Süddeutsche Zeitung - 07.10.2019

(Michael S) #1
Die deutsche Leichtathletik trauert um
Martin Lauer. Der Hürden-Europa-
meister von 1958 und Staffel-Olympia-
sieger von Rom 1960 ist am Sonntag im
Alter von 82 Jahren gestorben, wie der
Deutsche Leichtathletik-Verband mit-
teilte. Drei Weltrekorde in 53 Minuten
gehörten wie zwei vierte Plätze bei
Olympia 1956 und 1960 im Hürden-
sprint zu Lauers weiteren Erfolgen.
„Mit Martin Lauer ist eine Leichtath-
letik-Legende von uns gegangen. Der
Deutsche Leichtathletik-Verband ver-
liert einen großen und erfolgreichen
Sportsmann, der bis zuletzt das Gesche-
hen in der Leichtathletik verfolgt hat“,
sagte DLV-Präsident Jürgen Kessing.
Der einstige Vorzeigesportler des ASV
Köln hinterlässt im mittelfränkischen
Lauf an der Pegnitz seine Frau Christa,
zwei Kinder und drei Enkelkinder.
Mit Bernd Cullmann, Armin Hary
und Walter Mahlendorf holte sich Lau-
er als Schlussläufer 1960 im Stadio
Olimpico Staffelgold in der damaligen
Weltrekordzeit von 39,5 Sekunden.
1959 stellte er in Düsseldorf mit 7955
Punkten einen deutschen Zehnkampf-
rekord auf. Eine Sternstunde erlebte er
auch am 7. Juli 1959: Im Züricher Letzi-
grund knackte er die Weltrekorde über
110 Meter und 120 Yards Hürden (in je-
weils 13,2 Sekunden), als Zugabe stellte
er eine Bestmarke über die selten gelau-
fenen 200 Meter Hürden (22,5) auf. Lau-
er musste aber auch Rückschläge hin-
nehmen. Eine Knochenhautentzün-
dung im Fußgelenk bremste ihn, eine
verunreinigte Spritze führte zu einer
Blutvergiftung, nur knapp konnte eine
Bein-Amputation verhindert werden.
Lauers sportliche Karriere endete des-
halb bereits 1961. dpa, sid

SECHSERPACK– GESCHICHTEN AUS DEM FUSSBALL


von volker kreisl

Stuttgart– Eskönnte zum Beispiel der
Zeh von Elisabeth Seitz gewesen sein. Sie
hatte nach ihrer Doppelschraube eine Idee
zu viel Schwung beider Landung auf der Bo-
denmatte. Die Bewegung katapultierte sie
nach vorne, womit sie mit einem Fuß ins
Aus geriet. Das wären nur 0,1 Punkte gewe-
sen. Weil sie aber, um nicht umzufallen,
noch den anderen Fuß nachzog, war der
auch draußen, jedenfalls der große Zeh.
Und das kostete noch mal 0,2 Pünktchen.
Die deutschen Turnerinnen könnten,
wenn sie so drauf wären, jetzt richtig nach-
grübeln: Wo lag bloß der entscheidende
Fehler? Um 0,034 von 161,897 Punkten ha-
ben sie das Teamfinale der besten Acht bei
der WM verpasst – 34 Tausendstel, um die
die Italienerinnen besser waren, die die
Deutschen irgendwo auf dem langen Weg
über die vier Geräte liegen ließen.
Dabei verfügen die meisten von ihnen
schon über Routine, vor allem die Stuttgar-
terinnen Seitz und Kim Bui; Routine im
schnellen Vergessen von Rückschlägen.
Und die eigentliche Aufgabe, nämlich die
Olympiateilnahme, ist ihnen ja gelungen.
Nur die besten Zwölf sind qualifiziert, am
Ende qualifizierten sie sich als Neunte. Au-
ßerdem hatten sich Seitz und die Kölnerin
Sarah Voss sowohl fürs Mehrkampffinale
am Donnerstag als auch für je ein Gerätefi-
nale qualifiziert – Seitz am Stufenbarren,
Voss am Schwebebalken. Kein Grund also,
lange zu grübeln. Im Prinzip.

