Die Zeit - 03.10.2019

(singke) #1

TECHNIK


Die drei Objektive (samt hellweißer LED) auf der Rückseite des neuesten iPhones machen klar, wie wichtig die Kamera inzwischen ist


Illustration: Max Guther für DIE ZEIT; Foto [M]: Joko/imago


Klick, klick, klick


Zuerst haben die Smartphones die Digitalkameras verdrängt.


Jetzt werden neue Telefone als Fotoapparate vermarktet VON JAN SCHWEITZER


E


s war nur ein kleines Detail, nicht
mehr als ein paar Millimeter groß,
und es spielte auch keine große
Rolle bei der Präsentation am


  1. Januar 2007. Apple-Chef Steve
    Jobs sprach vor allem über die
    kleinen bunten Icons, die auf der
    anderen Seite des Geräts zu sehen waren, des ers-
    ten iPhones. Handys waren damals für viele Men-
    schen längst praktische Alltagsapparate, die Er-
    reichbarkeit an jedem Ort verhießen (sofern sie
    Empfang hatten). Mit dem iPhone aber begann
    die Verwandlung des Mobil-Telefons zu einer ganz
    neuen Gattung: Es wurde ein Gerät, mit dem man
    bequem und überall ins Internet gehen konnte
    (sofern man Empfang hatte) und das rasch zum
    sozialen Universalwerkzeug wurde. Aus einem
    Handy war das Smartphone, ein Mobil-Computer,
    geworden, in dem nebenbei auch ein Telefon
    steckte. Technikgeschichte!
    Doch auch das Detail auf der Rückseite, die
    kleine Kamera, hat damals den Anfang vom Ende
    einer Ära eingeläutet. Zwölf Jahre später hat Apple
    mit dem iPhone 11 gerade seine neueste Smart-
    phone-Generation vorgestellt. Vieles hat sich im
    Detail geändert, natürlich, eines sticht besonders
    heraus: die Kamera. Unübersehbar sitzen gleich drei
    Objektive in der linken oberen Ecke des Gehäuse-
    rückens. Inzwischen nimmt die Kamera auch
    großen Raum bei der Vorstellung der Geräte ein.
    Und schon länger wirbt der Hersteller mit dem
    Slogan »Fotografiert mit dem iPhone«.


Aus der Kleinigkeit auf der Rückseite ist eines
der wichtigsten Ausstattungsmerkmale gewor-
den. Hersteller wie Google und Samsung setzen
ebenso auf gute Kamerasysteme. Und Smart-
phones von Huawei werden mit dem Namen des
Kameraherstellers beworben (»Co-engineered with
Leica«), dem Lieferanten der optischen Bauteile.
Gleichzeitig sinken bei normalen Digitalkameras
seit zehn Jahren die Absatzzahlen.
Das hat vor allem mit einer profanen Wahrheit
zu tun: Die beste Kamera ist die, die man dabei-
hat. Und das Smartphone hat man immer dabei.
Der Erfolg der Hosentaschen-Fotoapparate mag
trotzdem verwundern, bieten die verfügbaren
wenigen Millimeter ja keinen Platz für herkömm-
liche Kamera-Optiken. Die Smartphones fotogra-
fieren vor allem mit guter, ausgeklügelter Software,
die auf eine unglaubliche Rechenkraft der Chips
zugreifen kann. So können Laien heute Fotos knip-
sen, die vor nicht allzu langer Zeit nur Profis ma-
chen konnten. Künstliche Intelligenz (KI) rechnet
fehlende Informationen in ein Bild hinein, etwa die
Unschärfe beim sogenannten Bokeh-Effekt. Das
Objekt oder der Mensch im Vordergrund soll hier-
bei scharf abgebildet werden, der Hintergrund un-
scharf. Die verschiedenen Minilinsen schießen da-
bei zeitgleich mehrere Fotos, aus denen spezielle
Algorithmen das Bild komponieren.
Auch bestimmte Details, welche die Objektive
des Smartphones rein physikalisch gar nicht sehen
können, rechnet die KI hinzu. Gut gelingt das in-
zwischen bei schlechten Lichtverhältnissen. Vorreiter

waren hier Googles Pixel-Smartphones, die seit dem
vergangenen Jahr mit einem »Night Sight«-Modus
die Nacht zum Tag machen: Zuweilen lässt sich nicht
mehr sagen, ob eine Aufnahme im Dunkeln oder
Hellen entstanden ist. Apple hat den Nachtmodus
nun auch eingeführt, er funktioniert ganz automa-
tisch, die Ergebnisse sind beeindruckend.
Die Faustformel für die Fotosmartparate lautet
generell: Je mehr Informationen der Chip zugespielt
bekommt, desto besser werden die Bilder. Deswegen
packte Huawei vor drei Jahre als erster Hersteller
gleich zwei Objektive in ein Smartphone. Inzwischen
verbauen praktisch alle Hersteller mehrere Linsen,
damit die Geräte gleichzeitig mehrere Bilder aus ver-
schiedenen Perspektiven aufnehmen.
Was das an Rechenleistung bedeutet, wird sich
an der »Deep Fusion«-Funktion zeigen, die Apple
seinen neuesten iPhone-Modellen im Herbst per
Software-Update spendieren will. Dabei soll das
Gerät schon vor dem Auslösen acht Fotos aufneh-
men, ein letztes Bild wird mit dem Drücken des
Buttons gespeichert. Der Chip errechnet daraus ein
Bild mit 24 Megapixeln – binnen einer Sekunde.
Man kann sich sicher sein, dass die Konkurrenz von
Google, Samsung und Co. das nicht einfach auf
sich beruhen lässt und mit ähnlichen Funktionen
nachziehen wird.
Die Geräte sind inzwischen eben vor allem
Immer-dabei-Kameras – in denen auch noch ein
Smartphone steckt.

