Die Zeit - 26.09.2019

(Nandana) #1
Vom Papierkram
überforderte Gründer
sind leichte Beute

Foto: Lubitz + Dorner/plainpicture


Bloß nicht gleich bezahlen!


Falsche Handelsregister verlangen Geld von Unternehmensgründern – und kommen erstaunlich oft damit durch VON MARC LATSCH


W


ann immer in Deutsch-
land ein neues Unterneh-
men entsteht, beginnt
ein Wettrennen. Es geht
darum, wessen Rechnung
es zuerst zu dessen Grün-
der schafft. Der Sieger
verdient oft einen hohen dreistelligen Euro-Betrag.
Bei 1500 Gründungen am Tag kann da einiges zu-
sammenkommen. Das funktioniert vor allem
dann, wenn der Gründer unerfahren ist. So wie
Siamak Farrokhi Kukia aus Berlin.
Am 21. Juni wurde sein Unternehmen, die
S. F. K. Krisenberatung & Lebenshilfe gGmbH,
ins Handelsregister eintragen. Am Tag danach er-
reichen ihn zwei Schreiben. Die »HGR Online
GmbH« und die »GWRP« fordern Geld, beide
rund 800 Euro. Es gehe um seinen Handelsregis-
tereintrag. »Ich habe sogar einen Rechtsanwalt ge-
fragt, der im selben Gebäude sitzt«, sagt Farrokhi
Kukia. »Der sagte auch, das sei in Ordnung.« Er
erwartet ohnehin noch eine Rechnung über die
verbliebenen Notarkosten. Also überweist er. Eini-
ge Tage später erreicht ihn die echte Zahlungsauf-
forderung des Amtsgerichts Charlottenburg über
155 Euro. Farrokhi Kukia wird stutzig.
Er liest im Internet von ähnlichen Fällen und
erfährt bald: dahinter steckt ein Geschäftsmodell.
288 Millionen Euro kommen damit im Jahr zu-
sammen, schätzt Peter Solf vom Deutschen Schutz-
verband gegen Wirtschaftskriminalität (DSW).
Derzeit liegt auf Solfs Schreibtisch in Bad Homburg
ein Brief der »HGR Online GmbH, die auch von
Farrokhi Kukia Geld verlangt hatte.
»Das Formular gibt es in dieser Form seit
1996«, sagt Solf. Nur der Absender ändere sich. Im
Fall der »HGR Online GmbH« kennt Solf gleich
drei Varianten. Mit unterschiedlichen Kontodaten
und unterschiedlichen Postfachangaben in Mön-
chengladbach, Berlin und Düsseldorf. Im vergan-
genen Jahr sind in Bad Homburg 72 solcher An-
bieter dokumentiert geworden.
Sie leben vom Stress der Gründer. Die Briefe er-
wecken den Eindruck eines offiziellen Handelsregis-
ter-Schreibens. Die Betrüger nennen sich im Brief-
kopf »Handelsregisterzentrale«, nehmen Bezug auf
den gerade erfolgten Handelsregistereintrag und
fordern hohe dreistellige Beträge – zu zahlen binnen
wenigen Tagen, sonst werde der Eintrag gelöscht.
Irgendwo im Kleingedruckten findet sich der Hin-
weis, es handele sich nur um eine »Offerte«. »Es gibt
eine neue Unter nehmer gene ra tion, die oft ein dank-
bares Opfer ist«, sagt Solf. Die Maschinerie beginne
mit der Online-Veröffentlichung des Handelsregister-
eintrags. Die Daten würden automatisiert eingelesen,
sofort gehe ein Schreiben von den Abkassierern raus,
in der Hoffnung, der Erste zu sein.

