Handelskonflikt
Erst drohen, dann verhandeln
Amerikaner und Europäer
betonen ihre Bereitschaft zu
Gesprächen. Doch die
Nervosität wächst.
Moritz Koch, Thomas Sigmund
Berlin
S
ie wollen reden, wenigstens
das: Trotz neuer Zolldrohungen
betonen die Amerikaner und
die Europäer ihre Verhandlungsbe-
reitschaft. „Wir werden auf jeden Fall
mit der EU sprechen“, versichert US-
Außenminister Mike Pompeo. Auch
die Europäer dringen auf Gespräche.
Nach Einschätzung von Bundeswirt-
schaftsminister Peter Altmaier wür-
den sich die Amerikaner mit den Han-
delsstrafen letztlich selbst schaden.
Mit der Ankündigung der USA,
Strafzölle auf Flugzeuge und andere
EU-Importe wie Wein und Käse zu
verhängen, hat sich der transatlanti-
sche Handelskonflikt vergangene Wo-
che weiter zugespitzt: Die Amerika-
ner berufen sich auf ein Urteil der
Welthandelsorganisation WTO, wo-
nach die Europäer den Flugzeugkon-
zern Airbus rechtswidrig subventio-
niert haben.
Die Europäer werden allerdings
wohl schon bald Gelegenheit zum
Gegenschlag bekommen. Denn auch
die amerikanischen Beihilfen für den
Airbus-Konkurrenten Boeing versto-
ßen nach Auffassung der WTO gegen
internationales Handelsrecht.
Der CDU-Wirtschaftsrat sieht die
Bundesrepublik als größten Verlierer
des transatlantischen Handelsstreits.
„Deutschland würden neue Zölle mit
geschätzten Exportverlusten von
zwei Milliarden Euro am härtesten
treffen“, sagte Generalsekretär Wolf-
gang Steiger dem Handelsblatt.
In einem Positionspapier, das zum
WTO-Schiedsspruch verabschiedet
wurde, fordert der Wirtschaftsrat ei-
ne eigenständige europäische Han-
delspolitik. „Wir dürfen uns nicht in
die Spirale des Protektionismus hi-
neindrängen lassen, denn mögliche
kurzfristige Gewinne bedeuten auf
langfristige Sicht Verluste für viele“,
warnt der Verband.
In Brüssel werden schon Maßnah-
men diskutiert, mit denen sich die
Folgen der US-Zölle abfedern ließen.
Insbesondere Landwirte können im
Fall schwerer Einnahmeausfälle auf
Unterstützung hoffen, sagte ein Spre-
cher der Kommission: „Wir sind uns
natürlich der Besonderheiten des
Agrarsektors bewusst.“ Die Kommis-
sion habe schon in der Vergangen-
heit gezeigt, dass sie notfalls bereit
sei einzugreifen.
Die Bundesregierung hofft noch,
eine Eskalation verhindern zu kön-
nen. Man stimme sich eng mit der für
die europäische Handelspolitik zu-
ständigen EU-Kommission ab, erklär-
te das Wirtschaftsministerium.
Politiker in Berlin reagierten zu-
rückhaltend auf die US-Entscheidung.
Nach wie vor steht die Drohung der
Amerikaner mit Zöllen gegen Autoim-
porte im Raum – Deutschland ist da-
her bemüht, den Konflikt nicht weiter
anzuheizen.
Kommentar, Namen Seiten 15, 46
USA
Neue Zeugen gegen Trump
Während der US-Präsident
gegen Kritiker austeilt,
bestätigen weitere
Whistleblower die
Ukraine-Vorwürfe.
Katharina Kort New York
D
onald Trump gerät innenpo-
litisch immer stärker unter
Druck. Offenbar bestätigen
weitere Geheimdienstmitarbeiter
den Vorwurf des Machtmissbrauchs.
Trump soll den Präsidenten der
Ukraine gedrängt haben, gegen einen
politischen Gegner im Wahlkampf zu
ermitteln.