Denn andererseits haben 34 zynische
Tausendstel schon einen verunsichernden
Effekt. So gering ist dieser Unterschied,
dass jede für sich nun glauben kann,
schuld dran zu sein, die Team-Party am
Dienstag (14.30 Uhr/SWR und ARD) zu ver-
passen. „Es war ein Fehler zu viel“, hatte
Teamchefin Ulla Koch sofort gesagt, noch
ehe die zweite Hälfte der Mannschaften
am nächsten Tag an die Geräte ging. Es
könnte also auch der Sturz von Pauline
Schäfer am Schwebebalken gewesen sein,
der Fehlgriff von Emelie Petz am Stufen-
barren oder auch irgendein Haltungsfeh-
ler. „Heute hat die Mannschaft die ein oder
andere Chance liegen gelassen“, sagte Wolf-
gang Willam, der Sportdirektor des Deut-
schen Turnerbunds (DTB). Sie habe zwar ei-
ne „super kämpferische Leistung“ gezeigt,
aber auch ein „unruhiges Gefühl“.
Einen Grund dafür sieht Koch in der Zu-
spitzung nach den ersten Fehlern. Danach
wollten die Turnerinnen am Boden aufho-
len, „etwas gutmachen“, sagte Koch. Das
setzte Energie frei, Energie, die in anderen
Sportarten Wunder wirkt, im Turnen aber
gefährlich werden kann. Der Boden mit sei-

ner Weite und seiner dramatischen Musik
verleitet dann wohl zum Überziehen, hin-
zu kam, dass wegen Fußproblemen die
Landungen nahe der Bodengrenze weni-
ger trainiert wurden. Irgendwann traten,
bis auf Bui, alle im Schwung drüber und
sammelten 0,8 Punkteabzüge. Da passen
34 Tausendstel schon zweimal rein.
Aber Grübeln über Details führt nie zu
etwas und hört oft damit auf, dass man die
Nase voll hat und einfach weitermacht.
Darin haben die deutschen Turnerinnen
schon ganz gute Übung. Ihr Verband ist ja
durchaus stolz darauf, dass er lauter ler-
nende Turnerinnen in seinen Reihen hat,
Studierende wie Bui, Abendabiturientin-
nen wie Schäfer, oder sich sonst wie Fortbil-
dende. Das stört zwar den Trainingsrhyth-
mus, bringt aber langfristig auch existenzi-
elle Sicherheit, die sich auch auf der Matte
oder in der Luft auswirkt.
Zu besichtigen war das bei der Stuttgar-
terin Kim Bui, 30, die mit ihrer Stabilität ei-
ne wichtige Stütze war, vor allem aber an
Elisabeth Seitz, 25. Dass sie es als Zehnte
mit 54,999 Punkten ins Mehrkampffinale
schaffte, lag insbesondere an ihrem neuen

Sprung. Dem Salto hat sie nun eine Umdre-
hung hinzugefügt, sie zeigte diesmal eine
Doppelschraube. So sicher stand sie da-
nach auf der Matte, als wäre sie in einem Ei-
mer gelandet, was sie selber überraschte:
„Plötzlich stand ich da.“
Außer für die Finalistinnen Seitz und
Voss geht es für das Team in den übrigen
WM-Tagen nur noch ums Unterstützen
und ums Anfeuern. Im Winter beginnt
dann die lange Vorbereitung für Olympia
2020, wo sich die Mannschaft sicherer prä-
sentieren will. Stuttgart hat durchaus ge-
zeigt, dass dies gelingen könnte. Zwar ist
man aufgrund eigener Hektik und auch Un-
erfahrenheit gescheitert, andererseits
lässt sich das bittere Ergebnis auch anders
interpretieren.
Das Problem war nicht mangelnde tech-
nische Qualität. Mit ein, zwei Fehlern weni-
ger oder ohne manchen Sturz, der gleich ei-
nen ganzen Punkt kostet, hätte man nicht
nur Italienerinnen und Britinnen überholt,
sondern wäre unter die ersten Fünf gekom-
men. Das dürfte künftig möglich sein –
Platz fünf, der lag auch nur elf Zehntel ent-
fernt, oder 110 Tausendstel.

