2 .10.19 N
0
41
draußen steht. So ein Auto mit Fahrer ist eine ungeheu-
re Machtdemonstration. Stellen Sie sich einmal vor, eine
burschikose Sekretärin ruft bei Ihnen im Unternehmen
an und sagt: Der Herr Dittrich kommt morgen zu Ihnen,
und für seinen Fahrer Herrn Schulz brauchen wir eine
Kantinenkarte, der muss was essen! Um den Fahrer wird
eine Riesenwelle gemacht. Das ist wie eine Uniform, um
sich Respekt zu verschaffen. Menschlich sympathischer ist
es, wenn man allein mit dem Auto anreist. Aber im Sys-
tem ist es falsch. Ein enger Freund von mir, der beruflich
erfolgreich ist und einen Fahrer hat, sagt: Lars, du musst
lernen, das auszuhalten! Und er hat recht, aber über diesen
Stein kann ich nicht springen.
Hat er damit denn wirklich recht?
Ja, das steht stellvertretend für eine Verletzbarkeit von mir.
Eine Führungsfigur muss unangreifbar sein. Sobald du Ver-
letzbarkeit zugibst, wirst du weggebissen. Bist du schwach,
wirst du gefressen.
Ist es eine Schwäche, keinen Fahrer haben zu wollen?
Natürlich, es deutet auf fehlende Durchsetzungsfähigkeit,
fehlendes Dominanzverhalten, fehlende Härte hin.
Sie sind jetzt unabhängig. Sie brauchen diese Machtsym-
bole doch gar nicht mehr!
Ja, und am Ende empfinde ich das nicht als Makel. Ich
mache es eben nicht, und das kultiviere ich auch. Denn
sonst wäre ich nicht mehr ich.
Hinter der Geschichte: Lars Dittrich hatte zunächst
keine große Neigung, über sich zu sprechen, und
musste erst davon überzeugen werden, dass seine
Biografie es wert sei, zum Jahrestag der Wie der ver
eini gung einmal ausführlich diskutiert zu werden.
Bei mehrstündigen Begegnungen entwickelte sich
eine Kontroverse, bei der alle Beteiligten gelegent
lich vergaßen, dass auch ein Aufnahmegerät mit
lief. Doch Dittrich stand im Zuge der Autorisierung
des Interviews zu fast allem, was die Aufzeichnung
dokumentiert hatte
97
Fr ederickLau+AIRY
SPIELT MIT
LEIB UNDSEELE