»Unternehmer sind schlechter als Verbraucher
geschützt«, sagt Solf. Haben die Gründer über-
wiesen, können sie von keinem Widerrufsrecht
Gebrauch machen. Sie bleiben erst einmal auf den
Kosten sitzen. Gehen die Gründer dann zur Poli-
zei, werden sie manchmal abgewiesen. Die Be-
gründung: Sie hätten lediglich ein Angebot ange-
nommen. Das Bundesjustizministerium allerdings
stellt klar: »Strafrechtlich handelt es sich bei den
Schreiben in der Regel um versuchten oder voll-
endeten Betrug.«
Der Deutsche Industrie- und Handelskammer-
tag (DIHK) fordert deshalb mehr Unterstützung.
»Wir würden uns mehr Sensibilität für das Thema
bei den Staatsanwaltschaften wünschen, da solche
Formularfallen aus unserer Sicht eindeutig Betrug
und die Schäden für die deutsche Wirtschaft im-
mens sind«, sagt die DIHK-Rechtsexpertin Hilde-
gard Reppelmund.
Das Justizministerium will Gründer nun besser
informieren. Unter anderem gibt es auf der Inter-
netseite des Bundesanzeigers inzwischen eine Liste
mit unlauteren Anbietern. Die Fälle seien seitdem
zurückgegangen, heißt es aus dem Ministerium.
Solf sieht das anders. »Ich glaube, es wird nur we-
niger aktenkundig«, sagt er. Die Fälle würden
nicht weniger. Sie würden nur komplizierter. Im-
mer häufiger erreichen Solf Briefe, die keine kom-
pletten Namen oder Adressen enthalten. Was
bleibt, sind Kürzel und Kontodaten. »Die Perso-
nen im Hintergrund sind namentlich nicht be-
kannt. Es werden immer neue Strohmänner als
Geschäftsführer vorgeschoben«, sagt Solf.
Immerhin: Zu manchen der verschickten
Schreiben lässt sich eine Adresse recherchieren.
Eine führt zu einem unscheinbaren Mehrfamilien-
haus unweit des Düsseldorfer Hauptbahnhofs. An
der Hauswand finden sich rund 80 Firmennamen.
Darunter auch die »GWRP GmbH« – eine der
Firmen, denen Farrokhi Kukia Geld überwiesen
hatte. Ein weiteres Schild am oberen Ende der Ta-
feln ist beschriftet mit: »Firmenbesucher und Ku-
rierdienst bitte bei Büroservice klingeln«. Eine
Frau betätigt den Türöffner. Sie bestätigt, dass sie
Post für die GWRP angenommen hat. Mittlerwei-
le habe auch schon die Polizei angerufen. Ihr habe
sie Auskunft gegeben. Der ZEIT möchte sie weiter
nichts sagen. Das Muster zeigt sich auch anders-
wo: Ermittelt die Polizei, sind die Hintermänner
längst weg, die Firmen werden gelöscht.
Und dann gibt es noch eine Firma, die nicht
zum Rest passt: die »Handels Union«. Hinter ihr
steht eine real existierende Person. Fragt man
DSW-Geschäftsführer Peter Solf danach, gibt er
zu, dass es sich um einen »ungewöhnlichen Fall«
handelt. »Vom Prinzip her ist das allerdings das
Gleiche wie bei den anderen Betrügerfirmen«, sagt

er. Doch Ali Senol, der Rechtsanwalt der »Handels-
Union«, erklärt: »Mein Mandant betritt auf die-
sem Gebiet verbrannte Erde. Rechtlich bin ich
sicher, dass wir nicht angreifbar sind.« Er schlägt
ein Treffen vor.
Düsseldorf, Königsallee. Ein Schild, rund 20
Firmen. Darunter die »Boncheck GmbH«. Sie
steckt hinter der »Handels-Union«. Geschäftsfüh-
rer Tolga Akcay führt in sein Büro, dort wartet
auch Anwalt Senol.
Die »Handels-Union« ist Akcays neueste Ge-
schäftsidee. Ein Branchenverzeichnis in der Test-
phase. Mit den Fake-Handelsregistern habe er
nichts gemein. Seine Briefe seien bloß ein Ver-
triebsweg, um Kunden für den Premium-Account
(288 Euro pro Jahr) zu werben. Es gehe um Da-
tenschutz. Darum, die Firmen über den Eintrag zu
informieren. »Weil wir das sehr transparent aufge-
baut haben, haben wir auch eine sehr winzige Be-
stellquote«, sagt er. Nur eine von 500 Firmen
werde Premium-Mitglied.
Der DSW-Chef Solf aber sieht die Empfänger
des Briefes dennoch getäuscht. »Das Schreiben hat
quasiamtlichen Charakter«, sagt er. Er hat bei der
Staatsanwaltschaft Frankfurt Anzeige erstattet. Für
die »Handels-Union« erklärt Anwalt Senol dazu:
»Wir haben zwei unabhängige Gutachten von
Rechtsanwälten eingeholt.« Die hätten jede Voraus-
setzung des Straftatbestandes »Betrug« verneint.
Akcay beteuert, von einem großen Branchen-
register zu träumen. 14 Unternehmen versuchten
im vergangenen Monat, ihre Überweisung rück-
gängig zu machen, alle hätten ihr Geld zurück be-
kommen. »Wir wollen keine Kunden, die aufgrund
eines Missverständnisses gezahlt haben«, sagt er.
Es sind zwei verschiedene Wettrennen, die sich
in Deutschland abspielen. Eins ist ein Sprint. Es
geht darum, möglichst schnell viel Geld abzugrei-
fen und zu verschwinden. Bevor die Konten ge-
sperrt sind. Bevor die Polizei ermittelt. Siamak
Farrokhi Kukia hatte in einem Fall Glück. Seine
Überweisung an die »HGR GmbH« kam zurück.
Das Konto war bereits gesperrt. Im anderen Fall
hat er einen Anwalt eingeschaltet.
Tolga Akcay ist ein Marathonläufer. Er tariert aus,
was er tun kann und was nicht. Er will nicht das ganz
schnelle Geld. Er sucht einen Grenzbereich, in dem
er dauerhaft verdienen kann. Ohne dass seine Konten
gesperrt werden. Ohne dass die Polizei ermittelt.
Eine neue Gesetzesinitiative dürfte beide Ge-
schäftsmodelle erschweren. Das »Company Law
Package« der EU-Kommission trat im Juli in Kraft.
In zwei Jahren muss es in nationales Recht umgesetzt
sein. Dann können GmbHs im Regelfall komplett
online angemeldet werden, alle Kosten müssen die
Staaten transparent machen. Der Briefverkehr fiele
weg – und damit womöglich viel Ärger für Gründer.

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32 WIRTSCHAFT 26. SEPTEMBER 2019 DIE ZEIT No 40

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