FOTO: TOM WELLER/DPA

Motorrad-Rennfahrer Marc Marquez ist
zum sechsten Mal MotoGP-Weltmeister.
Der Honda-Pilot aus Spanien gewann den
Großen Preis von Thailand in Buriram und
holte sich vorzeitig den Titel. Abgesehen
von der Saison 2015 hat der 26-Jährige in
der Königsklasse seit 2013 stets trium-
phiert. „Den WM-Titel mit einem weiteren
Sieg zu holen, ist super“, sagte er. Insge-
samt ist es sein achter WM-Titel. Vor sei-
nem Aufstieg in die MotoGP hatte er sich
bei den 125ern (2010) und in der Moto2
(2012) durchgesetzt. In Thailand musste
Marquez zwei Punkte mehr holen als Ver-
folger Andrea Dovizioso (Italien); der Duca-
ti-Fahrer wurde Vierter. Marquez hat nach
15 von 19 Läufen 325 Punkte, Dovizioso


  1. Marquez wurde stets mindestens Zwei-
    ter, außer beim Rennen in Austin. sid


Frankreich und England haben als erste
Teams bei der Rugby-WM in Japan das
Viertelfinale erreicht. Frankreich zitterte
sich am Sonntag beim 23:21 (17:7) über Ton-
ga zum dritten Sieg im dritten Spiel. Am
Tag zuvor hatte England durch ein 39:10
(15:3) über Argentinien ebenfalls den drit-
ten Erfolg gefeiert. Beide Nationen können
vor den letzten Vorrundenspielen nicht
mehr von einem der beiden ersten Plätze
der Gruppe C verdrängt werden, die zum
Einzug ins Viertelfinale berechtigen. Dage-
gen muss sich Neuseeland nach dem 71:9
(24:9) über Namibia trotz einer furiosen
zweiten Halbzeit am Sonntag gedulden.
Der Weltmeister der letzten beiden Turnie-
re führt nach dem dritten Erfolg die Grup-
pe B an, kann aber sowohl von Südafrika
als auch im direkten Duell von Italien am
nächsten Samstag überholt werden. dpa

Die deutschen Turner liegen bei der
WM inStuttgart nach dem ersten Tag
der Team-Qualifikation auf Rang fünf.
Andreas Toba, Lukas Dauser, Karim Ri-
da, Nick Klessing und Philipp Herder
kamen am Sonntagabend auf 246,508
Punkte und können damit weiter auf
die Qualifikation für Olympia 2020 in
Tokio hoffen. Dafür muss das Quintett
am Ende beider Qualifikations-Tage
zu den besten zwölf von insgesamt 24
Teams gehören. Unangefochten in Füh-
rung liegt derzeit Russland. Die Mann-
schaft um Mehrkampf-Europameister
Nikita Nagorni erturnte 259,928 Punk-
te und lag damit klar vor Taiwan
(250,093), Brasilien (247,236) und Spa-
nien (246,727). Die weiteren Favoriten
aus China, Japan und den USA gehen
am Montag an die Geräte. dpa

