Roger Hallam: Der Klimaaktivist nennt Gandhi
und Martin Luther King als Vorbilder.
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Roger Hallam
Klima-Aktivist plant
neue Proteste
LONDON Roger Hal-
lam muss sich manch-
mal selbst kneifen. Der
Brite ist einer der
Gründer von Extinc -
tion Rebellion und will
mit den Klima-Aktivis-
ten am Montag das Re-
gierungsviertel in Lon-
don blockieren. Wäh-
rend der Höhepunkt
seiner Woche als Bauer
in Wales früher die
Fahrt in den Ort und
der Einkauf von Hu-
mus gewesen seien,
finde er sich heute in
dieser „Filmwelt“ wie-
der, wo ihm reiche
Amerikaner ihre Unter-
stützung zusicherten,
erzählte der 53-Jährige.
Die Klima-Aktivisten
haben in den vergan-
genen zwölf Monaten
mehrfach London mit
Sitzblockaden lahmge-
legt. „Der einzige Weg,
unser Aussterben zu
verhindern, ist ziviler
Ungehorsam der Mas-
sen“, sagt Hallam. Der
hagere Mann mit dem
Vollbart und den lan-
gen grauen Haaren hat
mehrere Jahre als Dok-
torand am King’s Col-
lege zur Geschichte
des zivilen Ungehor-
sams geforscht. Als
Vorbilder nennt er
Gandhi und Martin
Luther King. Seit der
„Declaration of Rebel-
lion“ im Oktober 2018
auf dem Londoner
Parliament Square ist
Extinction Rebellion
rasant gewachsen.
Längst gibt es auch Ak-
tionen außerhalb
Großbritanniens. Und
Hallam ist immer ganz
vorne mit dabei. cvo
Nicola Sturgeon
Separatisten
erhalten
Zuspruch
EDINBURGH Die
schottische Regie-
rungschefin Nicola
Sturgeon erklärte per
Twitter ihre Unterstüt-
zung für die Teilneh-
mer an einem
„Marsch für Unabhän-
gigkeit“ in Edinburgh.
Sie sei zwar nicht vor
Ort, aber „im Geiste“
anwesend. An die Se-
paratisten schrieb sie:
„Habt einen großarti-
gen Tag. Und zweifelt
nicht daran: Die Unab-
hängigkeit kommt.“
Sturgeon hat angekün-
digt, im Brexit-Fall in
den kommenden zwei
Jahren ein weiteres
Referendum zur Unab-
hängigkeit Schottlands
abzuhalten. dpa
Till Hoppe Brüssel
G
ordon Sondland ist an sich
guter Dinge, als er an die-
sem Abend im Brüsseler
Palais des Beaux-Arts, ei-
nem Meisterwerk des Art
déco, ans Mikrofon tritt. Der amerikani-
sche EU-Botschafter schwärmt geradezu
von der neuen EU-Führungsriege um
Ursula von der Leyen, spricht von der
„exzellenten Chemie“ und dem „auf-
richtigen Willen“ seiner Gesprächspart-
ner zu einem „Neustart“ in den nicht
immer einfachen Beziehungen. Dann
aber kommt Sondland auf die Äußerun-
gen „eines noch nicht einmal im Amt
bestätigten Funktionärs“ zu sprechen,
die er am Morgen in der Zeitung gelesen
hat, und seine Miene verdüstert sich:
„Heiße Luft“ seien diese Aussagen und
„nicht hilfreich“.
Phil Hogan hatte es geschafft, Donald
Trumps Gesandtem die Laune zu ver-
derben, und das gleich am Tag seiner
Nominierung zum neuen EU-Handels-
kommissar. In einem Interview hatte
der 59-Jährige seine Hoffnung zum Aus-
druck gebracht, dass der US-Präsident
„seine Fehler erkennt“ und sein „rück-
sichtsloses Verhalten“ gegenüber der
EU und China aufgebe.
Viele europäische Politiker denken
so, aber nur wenige sprechen es auch
aus. Hogan schon, der Ire ist ein Freund
klarer Ansagen. Direkt in der Ansprache
und zugleich von Ehrfurcht gebietender
Statur, 1,95 Meter groß und kräftig
gebaut, steht „Big Phil“ aus Sicht vieler
Beobachter für eine neue Gangart: noch
robuster im Umgang mit dem Han -
delskrieger Trump als Vorgängerin Ceci-
lia Malmström und wehrhafter gegen je-
ne, die wie China die Europäer mit un-
fairen Praktiken über den Tisch ziehen
wollen.
