National Geographic Germany - 10.2019

(vip2019) #1

Spermienbeschleuniger


LUST UND
LIEBE IM
TIERREICH

N


ach dem Tod von Sudan, dem
letzten männlichen Nördlichen
Breitmaulnashorn (siehe Seite
3 4), kann diese Art nur durch künst-
liche Befruchtung bewahrt werden.
Damit beschäftigen sich Forscher vom
Leibniz-Institut für Zoo- und Wild-
tierforschung (IZW) in Berlin.
Der Erfolg der assistierten Repro-
duktion war bei Nashörnern generell
bisher gering – die Beweglichkeit der
tiefgefrorenen Spermien ließ nach dem
Auf tauen zu wünschen übrig: Sie lag
meist nur bei maximal 50 Prozent. „Eine
für die Besamung schon grenz wertige
Qualität“, sagt IZW-Wissenschaftler
Robert Hermes. Damit die Keim zellen
ihre Funktion behalten, wird ihnen ein
sogenanntes Kryoprotektivum zuge-

162 NATIONAL GEOGRAPHIC FOTO: JOEL SARTORE/NATIONAL GEOGRAPHIC PHOTO ARK; TEXT: SASCHA KIRCHNER

setzt, bevor man sie einfriert. 2018
entwickelten die Forscher einen opti-
mierten Mix aus zwei dieser Frost-
schutzmittel: Damit stieg die Beweg-
lichkeit der Spermien von Breitmaul-,
Panzer- und Spitzmaulnashörnern auf
mehr als 75 Prozent. Ob Sudans Art von
dem Fortschritt noch profitieren wird?
Nun ist es außerdem gelungen, den
letzten Weibchen des Nördlichen Breit-
maulnashorns Eizellen zu entnehmen.
Die sollen mit den tiefgekühlten Sper-
mien verstorbener Bullen befruchtet
werden. Entsteht so ein Embryo, muss
der aber einem Südlichen Breitmaul-
nashorn eingesetzt werden – Fatu und
Najin, die verbliebenen Weibchen der
nördlichen Unterart, sind nicht mehr
in der Lage, Nachwuchs auszutragen.

NÖRDLICHES
BREITMAULNASHORN
(CERATOTHERIUM
SIMUM COTTONI)

Die Vertreter der nördlichen
Unterart des Breitmaulnas-
horns sind kleiner als die der
südlichen. Sie lebten früher
im Tschad, im Sudan und in
Uganda. Noch in den Sechzi-
gerjahren gab es rund tausend
Tiere im Garamba-National-
park, doch auch hier, in der
von einem langjährigen Bür-
gerkrieg geprägten Demokra-
tischen Republik Kongo, ist
die Art nun ausgerottet.
Damit ist das Nördliche Breit-
maulnashorn in freier Wild-
bahn bereits ausgestorben.

Nur eine Woche vor
ihrem Tod im Juli
2015 fotografierte
Joel Sartore die
Nashornkuh Nabire
im tschechischen
Zoo Dvůr Králové:
Sie war Sudans
Tochter.
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