Stuttgart– Es war die letzte Übung dieses
Abends, am letzten Gerät. Nur Simone Bi-
les stand da noch, auf dem Schwebebal-
ken, die letzte Turnerin, vor ihrem letzten
Anlauf.
Besser hätten die Veranstalter der Turn-
WM in Stuttgart dies nicht inszenieren kön-
nen. Da wartete die US-Amerikanerin Bi-
les, die überragende Turnerin ihrer Zeit,
vor ihrem Abgangssprung am einen Ende
des Balkens, drehte sich mit dem Rücken
zum Gerät und atmete tief durch. Unterdes-
sen rannte ihr Trainer Laurent Landi hin-
über ans andere Ende, postierte sich halb
links, fixierte seine Schülerin und rief „co-
me on“, in einem Tonfall, mit dem man ei-
nem Kind klarmacht, dass ein Sprung ins
Wasser nicht wehtun wird. Das Publikum,
darin reichlich Turnkenner, es begriff nun
und lockte seinerseits mit spitzen Schrei-
en. Und dann wurde es still.


Biles setzte sich in Bewegung. Auf dem
zehn Zentimeter breiten Steg vollführte sie
zwei Rückwärts-Flickflacks, traf bei der
Landung des zweiten exakt das Ende des
Balkens, stieß sich dabei hoch hinaus in die
Luft, drehte sich während zwei gehockter
Rückwärtssalti zweimal um die Längsach-
se und landete im Stand. Ins Neuland war
sie gewissermaßen geflogen, den Doppel-
doppel vom Balken hatte noch niemand
bei einem internationalen Wettkampf ris-
kiert. Biles beherrscht ihn schon länger,
nun hat sie ihn uraufgeführt, womit er offi-
ziell als der „Biles“ anerkannt wird.
Schon am ersten Tag hat die Texanerin
also das Publikum mitgerissen, mit ihrem
Qualifikationsauftritt, bei dem sie in alle
sechs Finals einzog: Team, Mehrkampf, Bo-
den, Stufenbarren, Sprung und Balken. Sie
hat am Anfang ihren Triple-Double, den
Doppelsalto am Boden mit dreifacher
Schraube, gezeigt und eintragen lassen
und am Ende also noch den neuen Double-
Double am Balken, der weniger bekannt
ist, aber womöglich riskanter. Dennoch
gibt’s für Turnerinnen, die dereinst den Bo-
den-Biles stehen 1,0 Punkte, für den Bal-
ken-Biles indes nur 0,8 – manche vermu-
ten, dass der Weltverband den Preis wegen
des Verletzungsrisikos kleinhalten will.
Biles, 22, wird die Stuttgarter Wett-
kämpfe überstrahlen und ihren 14 WM-Sie-
gen weitere hinzufügen. Zu den Überstrahl-
ten zählte bereits in der Qualifikation die
16 Jahre junge Stuttgarterin Emelie Petz.
Ihr war beim ersten großen Auftritt man-
ches misslungen, ihre Erfindung jedoch,
ein neuer Stufenbarren-Abgang, war tadel-
los. Der „Petz“, ein Salto vorwärts mit gan-
zer Schraube aus einem Grätschum-
schwung, wird 0,4 Punkte wert sein. vk


Das, was Ulli Wegner in all den Jahren aus-
gemacht hat, hat er nicht verloren. Seine
Stimme ist weiter ein heiser gehauchtes
Krächzen. Diese Stimme hat Wegner zu ei-
nem kleinen Fernsehhelden gemacht; in
den letzten Jahren, in denen die ARD Bo-
xen übertragen hatte, ließ das Niveau der
Kämpfe zunehmend nach. Die Höhepunk-
te waren dann oft die Pausen zwischen den
Runden. Die Minuten, in denen Wegner
krächzen durfte. Einmal, bei einem Kampf
in Helsinki, krächzte Wegner Arthur Abra-
ham an: „Du bist feige!“ Abraham schaute
traurig zurück. Er wusste, dass sein Trai-
ner die Wahrheit gesagt hatte.
Wegners Boxer wussten diese Heiser-
keit meist gut zu deuten. Wenn Wegner gut
gelaunt ist, gluckst er zwischendurch über
seine Witze, manchmal auch über die
Schusseligkeit seiner Boxer. Wenn er nicht
gut gelaunt ist, gluckst Wegner nicht. So
ehrlich ist er immer geblieben, auch zu
sich selbst. Am Sonntag, am Telefon,
gluckst Wegner nicht.
Am 30. September hat ihm Sauerland
schriftlich die Kündigung überreicht, der


