am Ende blieb die
Kanzlei auf ihren Rechnungen sitzen.
Und Simon schied später aus.
Sein beruflicher Neustart gelang
2016 als Aufsichtsrat bei der Deut-
schen Bank, wo er das Vertrauen der
Investoren aus Katar genießt. Im Au-
gust dieses Jahres wechselte er sogar
in den Vorstand.
Vor der Wirtschaftsstrafkammer
müssen sich noch sechs Angeklagte
verantworten. Der Windpark-Projekt-
entwickler Windreich meldete 2013
Insolvenz an. Neben Unternehmens-
gründer Balz sitzt auch der frühere
baden-württembergische Wirtschafts-
minister Walter Döring auf der Ankla-
gebank. Döring war von 2010 bis
2012 stellvertretender Windreich-
Chef. Die Staatsanwaltschaft ist der
Ansicht, dass Windreich schon sehr
viel früher zahlungsunfähig war.
Der Unternehmensgründer weist
die Vorwürfe zurück und wirft der
Staatsanwaltschaft vor, mit ihrer
Durchsuchung im März 2013 die In-
solvenz herbeigeführt zu haben. Im
Zuge der Windreich-Insolvenz verlo-
ren auch viele Kleinanleger Geld.
Über zwei Mittelstandsanleihen wa-
ren 125 Millionen Euro eingeworben
worden.

Windreich-Gründer Willi Balz:
Hoch geflogen, tief gestürzt.

IMAGO


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Familienunternehmen des Tages


DIENSTAG, 22. OKTOBER 2019, NR. 203^45


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