Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung - 06.10.2019

(Axel Boer) #1
FRANKFURTER ALLGEMEINE SONNTAGSZEITUNG

Wohnen (^) 6. OKTOBER 2019 NR. 40 SEITE 49
G
raffiti ist in Berlin allgegen-
wärtig. Doch wenn wie am
letzten Samstag im Septem-
ber ein ganzer Sprayertrupp
einen kompletten S-Bahn-
Zug nebst Bahnhof und Gleisanlagen auf
einer Fläche von knapp 300 Quadratme-
tern in Farbe taucht, ist das auch in
Deutschlands Graffiti-Hauptstadt unge-
wöhnlich. „Das hat schon eine andere Di-
mension“, heißt es in der Pressestelle der
Bundespolizei, die ermittelt.
Schriftzüge, Symbole, Figuren, mal
achtlos hingekritzelt, mal kunstvoll gestal-
tet, gehören zum Stadtbild. Leinwand
kann fast alles sein, Laternenpfähle und
Stromkästen, der Unterstand an der Bus-
haltestelle, Züge, Papierkörbe, Rutschen



  • und vor allem Häuserfassaden. Dort
    verewigen die Sprayer sich in der Regel
    auf Sockelhöhe, bequem im Vorbeige-
    hen. Zur Höhe des jährlichen Schadens
    gibt es nur grobe Schätzungen. Die Bun-
    despolizei spricht vage von mehreren Mil-
    lionen Euro, der Deutsche Städtetag hat
    vor einigen Jahren die Summe mit um
    die 200 Millionen beziffert, und die Ei-
    gentümervertretung Haus & Grund in
    Frankfurt vermutet einen Betrag irgend-
    wo zwischen 200 und 500 Millionen.
    Gleich ob öffentliche Hand, Unterneh-
    men oder private Hauseigentümer, wer
    die bemalten Flächen reinigen lässt, fühlt
    sich bald wie Sisyphos. Denn eine nackte
    Wand wirkt auf Sprayer einladend. Da
    für eine Fassadenreinigung durchaus ein
    kleinerer vierstelliger Betrag fällig wer-
    den kann, schwanken viele betroffene
    Hauseigentümer spätestens nach der drit-
    ten Wiederholungstat zwischen Wut und
    Frustration. Zumal oft der Versicherungs-
    schutz fehlt.
    Von Brandenburg bis ins Saarland ver-
    suchen nun immer mehr Städte, mit spe-
    ziellen Graffiti-Konzepten der uner-
    wünschten Stadtraumgestaltung und
    Sachbeschädigung beizukommen. In Frei-
    burg etwa erhalten Privateigentümer Be-
    ratung und eventuell finanziell Unterstüt-
    zung, um die Schmierereien zu entfer-
    nen. Anderswo gibt es Handwerker, die
    gemeinsam mit erwischten Sprayern auf
    Anfrage Graffiti unentgeltlich beseitigen.
    Vor allem weisen zahlreiche Städte Flä-
    chen aus, auf denen sich die Sprayer ganz
    legal austoben können. Nur den Vandalis-
    mus bremst das offenbar kaum, diese Er-
    fahrung macht gerade Augsburg. Ruhm
    kann man sich in der Szene ohne Risiko
    nun mal nicht erwerben.
    Gut ausgewählt, können Graffiti-Pro-
    jekte jedoch Farbe an Orte bringen, die
    es nötig haben. Graue Mauern gibt es ge-
    nug, und sie dem wilden Sprayen zu ent-
    ziehen kann von Vorteil sein. Im Frank-
    furter Niddapark etwa sind die Brücken-
    pfeiler der A 66 zur Graffiti-Galerie ge-
    worden. Dort haben Jugendliche und
    Künstler hochformatige Bilder geschaf-
    fen. Mit dabei war auch Justus Becker ali-
    as Cor. Dessen Murals, wie die großfor-
    matigen Wandmalereien in der Szene hei-
    ßen, zieren nicht nur in Frankfurt zahlrei-
    che Fassaden. Becker gehört zu einem
    Künstlertyp, der seine Graffitis immer
    wieder auch für politische Botschaften
    nutzt wie etwa für Klimaschutz oder ge-
    gen Rassismus. Entsprechende Motive
    hat er zuletzt für zwei Wohnhäuser der
    Nassauischen Heimstätten angefertigt.
    Das Unternehmen zählt bisher drei sol-
    cher Werke in seinem Bestand von knapp


60 000 Wohnungen. Bei der kleineren
GBG Mannheim mit 20 000 Einheiten
sind es immerhin zwölf Hausfassaden.
Das kommt nicht von ungefähr. Die gut
300 000 Einwohner zählende Stadt treibt
wie keine zweite in Deutschland die
Street-Art-Disziplin Graffiti voran. Seit
2013 gibt es dort das Projekt
Stadt.Wand.Kunst, das es sich zum Ziel
gesetzt hat, den Stadtraum in eine öffent-
liche Galerie zu verwandeln. Jedes Jahr
bemalen eingeladene Künstler und Talen-
te aus der Region ausgewählte Flächen.
Mittlerweile sind es mehr als 30, darunter

auch Fassaden privater Wohnhäuser. Ei-
nes hat in diesem Jahr für besonderes Auf-
sehen gesorgt. Der italienische Künstler
Peeta hat einem Haus in der Neckar-
stadt-West eine blaue Fassade beschert,
die das Gebäude optisch in eine gewagte
Skulptur verwandelt. „Es gab schon Leu-
te, die haben am Verstand des Architek-
ten gezweifelt“, erzählt Eigentümerin
Sengül Kardelen. Von der Fassade sei sie
begeistert, sagt die Mannheimerin – und
die Nachbarn, die Zeugen, der tagelan-
gen Arbeit des Künstlers waren, lobten
das Ergebnis. Während die nackte Fassa-

de zuvor immer wieder bekritzelt worden
sei, behandelten die Sprayer das Kunst-
werk respektvoll, sagt Kardelen.
Der Trend gehe im Graffiti zum Spek-
takulären, meint Künstler Justus Becker.
Vor allem, was die Größe betrifft „Da ist
ein neuer Superlativ entstanden.“ Die
Profi-Szene, älter und handwerklich er-
fahrener, strebe in die Höhe, wage sich
mit ihren aufwendigen Motiven an Fassa-
den mit bis zu 24 Stockwerken. Den
nächtlichen Spraytrupps fehlt es dafür al-
lein schon an Zeit. Sie finden andere
Herausforderungen.

Kunst für alle: In Mannheim soll die Stadt zur öffentlichen Galerie werden.


Haushoch: Graffito in Dresden, das Street-Art-Künstler vor der Landtagswahl angefertigt haben. Foto dpa

Vorsicht, optische Täuschung: Wohnhaus in der Neckarstadt Fotos SWK/Alexander Krziwanie


„Begegnung (auf Augenhöhe)“: Mural von „Cor“ in Wiesbaden Foto Berthold Rosenberg


Unerwünschte Graffiti können


Hauseigentümer in die Verzweiflung


treiben. Manchmal kann es sich


für Städte aber sogar lohnen, auf die


Sprayer-Szene zu setzen.


Von Birgit Ochs


Kritzelei


oder


Kunstwerk


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