Von Tillmann Prüfer
In der Mode wird gerade viel Stoff zusammengeschoben. Bei Bot-
tega Veneta zum Beispiel sehen wir ein Kleid mit gerafften Ärmeln,
bei Marni verlaufen die Raffungen eines langen Kleides mittig und
bei einem Dolce-&-Gabbana-Kleid parallel. Traditionell galten ge-
raffte Kleider in der Mode als Zeichen für Wohlstand. Denn Stoff
war einmal sehr teuer – und wer es sich leisten konnte, in nur einem
Kleid so viel davon zu verwenden, dass es auch für zwei Kleider
gereicht hätte, der verfügte offenbar über viel Geld.
Nun wurde der Stoff aber nicht irgendwo gerafft, sondern vor allem
an bestimmten Körperregionen. So trugen Frauen im 18. Jahrhun-
dert sogenannte Po lo naises. Die Po lo naise war ein Kleid, das hinten
mithilfe zweier innenliegender Schnüre und Bänder hochgerafft wur-
de. Durch Kürzen und Verlängern der Bänder konnte der Effekt ver-
stärkt oder abgeschwächt werden. Durch die Aufhäufung von Stoff
in der Rückenpartie wirkte das Gesäß der Frau üppiger. Dass man
Stoff rafft, um ausgerechnet den Hintern dicker zu machen, ist heute
freilich ein wenig naheliegendes Verhalten. Allerdings wurde auch
versucht, anhand von Raffungen andere Körperteile zu betonen: Was
im Rokoko das Gesäß war, wurden im Biedermeier die Ober arme.
Später ging man sparsamer mit Stoff um, bis Mitte des 20. Jahr-
hunderts spielten Raffungen keine große Rolle in der Mode. Erst
in den Fünfzigerjahren sah man sie an Petticoats und Badeanzügen.
Raffungen wurden nicht nur verwendet, um bestimmte Körperre-
gionen zu betonen. Manchmal nutzte man sie auch für das Gegen-
teil – nämlich um eine undeutliche Silhouette zu schaffen. Auf diese
Weise lösten sich manche Körperstellen, die man der Aufmerksam-
keit entziehen wollte, im Ungefähren auf.
All dies klingt danach, als habe man Körper auf alle möglichen
Arten modisch verbiegen wollen. Allerdings war diese Methode
sanft – verglichen mit heutigen Verfahren. Denn nun spritzt der
Schönheitschirurg Fett in die entsprechenden Körperregionen oder
baut Silikonkissen ein. Da stellen Raffungen an Kleidungsstücken
eine wesentlich schonendere Variante dar.
Modern ist heute hingegen eine weitere Variante der Raffung: der
Tunnelzug. Die aus dem Outdoor-Sport bekannten Kordeln, mit
denen sich Kapuzen zuziehen lassen, sind nun an allerlei Kleidungs-
stücken zu finden – auch an Stellen, wo man gar nichts zuziehen
muss, und an Stücken, die gar nicht für den Sport geeignet sind.
Der Tunnelzug rafft bestimmte Partien und erweckt den Eindruck
eines besonders sportlichen Kleidungsstücks. Und das kaschiert ja
auch schon eine Menge.
Viel neuer Stoff
Stil
Ich habe den Verdacht, dass meine anderthalbjährige Tochter trotz
ihrer blonden Locken eigentlich Asiatin ist. Sie steht total auf asia-
tisches Essen jeglicher Art und Herkunft, ihr Lieblingsgericht ist
Reis, aber sie nennt es »Leis«. Offenbar kann sie – wie die Japaner –
kein R aussprechen. Ihretwegen wollte ich den Mini-Reiskocher von
Reishunger testen. Ich habe so ein Gerät noch nie benutzt, dachte
aber, dass der Reis damit bestimmt einfacher zu kochen ist als mit
einem Kochtopf, wo der Reis nur gelingt, wenn man aufpasst.
Der Kocher sieht ein bisschen aus wie der kleine weiße Roboter aus
dem Film Wall-E und hat ein schwarzes Display mit blauer Schrift.
Mit einer App kann man ihn auch von unterwegs steuern und zum
Beispiel eine Uhrzeit voreinstellen, zu der er mit dem Kochen be-
ginnen soll. Die Zubereitung selbst ist einfach: Mit dem Messbecher
schüttet man die Reiskörner in der gewünschten Menge in den In-
nentopf hinein und wäscht sie, indem man zwei-, dreimal Wasser
darüberlaufen lässt. Dann setzt man den Topf mit etwas mehr Was-
ser als Reis in den Reiskocher ein, schließt den Deckel und wählt
mit der »Modus«-Taste das passende Programm aus: Es gibt welche
für geschälten Reis, Vollkornreis und Sushi-Reis. Nach circa 30, 60
beziehungsweise 40 Minuten piept das Gerät, um zu si gna li sie ren,
dass der Reis fertig ist. (Es gibt auch einen Turbo-Modus, der nur
20 Minuten braucht.) Wenn man will, kann man ihn in dem Innen-
topf mit der Warmhaltefunktion schön warm halten.
Der Reis schmeckt tatsächlich besser als der, den ich bisher auf dem
Herd gekocht habe: Er ist ein bisschen weicher und aromatischer.
Man kann mit dem Gerät auch Pasta kochen, Gemüse garen und
sogar Kuchen backen, aber das habe ich nicht ausprobiert. Mir reicht
es, wenn der Reis gut schmeckt und meine Tochter zufrieden ist.
Mirko Borsche
kocht Reis für seine Tochter
Unter Strom
Technische Daten
Größe: 26 x 22 x 21 cm,
Gewicht: 3,02 kg,
Füllmenge: 0,6 l,
Material: Kunststoff,
Preis: 99 Euro
Mirko Borsche, Creative Director des ZEITmagazins,
schreibt jede Woche die Kolumne »Unter Strom«
Foto
Reishunger GmbH
Foto Peter Langer
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