Die Zeit - 03.10.2019

(singke) #1

Hier wird ein Platz frei: Die Europäische Zentralbank in Frankfurt


Foto: Shutterstock

Frauen a n


die Macht


Deutschland muss einen politisch heiklen Posten bei der Europäischen


Zentralbank neu besetzen. Mit wem? VON LISA NIENHAUS UND MARK SCHIERITZ


E


s kommt nicht so oft vor, dass
plötzlich ein Posten besetzt wer-
den muss, der die Geschicke der
Währungsunion für fast ein Jahr-
zehnt prägen könnte. Nun ist der
Fall eingetreten. In der vergange-
nen Woche hat Sabine Lauten-

schläger, Mitglied im Direktorium der Europäi-


schen Zentralbank (EZB), überraschend ihren


Rücktritt erklärt. Seither ist man in Berlin mit der


Suche nach einem Nachfolgekandidaten beschäf-


tigt – oder nach einer Nachfolgekandidatin, denn


bislang gab es in dem sechsköpfigen Direktorium


nicht sehr viele Frauen. Lautenschläger ist dort, wie


auch im EZB-Rat, dem neben dem EZB-Direkto-


rium noch die Chefs der 25 Notenbanken des


Euro-Raums angehören, die einzige.


Deutschland wird einen Nachfolger oder eine


Nachfolgerin bestimmen können, so sehen es die un-


geschriebenen Regeln der Währungsunion vor. Für


Olaf Scholz, der als Finanzminister zuständig ist,


bedeutet es eine Chance, Politik zu gestalten. Die


Amtszeit der Direktoriumsmitglieder beträgt acht


Jahre – wer immer es wird, spielt also weit über das


Ende der Legislaturperiode hinaus eine wichtige Rolle


in Europa. Scholz geht aber auch ein Risiko ein, denn


die Personalie ist hochpolitisch.


Im Kern geht es um die Frage, wo der oder die


Neue im Direktorium steht: ideologisch eher auf der


Linie von Bundesbankpräsident Jens Weidmann, der


beispielsweise Staatsanleihenkäufe kritisch sieht? So
hielt es Lautenschläger – und stand damit oft gegen
die Mehrheitsmeinung in der EZB. Oder wird das
neue Direktoriumsmitglied eine stärker vermittelnde
Rolle übernehmen zwischen Weidmann und der
künftigen Präsidentin Christine Lagarde? Von La-
garde wird erwartet, dass sie die Politik des billigen
Geldes fortsetzt, die der derzeitige Notenbank-
präsident Mario Draghi betreibt.
Die Weidmann-Fraktion hat schon einen Favo-
riten ins Spiel gebracht: Volker Wieland, Mitglied im
Sachverständigenrat für Wirtschaft und geldpolitisch
ziemlich auf der Bundesbanklinie. Wieland hat, wie
zu hören ist, in der Bundesbank viele Unterstützer
und ist auch in der Union beliebt. In weiten Teilen
der SPD gilt er allerdings wegen seiner Ansichten als
nicht vermittelbar.
Dort würde man lieber Marcel Fratzscher nach
Frankfurt schicken, den Präsidenten des Deutschen
Instituts für Wirtschaftsforschung, der eher die Linie
Draghis vertritt. Fratzscher aber hat in der Union
nicht viele Freunde. Und auch wenn Scholz formal
für die Neubesetzung zuständig ist, muss er sich mit
Kanzlerin Angela Merkel abstimmen. Zudem gibt es
noch Jörg Kukies, Staatssekretär im Finanzministe-
rium, der ebenfalls als geeignet gilt und näher an
Scholz ist als die Konkurrenten. Am Ende dürften es
deshalb wohl weder Fratzscher noch Wieland werden.
Alle bislang genannten Kandidaten haben zudem
ein Problem: Sie sind keine Frauen. Die SPD hat sich