Die angehende Kommissionspräsi-
dentin von der Leyen hat Hogan bereits
vor seinem Amtsantritt am 1. November
damit beauftragt, die eigenen Waffen zu
schärfen, sollte die Welthandelsorgani-
sation bald als Streitschlichter ausfallen.
Dem WTO-Schiedsgericht droht ab dem
- Dezember die Handlungsunfähig-
keit, weil die USA die Berufung neuer
Richter blockieren. Auch soll Hogan ei-
nen „Chief Trade Enforcer“ berufen,
der sicherstellt, dass andere Länder ihre
Märkte auch tatsächlich wie vereinbart
für europäische Unternehmen öffnen.
Und eigene Firmen besser schützen, die
ins Visier staatlich aufgepäppelter Inves-
toren geraten.
An Konfliktherden mangelt es zurzeit
jedenfalls nicht. In knapp zwei Wochen
dürfte Trump Flugzeuge, Wein und Kä-
se aus der EU mit Strafzöllen belegen,
als Vergeltung für deren Starthilfe für
Airbus. Mitte November verstreicht die
Frist des US-Präsidenten für die an -
gedrohten Autozölle, die besonders die
deutsche Wirtschaft schmerzen wür-
den, die Handelsgespräche aber stecken
fest. Die Verhandlungen mit Peking
über einen besseren Marktzugang müs-
sen bald vorankommen, will Hogan sie
wie gefordert im kommenden Jahr ab-
schließen. Und auch zu Hause droht Är-
ger – in vielen EU-Ländern wächst ange-
sichts brennender Regenwälder das Un-
behagen über das geplante Abkommen
mit den Mercosur-Staaten.
Hogan wird also all die politische Er-
fahrung aufbieten müssen, die er ge-
sammelt hat, seitdem er 1985 in Kil-
kenny zum Chef des Kreistags gewählt
wurde. Der Politiker der konservativen
Partei Fine Gael steht auch bereits gut
im Stoff – Malmström hatte Hogan als
Landwirtschaftskommissar in den ver-
gangenen Jahren eng miteingebunden,
wenn die Handelsgespräche mit Japan
oder Mercosur in die heiße Phase gin-
gen.
Und er gilt als durchsetzungsstark,
als „harter und fairer Verhandler“, wie
seine künftige Vorgesetzte von der
Leyen lobte. Hogan ist, bei aller Direkt-
heit, kein plumper Polterer, er be-
herrscht die gesamte Klaviatur. Er
kann charmant sein, seine Gesprächs-
partner umgarnen. Kritische Fragen
der Europa abgeordneten bei seiner
Anhörung vergangene Woche parierte
Hogan souverän. Während andere
Kommissarskandidaten um ihre Ver-
setzung bangen müssen, verlieh ihm
der Handelsausschussvorsitzende
Bernd Lange die Note 2 – 3. Bei der Ge-
legenheit fand Hogan auch für Bot-
schafter Sondland noch versöhnliche
Worte: Auch in Zeiten der Spannungen
dürfe man „das große Bild nicht aus
den Augen verlieren“, sagte er, die EU
und die USA verbänden die „engsten
Beziehungen der Welt“.
Phil Hogan
Europas Kämpfer
für Freihandel
Der neue Handelskommissar will dafür sorgen, dass die EU sich
in den Handelskonflikten mit den USA und China behauptet.
Phil Hogan:
Er gilt als harter
und fairer
Verhandler.
dpa
Maurice Kamto
Oppositions -
führer
wieder frei
JAUNDE Nach Mona-
ten im Gefängnis ist
der Oppositionsführer
Maurice Kamto in Ka-
merun freigelassen
worden. Er sowie Dut-
zende weitere Opposi-
tionsanhänger verlie-
ßen am Samstag in der
Hauptstadt Jaunde das
Gefängnis. Sie waren
im Januar nach regie-
rungskritischen De-
monstrationen festge-
nommen worden.
Kameruns Staatschef
Paul Biya hatte die
Vorwürfe wegen Auf-
stands gegen den Staat
am Freitag fallen ge-
lassen. Er wolle eine
friedliche Lösung für
die Krisen im Land fin-
den. dpa
Namen
des Tages
MONTAG, 7. OKTOBER 2019, NR. 192
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