Handelsblatt - 07.10.2019

(Brent) #1

Automobilindustrie


Opel kämpft mit Produktionsproblemen


Statt Kleinwagen fertigt Opel


nun SUVs in Eisenach. Doch


beim Modellwechsel hakt es.


Beim Grandland X liegt man


4000 Einheiten unter Plan.


Franz Hubik München


O


pel-Chef Michael Lohscheller
war voll des Lobes. „Was in
den letzten zehn Wochen

hier passiert ist, ist wirklich bemer-


kenswert“, beglückwünschte der Ma-


nager Ende August seine Mannschaft


beim Produktionsstart des Stadtge-


ländewagens Grandland X. Dutzende


Monteure und Ingenieure hatten sich


im Beisein von Ehrengästen wie Thü-


ringens Ministerpräsident Bodo Ra-


melow (Die Linke) entlang der Ferti-


gungslinie im Opel-Werk in Eisenach


eingefunden und lauschten den Wor-


ten des Geschäftsführers.


Der bedankte sich mehrmals bei


seiner Truppe. Schließlich hätten die


1400 Beschäftigten die Traditionsfa-


brik im Eiltempo „umgestellt auf die


Zukunft“, so Lohscheller. Nach mehr


als zwei Jahrzehnten lief im Mai 2019


der letzte Corsa in Eisenach vom


Band. Lediglich einen Sommer Um-


rüstungszeit später könne man schon


den ersten Grandland X „made in


Germany“ bewundern.


„Das ist eine Weltrekordleistung“,


konstatierte Lohscheller. Man müsse


sich das einmal vorstellen: weg von


Kleinwagen hin zu SUVs. „Wirklich


etwas Historisches“, frohlockte der


Frontmann der Marke mit dem Blitz:


„Wir können so stolz darauf sein.“


Heute hören die Opel-Fachkräfte in


Eisenach ganz andere Töne. Geht es


nach der Werksleitung, sollen sie


mehr arbeiten, am besten jeden


Samstag noch eine Spätschicht fah-


ren. Der Grund: Opel hat den Start


der Serienproduktion des Grand-


land X in Thüringen versemmelt.


Statt 220 Autos pro Schicht laufen


derzeit nur etwa 90 Wagen vom


Band, erfuhr das Handelsblatt aus


Konzernkreisen.


Gegenüber der ursprünglich avi-


sierten Anlaufkurve liegt der Grand-


land X in Eisenach bereits mit mehr


als 4000 Einheiten unter Plan. Intern


ist von einer „krassen Fehlplanung“


die Rede. Ein Unternehmensspre-


cher erklärt: „Es gibt keine Schwierig-


keiten bei der Produktion des Grand-


land X, um die Erwartungen unserer


Kunden zu erfüllen.“ Das stimmt:


Kunden dürften von der Misere zu-


nächst nichts merken. Aber nur, weil


Opel den Grandland X derzeit noch


an zwei Standorten fertigt.


Veraltete Maschinen


Anfang 2020 dürfte die Produktion


des Modells im französischen So-


chaux allerdings auslaufen. Spätes-


tens dann müssen die Prozesse in Ei-


senach stimmen. Der holprige Anlauf


des Grandland X in Thüringen lässt


aber nichts Gutes erahnen, er ist viel-


mehr peinlich und alarmierend zu-


gleich. Denn für Opel hängt viel vom


Erfolg des SUV ab. Der Grandland X


ist nicht einfach irgendein Modell für


den Konzern, sondern de facto das


neue Flaggschiff der Marke.


Denn die Limousine Insignia – das


eigentliche Aushängeschild – schwä-


chelt. Die Verkäufe sind in den ersten


sechs Monaten 2019 um ein Drittel


eingebrochen. Ganz anders dagegen


der Grandland X. Der Absatz des


kompakten Stadtgeländewagens
wächst und wächst. Im ersten Halb-
jahr lieferte Opel weltweit rund
59 000 Einheiten des Modells aus.
Das ist ein Plus von fast 32 Prozent.
Gebaut wird der Grandland X hier-
zulande erstmals auf der flexiblen
EMP2-Plattform des Opel-Mutterkon-
zerns PSA (Peugeot, Citroën, DS). Der
Clou: Damit können auf einer Ferti-
gungslinie sowohl Diesel, Benziner
als auch elektrische Varianten wie
Plug-in-Hybride produziert werden –
je nachdem, welche Antriebsform die
Kundschaft gerade ordert. „Hochin-
telligent“ nennt Lohscheller diesen
Ansatz. Zugleich ist die Methode
komplex und bedarf eigentlich mo-
dernster Technik.
„PSA war aber der Meinung, mit
ganz wenig Geld ganz viel produzie-

ren zu können“, heißt es in Opel-
Konzernkreisen. Diese Rechnung sei
nicht aufgegangen. Man habe den
Monteuren teils 20 Jahre alte Maschi-
nen vorgesetzt. Zudem hakt es bei
der IT, die im Zuge der neuen Platt-
form komplett auf ein PSA-System
umgestellt werden musste.
Nun könnten in Eisenach teure
Nachbesserungsarbeiten fällig wer-
den. Die Arbeitnehmervertreter
drängen das Management dazu, in
bessere Maschinen zu investieren,
heißt es in Konzernkreisen. Die
Werksleitung gibt dagegen den Opel-
Anlagenbauern die Schuld. Diese
müssten die geforderten Qualitätsan-
sprüche erfüllen – mit der bestehen-
den Technik. Ein Insider beschreibt
die Stimmung in der Fabrik als „emo-
tional“ – gelinde gesagt.

Fertigung des Grandland X in Eisenach: Angeblich veraltete
Anlagen verzögern den Bau des für Opel wichtigen SUV.

dpa

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