die Förderung von Frauen in Führungspositionen
auf die Fahne geschrieben. Zudem gibt es an geeig-
neten Kandidatinnen keinen Mangel.
Da ist zum einen Claudia Buch, Vizepräsiden-
tin der Bundesbank. Sie ist fachlich stark, kom-
munikativ aber eher zurückhaltend. Was ihre
Chancen möglicherweise zusätzlich schmälert:
Wenn sie die Bundesbank verlässt, müsste ihre
Stelle dort nachbesetzt werden. Das ist für Weid-
mann unbequem und ein Risiko, weil er nicht al-
lein bestimmen kann, wer ihr nachfolgen würde.
Als Favoritin gilt deshalb derzeit Isabel Schnabel,
die wie Wieland Mitglied im Sachverständigenrat
ist. Geldpolitisch bewegt sie sich zwischen den
Polen von Bundesbank und EZB mit leichter Ten-
denz in Richtung Weidmann. Sie könnte also eine
moderierende Funktion einnehmen. Von ihr ist
allerdings bislang nicht bekannt, ob sie sich einen
Wechsel aus der Wissenschaft und Politikberatung
in die Notenbank überhaupt vorstellen kann.
In der EZB spielt man noch einen anderen Fall
durch. Es gibt einen zweiten offenen Posten im
Direktorium, den des zum Jahresende scheiden-
den Franzosen Benoît Cœuré. Für diesen hat die
italienische Regierung schon einen männlichen
Kandidaten ins Spiel gebracht: Fabio Panetta. Hier
gab es allerdings ursprünglich auch eine Frau, die
qualifiziert wäre: Lucrezia Reichlin. Die Bundes-
regierung könnte nun versuchen, die beiden Per-
sonalien zusammenführen zu lassen. Dann könnte

sie womöglich mit anderen Zugeständnissen die
Italiener auf die Frau einstimmen, um dann selbst
einen Mann durchzusetzen. In Berlin wird es aber
für unwahrscheinlich gehalten, dass das klappt.
Unter diesen Bedingungen ist eine Frau für den
deutschen Posten der EZB zu erwarten. Sonst
würde am Ende Scholz dafür verantwortlich ge-
macht, wenn die EZB bei der Gleichberechtigung
nicht vorankommt. Das kann sich der Minister
politisch wohl nicht leisten.
Entscheidend für die Frage, wen man als Nach-
folger auswählt, ist auch, wieso Lautenschläger ih-
ren Posten überhaupt vorzeitig aufgegeben hat. Bis-
lang hat sie sich dazu öffentlich nicht geäußert,
schließlich bleibt sie auch noch bis Ende Oktober
im Amt. Aber die Sache ist heikel. Denn schon zu-
vor gab es prominente frühzeitige Abgänge deut-
scher Mitglieder aus dem EZB-Direktorium. Einer
von ihnen, Jürgen Stark, ging, weil er die geld-
politische Linie nicht mehr mittragen wollte. Da-
mals war noch Jean-Claude Trichet Notenbank-
präsident, aber auch damals ging es schon um das,
was viele Kritiker der EZB noch heute bewegt: den
Kauf von Staatsanleihen. Ein weiterer frühzeitiger
Rücktritt, der von Jörg Asmussen, wurde zwar von
ihm selbst stets als privat motiviert bewertet. Wenn
ihm aber im damals aufgeladenen Spannungsfeld
zwischen EZB, Bundesbank und Bundesregierung
alles leicht von der Hand gegangen wäre, hätte er
womöglich auch anders entschieden.

In Berlin will man von politischen Rücktritts-
gründen Lautenschlägers nichts wissen. Dort ist
von »privaten Gründen« die Rede, die nicht näher
ausgeführt werden.
Klar ist: Sabine Lautenschläger hat offenbar
schon seit einiger Zeit überlegt, ihren Posten auf-
zugeben. Zwei Gründe werden in ihrem Umfeld
dafür genannt: Sie arbeitete als Direktoriumsmit-
glied zwar in der EZB, vertrat aber geldpolitisch
die Linie der Bundesbank, die in der EZB nicht
gerade beliebt ist. Ihr Umfeld bescheinigt dieser
Konstellation eine zermürbende Wirkung. Und
nicht nur das: Sie hatte auch wenig Chancen, noch
viel zu bewegen. Fünf Jahre lang war sie für die
Bankenaufsicht zuständig. Als das endete, bekam
sie eher unwichtige Aufgaben zugeteilt. Die gro-
ßen Themen behandelten andere. Ob diese Zu-
teilung auch etwas mit Lautenschlägers geld-
politischer Haltung zu tun hatte, kann nur Mario
Draghi beantworten. Er hatte allerdings, so ist in
Frankfurt zu hören, ebenso wie Jens Weidmann
noch versucht, Lautenschläger umzustimmen.
So ist es zwar bestürzend, dass auch der Amts-
antritt einer neuen Präsidentin Lautenschlägers
Entscheidung offenbar nicht änderte. Vielleicht
ist aber Christine Lagarde zusammen mit einem
neuen deutschen Direktoriumsmitglied auch eine
Chance, die Zerrüttung der geldpolitischen Bezie-
hungen zwischen EZB und Bundesbank wieder
ein wenig zu kitten.


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