mal die Gelegenheit hatte, einen Schatz chinesischen Por-
zellans zu erwerben, der aus einer versunkenen Dschunke
geborgen worden war, griff er sofort zu und kaufte ihn
komplett. Die Stücke wurden ein Verkaufsschlager, seine
Kunden standen Schlange. Einen kleinen Teil jedoch be-
hielt er für sich.
Und dann gibt es Räume, in denen kaum mehr als ein Sofa
und ein Couchtisch steht. Alte Kunst gesellt sich zu moder-
ner Kunst. Verspieltheit wechselt sich ab mit Kargheit. Das
Schloss ist so angelegt, dass ein Gang durch die Zimmer
wie eine Reise durch ein ganzes Leben ist. So viel innerer
Reichtum wird hier offenbart, dass man den Eindruck be-
kommt, es gehe nur noch nebenbei um Geld. Dabei ist alles
auch Teil des Business. Bevor er vor einigen Jahren die Gale-
rie ausbaute, empfing der Kunst- und Antiquitätenhändler
seine Kunden zu Hause. »Ich wollte nie ein Geschäft haben,
ich wollte immer mit der Kunst leben, die ich verkaufe.«
Für Vervoordt soll Kunst kein Investment sein, sie soll das
Leben erhellen: »Kunst bereichert uns um die Vision des
Künstlers. Deswegen war zeitgenössische Kunst immer teu-
er. Früher konnten sie sich nur Könige leisten«, erklärt er.
»Ich glaube, Kunst ist ihrer Zeit stets um 50 Jahre voraus.
Schauen Sie sich Lucio Fontana und die Zero-Bewegung
an«, sagt er mit Verweis auf die 1958 gegründete Künstler-
gruppe aus Düsseldorf, die eine dynamische, oft körperlose
Kunst aus Licht, Klang und Bewegung forderte. »Die sagten:
Das Wichtigste ist das Nichts. Wir müssen die Dinge aus
dem Nichts gebären. Heute wissen wir, dass vor dem Urknall
dieses Nichts herrschte. Wir sind alle Kinder dieses Nichts.«
Wer sich mit Kunst beschäftige, der habe ein anderes Leben,
ein volleres. Wer würde nach solchen Worten nicht sofort
ein Werk aus den Händen von Vervoordt kaufen wollen?
Schönheit ist für Axel Vervoordt kein Beiwerk, sie ist der
Motor des Lebens. Er spricht gern über die japanische Wabi-
Sabi-Lehre, die dem Zen-Buddhismus entstammt. Sie be-
sagt, dass die Schönheit der Dinge vor allem davon abhängt,
wie man sie betrachtet. Schönheit empfinden zu können ist
eine Frage der Demut und des Respekts. Schönheit liegt in
den Spuren des Alterns, in der Patina, die die Zeit über die
Dinge legt. Nicht das Glänzende ist das Schöne, sondern
das Gebrochene. Nicht der Schein der Sonne, sondern der
Glanz des Mondes. In seinem Schloss hat Vervoordt sich ei-
nen Wabi-Sabi-Raum eingerichtet, in diesem Zimmer gibt
es grobe Dielen und gebleichte Balken, ein Gemälde des ja-
panischen Künstlers Kazuo Shiraga, eine erhöhte Plattform
mit einer Sitzecke und einen Kamin, in dem ein Feuer den
Raum wärmt. Die Wandfarbe ist mit Erde aus der Umge-
bung angemischt worden. Wenn man diesen Raum betritt,
dann ist man mit der Zeit versöhnt. Sie ist nicht mehr der
Feind, der am Leben nagt, sondern ein Begleiter, der einen
innerlich reicher macht.
In der Art, wie Vervoordt die Schönheit sehen und sicht-
bar machen kann, gründen wohl auch seine guten Bezie-
hungen zu Hollywood. Dort erreicht er Menschen, die
mehr wollen, als ihnen die alte Vorstellung von Luxus
geben kann. Die nach etwas anderem suchen. »Robert
De Niro ist sehr demütig«, sagt Vervoordt. »Und Sting ist
auch sehr spirituell.«
Vervoordt hat die richtigen Antworten für sie. So sind zum
Beispiel Antiquitäten in seinen Augen nicht nur seltene
Stücke aus der Vergangenheit, sie sprechen auch für den
richtigen Umgang mit der Gegenwart. »Ich sage ihnen:
Wir dürfen im 21. Jahrhundert nicht weiter Steine abbau-
en und Wälder abholzen, wir sollten mit dem arbeiten, was
es schon gibt. Und dann sind diese Menschen fasziniert
davon und möchten genau so leben.«
Aber was kann man aus der Vervoordt-Welt mitnehmen,
wenn man nicht das Geld hat, sich mit Kunst und mit
Couchtischen aus schwerem Schiefer einzurichten? Er
sagt: »Man kann auch ohne Geld ein sehr schönes Haus
haben. Kleide die Wände mit wunderschönem Papier aus.
Und verbanne den ganzen Plastikkram, der herumsteht.
Nutze natürliche Materialen, und es wird viel schöner.«
Und Energie sei wichtig: »Ich mag, wenn es ruhig und
friedlich ist. Minimalistische Räume sind mir oft zu kalt
und nicht einladend. Der Raum zwischen des Objekten
ist so wichtig wie die Objekte selbst – das ist die Magie
der Proportionen.«
Das ideale Haus enthält für Vervoordt drei sehr verschiede-
ne Räume, die ein an der ergänzen. Zum einen eine gemüt-
liche Küche. Dann sei es toll, eine Bibliothek zu haben, in
der man Bücher, aber auch schöne Dinge aufbewahre. Und
dann sollte es einen Raum geben, der fast leer sei, vielleicht
gar nicht stark genutzt werde, dem man aber etwa durch
ein Kunstwerk eine besondere Energie geben könne. Man
solle von seinen Räumen lernen.
Ähnlich klingt sein Rat, wie man am besten mit Kunst-
werken umgeht. Manches verstehe man nicht, aber es sei
wichtig, dass man damit lebe, damit man daran wachsen
könne. »Ich könnte jeden Tag sterben, so viele Leben habe
ich schon durch die Kunst gehabt. Ich habe so viel mehr
gelebt durch die Kunst.« Dann muss er los. Er kann nur
noch eine letzte Frage zu den Socken beantworten. Wenn
er nicht auf Reisen sei, welche Farbe trage er dann? Pur-
pur, sagt er. Purpur sei für ihn eine sakrale Farbe, voller
positiver Energie.
In seinem Schloss hat
Vervoordt sich einen japanisch
inspirierten Raum ein
gerichtet. Er ist begeistert
vom ZenBuddhismus
2 .10.19 N
0
41
42