  1. Dezember ist für Wegner daher der letz-
    te Tag beim größten deutschen Boxteam,
    nach 23 Jahren. Er hat in dieser Zeit Sven
    Ottke und Markus Beyer zu Weltmeisterti-
    teln geführt, neben Fritz Sdunek war er
    das Trainergesicht des deutschen Boxens.
    Nicht ganz zufällig war der Trainer einer,
    der sich kaum unterschied von all den
    Turn- und Sportlehrern der Republik. Weg-
    ner waren immer die Boxer am liebsten,
    die nicht ihrem Talent vertrauen, sondern
    allein ihrer ehrlichen Arbeit. Pünktlich-
    keit, Ordnung, Gehorsam: Brachte ein Bo-
    xer all das mit, blieb Wegner ihm immer
    treu. Und mit dieser Einstellung war Weg-
    ner auch immer ein Schutzschild für Sauer-
    land. Wegner stand und steht für das Ehrli-
    che in einer Branche, in der sonst mit vie-
    len Tricks gearbeitet wird. Dass Sauerland


nun Wegner gekündigt hat, zeigt daher,
wie schwer die Zeiten selbst für das größte
Boxteam in Deutschland geworden sind.
„Zu gewissen Grundproblemen“, sagt
Wegner am Telefon, dürfe er sich nicht äu-
ßern, die Sache liegt inzwischen bei sei-
nem Anwalt. Er erzählt aber von einem
Abendessen mit Wilfried Sauerland, der
ihn 1996 zum Profiboxen geholt hatte. Zur-
zeit trainiert Wegner vier Boxer, Sauerland
habe ihm angeboten, dass er diese weiter
betreuen dürfe – allerdings nur, wenn die
Boxer mit ihm direkt Verträge abschließen
und ihn auch bezahlen, nicht aber Sauer-
land. „Das mache ich nicht“, sagt Wegner,
er wollte seinen Athleten nicht die finanzi-
elle Belastung zumuten. Sauerland bestä-
tigte diese Version in derBild: „Wir können

es uns einfach nicht mehr leisten, für so we-
nige Boxer so viel Geld für den Trainer aus-
zugeben. Wir haben Ulli Wegner angebo-
ten, dass er seine Boxer weiter trainieren
kann und wir einen Zuschuss geben.“ Ob
das schon alle Grundprobleme waren, da-
zu will Wegner nichts sagen.
Nächsten April wird er 78 Jahre alt, und
auch dann will er weiter Boxer trainieren.
Er habe da bereits was in Aussicht, sagt er.
Vieles ist dem deutschen Boxen in den ver-
gangenen Jahren verloren gegangen, aber
zumindest die berühmteste Stimme will
noch nicht verstummen.
benedikt warmbrunn

Ulli Wegner, 77, ar-
beitet seit1996 für
das Boxteam Sauer-
land. In dieser Zeit
formte er unter ande-
rem Sven Ottke, Mar-
kus Beyer und Ar-
thur Abraham zu
Weltmeistern.
FOTO: GISELA SCHOBER / GETTY