A http://www.zeit.deeaudio


Noch mehr Wissen


Kartenspiel macht glücklich:
Die Kulturgeschichte von
Kreuz, Pik, Herz und Karo.
Im aktuellen ZEIT Wissen,
jetzt am Kiosk oder unter
zeit.de/zwissen

Zum ersten Mal erschienen:
Den ZEIT CAMPUS Ratgeber
Promotion mit den wichtigsten
Ratschlägen für Doktoranden
können Sie bestellen unter
zeit.de/ratgeber-promotion

Ein Glück, dass die Heimwerker der Steinzeit
Faustkeile in Hülle und Fülle gefertigt haben.
Künden diese uns doch heute von der Kunst-
fertigkeit unserer Vorfahren. Allzu oft ist das
Werkzeug der einzige Hinweis auf die Existenz
begabter Handwerker an Orten, wo keines
Menschen Knochen überdauert hat.
Wenn Archäologen kommender Äonen
schichtweise die Hinterlassenschaften unseres
Zeitalters erschließen werden, könnte dieses
Artefakt sie leiten: der Innensechskant-
schlüssel. So lautet der Fachbegriff. Und sagen
Sie jetzt nicht »Imbus«! Das wäre ein Konso-
nanten-Fauxpas, Inbus heißt es, mit N, also
»Innnnnnbus«. Das steht für »Innensechs-
kant Bauer und Schaurte«, nach jener Fabrik
im rheinischen Neuss, in welcher der
Schraubkopf mit den sechs Kanten im Jahr
1936 entwickelt wurde. Kein anderes
Schraubprofil überträgt so einfach und sicher
so große Kräfte.
Wie so oft in der Technikgeschichte kamen
auch auf diese Idee mehrere Erfinder unab-
hängig voneinander. Dokumentiert sind
ähnliche Designs aus Großbritannien und
Amerika. Und im Angelsächsischen heißt
der Inbusschlüssel bis heute Allen key nach
dem Entwickler William G. Allen.
Vom Ikea-Gründer Ingvar Kamprad und
seinen Leuten stammt die Schraubenform
jedenfalls nicht. Der Möbelkonzern war es
jedoch, der dem kleinen Schlüssel zu welt-
weiter Allgegenwart verholfen hat. 1968 lag
der Inbus erstmals flach verpackten Möbel-

teilen bei (aus denen die Sitzgruppe »Robin«
und der Tisch »Pop 68« entstehen sollten).
Zuerst hatte er die Form eines L, später
nahm er die eines Z an. Mit dem ließ sich
schneller schrauben.
Früher hatte das komplette Teil ein sechs-
eckiges Profil, heute ist der Großteil rund,
nur die Enden passen zum Innenschraub-
kopf. Nach der Montage ist das Werkzeug
überflüssig, landet in Schublade oder Werk-
zeugkiste, als x-tes Exemplar neben den von
früheren Möbelaufbausamstagen übrig ge-
bliebenen Geschwistern: das Schicksal des
Genial-Einfachen.
Inzwischen setzt der Selbstzusammen-
baumöbel-Konzern zunehmend auf Steck-
anstelle von Schraubverbindungen. Ikea-In-
genieure haben Steckdübel aus Holz und
Kunststoff entwickelt und herausgefunden:
Damit geht es noch schneller.
Im neuen Katalog, den Ikea seit Ende
August in beinahe biblischer Auflage ver-
schickt, taucht der Inbusschlüssel nicht mehr
auf. In früheren Ausgaben hatte ein Foto des
Teils suggeriert, wie mühelos der Möbelauf-
bau sein würde. Ist das nun der stille Abschied
vom Inbus? Gegenthese: Er ist als archetypi-
sches Werkzeug längst Teil des kollektiven
Unterbewusstseins. Und er wird allein für
Ikea jährlich immer noch 50-millionenfach
produziert. Spüren Sie ihn nicht, wenn Sie
das lesen, leicht und kühl in Ihrer Hand lie-
gen? Ein Klassiker der Alltagstechnik, der
Faustkeil unserer Zeit. STEFAN SCHMITT

Ikeas Inbusschlüssel ist


der Faustkeil unserer Zeit


Die Macht der Maschinen


Der »Innensechskant
Bauer und Schaurte«-
Schlüssel

40 WISSEN 2. OKTOBER 2019 DIE ZEIT N
o
41

ANZEIGE

Allein wohnen.Abernicht alleingelassen.


Jeälterichwurde,umsounsichererfühlteichmich.


SchonKleinigkeitenmachtenmirAngst.DasTr eppensteigenzumBeispiel.


Ichdachtemir:„Was,wennichfalleundkeineristda?“


DannhabeichLIBIFYentdeckt–unddashatmeinLebenkomplettverändert.


Ichhabedirektangerufen undmichberatenlassen.JetzttrageichmeinLIBIFYNotruf-Armband


TagundNacht. UndimErnstfall drückeicheinfachdenKnopfund erhaltesofortHilfe.


Dasberuhigtnichtnurmich–sondernauchmeineLieben.DankLIBIFYkannichweiterhin


zu Hauseleben.OhneSorgen,abervollerLebensfreudeund Zuversicht.


JetztHilfeaufKnopfdrucksichern!


089 -1 43678120


WirberatenSiegerne–deutschlandweitundunverbindlich


Mo.–Fr. 09:00bis 20 :00UhrISa.09: 00 bis14:00Uhr


WeitereInformationenfindenSie


unterwww.libify.de

Free download pdf