Der Rechtsanwalt Mark Zeid, der
schon den ersten Whistleblower ver-
treten hat, sagte dem US-Fernsehsen-
der ABC News, dass er einen zweiten
Whistleblower vertritt, der ebenfalls
im amerikanischen Geheimdienstap-
parat arbeiten soll. Die Person wisse
von Trumps Absprachen mit der
Ukraine aus erster Hand und habe
schon mit dem zuständigen General-
inspektor Michael Atkinson gespro-
chen. Andrew Bakaj, ein weiterer An-
walt des ersten Whistleblowers,
sprach sogar von mehreren Infor-
manten: „Ich kann bestätigen, dass
meine Kanzlei und mein Team meh-
rere Whistleblower vertreten“, twitte-
re Bakaj am Sonntag.
Für Trump wird es damit enger,
ein formelles Amtsenthebungsverfah-
ren rückt näher. Die Strategie des
Präsidenten war es bisher, seinen
anonymen Beschuldiger zu diskredi-
tieren: Der Whistleblower habe sein
Telefonat mit dem ukrainischen Prä-
sidenten Wolodimir Selenski falsch
dargestellt, behauptete Trump. Nun
aber könnten weitere Aussagen be-
stätigen, dass Trump sehr wohl
Druck auf Selenski ausgeübt hat, ge-
gen die Biden-Familie zu ermitteln
und ihm damit im Wahlkampf zu hel-
fen. Damit wiederum könnte Trump
nicht nur seinen Amtseid verletzt,
sondern auch gegen Korruptionsge-
setze verstoßen haben.
Joe Biden gehört zu den aussichts-
reichsten Bewerbern um die Präsi-
dentschaftskandidatur der Demokra-
ten. Während seiner Amtszeit als Vi-
ze von Präsident Barack Obama hatte
Bidens Sohn Hunter in der Ukraine
einen lukrativen Posten bei einem
staatlichen Ölkonzern bekommen.
Hunter Biden sitzt zudem im Verwal-
tungsrat eines staatlich unterstützten
chinesischen Investmentfonds. Bis-
her gibt es keine Hinweise darauf,
dass Hunter Biden mit seinen Aktivi-
täten gegen Gesetze verstoßen hat.
Aber allein die Tatsache, dass der
Sohn des Vizepräsidenten ausgerech-
net in den Ländern, in denen sein
Vater besonders aktiv war, gut be-
zahlte Positionen angenommen hat,
hat einen schlechten Beigeschmack.
Das will Trump ausnutzen, um Biden
im Wahlkampf zu schaden.
Zuletzt hat Trump China sogar öf-
fentlich dazu aufgerufen, gegen die
Bidens zu ermitteln – und dafür
selbst in den eigenen Reihen Kritik
geerntet. Doch Trump lässt alle Hem-
mungen fallen. Am Wochenende lie-
ferte sich der Präsident ein heftiges
Wortgefecht mit Mitt Romney. Der
Senator, der 2012 als Präsident-
schaftskandidat der Republikaner ge-
gen Barack Obama verloren hatte,
kritisierte Trump: „Der dreiste und
beispiellose Appell an China und die
Ukraine, gegen Joe Biden zu ermit-
teln, ist falsch und erschreckend“,
schrieb Romney auf Twitter. Darauf-
hin pöbelte Trump zurück, Romney
sei ein „aufgeblasener Arsch“. Mit sei-
nem Aufruf an China hat Trump all
jene bestätigt, die ihn für unwürdig
halten, die USA als Präsident zu re-
präsentieren.
Doch ob ein Amtsenthebungsver-
fahren Erfolg haben würde, ist nach
wie vor unwahrscheinlich. Selbst
wenn eine Mehrheit im Abgeordne-
tenhaus für ein sogenanntes Im -
peachment stimmt, muss immer
noch der Senat zustimmen, damit
Trump aus dem Amt entfernt wird.
Dafür sind zwei Drittel der Stimmen
der Senatoren nötig. Das hieße, dass
auch mindestens 20 republikanische
Senatoren ins Lager der Trump-Geg-
ner überlaufen müssten.
Trump versucht, aus der Affäre Ka-
pital zu schlagen. Mit Spendenaufru-
fen richtet er sich an seine Wähler.
Schon jetzt hat der Präsident mehr
Geld eingesammelt als seine Heraus-
forderer.
Donald Trump: Der Präsident stand schon oft unter Druck.
Dieses Mal könnte es tatsächlich Folgen haben.
ddp images/Sipa USA
Wir dürfen
uns nicht in
die Spirale
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hineindrängen
lassen.
CDU-Wirtschaftsrat
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Wirtschaft & Politik
MONTAG, 7. OKTOBER 2019, NR. 192
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