Trauer um


Leichtathlet Lauer


Marquez wieder


MotoGP-Weltmeister


Frankreich und England


im Rugby-Viertelfinale


Es war an sich ein ganz feiner Samstag
für den Madrider ArbeitnehmerToni
Kroos. Gerade einmal 33 Minuten lang
musste er werkeln, trotzdem durfte er
sich über einen 4:2-Sieg seines Teams
Real Madrid gegen den frechen Außen-
seiter FC Granada freuen – Real bleibt
damit Erster. Nicht so erfreulich war je-
doch der Grund für den frühen Dienst-
schluss: Kroos humpelte mit einer Ad-
duktorenverletzung vom Platz. Die ver-
hindert nun auch Einsätze für die Natio-
nalmannschaft in dieser Woche gegen
Argentinien und Estland. Seine Krank-
schreibung beim Bundestrainer Joa-
chim Löw hat Kroos am Sonntag einge-
reicht. „Ich hoffe, dass ich Toni hier be-
halten kann, damit er sich wieder er-
holt. Es wäre besser für ihn“, sagte Ma-
drids Coach Zinédine Zidane schon
nach dem Spiel. Kollege Löw, dem be-
reits der neunte Spieler absagte, nomi-
nierte Schalkes Suat Serdar nach. jki

Der gesamte Samstagnachmittag, der
aus Freiburger Sicht aufgrund des Un-
entschiedens gegen Dortmund das
reinste Freudenfest gewesen war, dürf-
te auchFritz Kellergefreut haben, der
nach dem Schlusspfiff demonstrativ ge-
lassen in Richtung Vip-Bereich ging. Sei-
ne Emotionen darf er seit einigen Tagen
ja auch nicht mehr so zeigen, wie er das
in Freiburg seit mehreren Jahrzehnten
gewohnt war: Seit gut einer Woche ist er
nun ja der demokratisch gewählte, neu-
trale Präsident des DFB. Nach fast zehn
Jahren in gleicher Funktion beim SC
wurde er von den Freiburger Vorstän-
den am Samstag mit Applaus verab-
schiedet. Er bekam von den Ex-Kolle-
gen einen Schienbeinschoner über-
reicht – zum Schutz vor möglichen Trit-
ten im neuen Amt. Dass er fortan nicht
nur Fans hat, hörte er sofort: „Fußball-
mafia DFB“, riefen die Anhänger im BVB-
Fanblock während der Ehrung. ruf

Wie sie über die linke Seite zur Mitte
dribbelte und präzise zur Führung ab-
zog – das war wieder mal ein Indiz da-
für, dassKlara Bühlin den nächsten
Jahren zu den entscheidenden Spielerin-
nen der deutschen Fußball-National-
mannschaft der Frauen gehören dürfte.
Beim 8:0 (4:0) in der EM-Qualifikation
gegen die Ukraine traf die 18-Jährige
dreimal (7./58./61. Minute) und erhöhte
ihre Bilanz auf fünf Tore in acht Länder-
spielen. Eine „Spielerin mit ganz viel Po-
tenzial“ sagte Bundestrainerin Martina
Voss-Tecklenburg über die Offensiv-
spielerin des SC Freiburg. Voss-Tecklen-
burg konnte am Samstag noch eine wei-
tere Dreimaltorschützin loben: Lina Ma-
gull vom FC Bayern (37./42./90+2) war
ebenso auffällig und zeigte sich danach
großzügig: Den Spielball durfte Bühl
mitnehmen. Giulia Gwinn (30.) und Me-
lanie Leupolz (87.) hatten mit je einem
Tor eh keinen Anspruch darauf. and

Friedhelm Funkel, 65, ist der dienstäl-
teste Erstligatrainer, er pflegt daher Tra-
ditionen, die noch in die Gründerzeit
der Bundesliga reichen. Am Freitag,
nach dem 1:3 der Fortuna Düsseldorf
bei Hertha BSC, bat er zu einer Aufarbei-
tung, die frei war von Scouting-Reports,
Statistiken oder anderen Laptoptrainer-
rezepten. „Männer, nach dem Abendes-
sen trinken wir erst mal alle gemeinsam
ein Bier“, sagte er seiner Mannschaft.
Die Order hatte nichts damit zu tun,
dass er sein 500. Spiel als Trainer be-
stritten hatte; sondern damit, dass es
gilt, den Frust zu ertränken, denn Fortu-
na steckt im Tabellenkeller. Es heißt,
Düsseldorf solle Funkels letzte Trainer-
station sein. Sollte er die Saison been-
den, so wäre er unter den Top 5 der Trai-
ner mit den meisten Bundesligaspielen


  • hinter Otto Rehhagel, Jupp Heynckes,
    Erich Ribbeck und Thomas Schaaf, aber
    vor Udo Lattek. Na dann: Prost! jc


Die Idee vonTim Walterist eine beson-
dere, sie basiert auf Ballbesitz und gro-
ßer Freiheit für jeden Spieler in der Of-
fensive. Bei Holstein Kiel machte er sich
damit einen Namen; beim VfB Stutt-
gart, den Walter seit Sommer trainiert,
ist das nun erstmals richtig schiefgegan-
gen. Rekordverdächtige 85 Prozent Ball-
besitz hatte der VfB gegen Wehen Wies-
baden und 29:6 Torschüsse, verlor aber
das Spiel mit 1:2 Toren und damit die Ta-
bellenführung an den Hamburger SV.
Es fehlten nicht zum ersten Mal bei ho-
her Spielkontrolle gefährliche, vertikale
Pässe. „Es geht darum, dass meine Mit-
telfeldspieler nicht nur in ihren Positio-
nen stehen, sondern auch in die Tiefe
laufen“, sagte Walter. Mal Fehler zu ma-
chen sei okay, man müsse dann nur wie-
der aufstehen. Die nächste Gelegenheit
dazu bietet sich gegen Spieler, die seine
Idee gut kennen: Stuttgart spielt am 20.
Oktober gegen Kiel. fse

Jürgen Klopp hätte Freudensprünge
aufführen können: Der FC Liverpool ge-
wann durch einen Elfmeter von James
Milner in der 95. Minute gegen Verfol-
ger Leicester 2:1: achter Sieg im achten
Ligaspiel, eine makellose Zwischenbi-
lanz für den ersehnten ersten Titel seit
1990 – und plötzlich satte acht Punkte
Vorsprung auf Meister Manchester City
(0:2 gegen Wolverhampton)! Doch der
Trainer war fuchsteufelswild – wegen ei-
nes rüden Fouls an Torjäger Mo Salah,
der verletzt vom Feld musste: „Er wird
im Vollsprint umgehauen, er humpelt“,
zürnte Klopp. Eine noch dramatischere
Szene ereignete sich beim 0:3 von Kri-
senklub Tottenham in Brighton: Tor-
wartHugo Lloriskugelte sich beim 0:1
den linken Ellbogen aus. Hinzueilende
Kollegen drehten sich schockiert ab, der
französische Weltmeister musste von
Sanitätern mit Schmerzmitteln und Sau-
erstoff erstversorgt werden. sz

Männer-Team liegt


auf Rangfünf


Zynische Tausendstel


Die deutschen Turnerinnen sind 2020 bei Olympia dabei. Doch bis dahin müssen sie
noch einiges aufarbeiten, wie das verpasste Teamfinale bei der Heim-WM zeigt

Der Balken-Biles


US-Rekordturnerin führt in Stuttgart
einen neuen Gerät-Abgang vor

Ein letztes Krächzen


Sauerland kündigt den Vertrag von Boxtrainer Ulli Wegner


DEFGH Nr. 231, Montag, 7. Oktober 2019 (^) SPORT HMG 29
FOTO: ANDREW COULDRIDGE/REUTERS FOTO: BERNAT ARMANGUE/DPA FOTO: PATRICK SEEGER/DPA FOTO: MIRKO KAPPES / GETTY FOTO: SOEREN STACHE/DPA
Schockmomente Rausgehumpelt Erste Tritte Abgezockt Prost! Freiheit und Fehler
Kopfüber ins Glück: Sarah Voss qualifiziert sich bei der WM in Stuttgart für
die Finals im Mehrkampf und am Schwebebalken. FOTO: CHRISTOPH SCHMIDT / DPA
Beweist bei der Turn-WM mal wieder ih-
re Ausnahmefähigkeiten: Simone Biles
aus den USA. FOTO: L. GRIFFITHS / GETTY

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