Der Spiegel - 05.10.2019

(Steven Felgate) #1
Fußballkosten

»Schlichte Ignoranz«
 Bremens Innensenator Ulrich Mäurer
übt scharfe Kritik an Länderkollegen, die
seinen Vorschlag über eine Beteiligung
der Deutschen Fußball Liga (DFL) an
den Polizeikosten bei Hochrisikospielen
ablehnen. »Mich befremdet die schlichte
Ignoranz«, sagt der SPD-Politiker und
verweist auf ein Urteil des Bundesverwal-
tungsgerichts. Dort hat Bremen mit sei-

ner Forderung auf Erstattung von Poli -
zeikosten recht bekommen. »Das Gericht
verwies ausdrücklich auf die Lastenge-
rechtigkeit«, sagt Mäurer, »darum dürfen
wir vor der DFL mit mehr als vier Milliar-
den Euro Umsatz im Jahr nicht einkni-
cken.« Dem Senator schwebt zur künfti-
gen Finanzierung ein Fonds vor, in den
die DFL etwa 30 Millionen Euro pro Sai-
son einzahlt. Je nach Aufwand sollen
die Länder ihre Polizeikosten dort gel-
tend machen. Die Innenminister der meis-
ten anderen Bundeslän -
der sind dagegen. Die
Sicherheit bei Bundes -
ligaspielen gehöre zum
Kernbereich staatlicher
Aufgaben, argumentie-
ren sie. Das bezweifelt
auch Bremens Innen -
senator nicht. Nach
Mäurers Ansicht stehe
dieser Grundsatz
durch die geplante Ge -
bühr aber gar nicht in -
frage. Dieses Argument
sei »offenkundiger Un -
sinn«, sagt er. GUD

Bundestag


Warnung vor Hackern


 Deutschlands oberste Cybersicherheits-
behörde hat die Bundestagsfraktionen
vor Hackerangriffen gewarnt. In einem
Schreiben ist von einer »hohen Bedro-
hungslage im Bereich der politischen
Akteure« die Rede. Das Bundesamt für
Sicherheit in der Informationstechnik (BSI)
rät den Abgeordneten und ihren Parteien
dringend, ihre Webserver und internen
Netzwerke abzusichern. Unter anderem
sollten sie ein »Monitoring zur Angriffs -
erkennung« einrichten und ihre IT so auf-


stellen, dass sensible Bereiche entkoppelt
und damit besser vor Hackern geschützt
seien. Mit »Penetra tionstests« könnten
Sicherheitsexperten erkennen, ob und
wo Systeme Schwachstellen haben. An -
lass der Warnung, so schreibt das BSI, sei
ein im September »evident gewordener
gezielter Cyber angriff auf die Österrei-
chische Volkspartei« – wenige Wochen
vor der Nationalratswahl. Wer hinter der
mutmaßlichen Attacke steckt, ist unklar,
das österreichische Bundeskriminalamt
und der Verfassungsschutz ermitteln.
Die Partei spricht von 1,3 Terabyte an
abgeflossenen Daten. WOW

Sicherheit

EU-Großprojekt


verzögert sich


 Einem der wichtigsten IT-Projekte der
EU droht ein Debakel. In einem Schrei-
ben an den Bundestag bezweifelt das
Bundesinnenministerium, dass das Vor-
haben wie ursprünglich geplant bis 2023
umsetzbar ist. Es geht um die europawei-
te Vernetzung mehrerer Datenbanken
von Polizei und Justiz, in denen Finger -
abdrücke von Migranten, Visadaten oder
Fahndungsersuchen gespeichert sind. In
einem neu zu schaffenden Register sollen
zudem die Mitgliedstaaten alle Ein- und
Ausreisen von Nicht-EU-Bürgern erfas-

sen. »Eine vollständige Umsetzung aller
Vorhaben im EU-Zeitplan ist derzeit
nicht belastbar vorherzusehen«, warnt
nun das Ministerium. »Es bestehen
Ressourcenengpässe und Überlastung
der befassten Behörden« – auch weil es
schwierig sei, das nötige Fachpersonal
zu gewinnen. Die Innen- und Justizminis-
ter der Europäischen Union wollen sich
Anfang kommender Woche bei einem
Treffen in Luxemburg mit den Proble-
men des 500 Millionen Euro teuren Pro-
jekts beschäftigen. Mehrere Kriminalfälle,
wie der Mord an einer Studentin in Frei-
burg 2016 oder der Terroranschlag auf
einem Berliner Weihnachtsmarkt, hatten
Mängel beim Datenaustausch innerhalb
der EU offenbart. WOW

Autobahnen


Grüne wollen Abstimmung


über Tempolimit


 Die Grünen wollen mit einer Ab -
stimmung über die Einführung eines
Tempolimits auf deutschen Auto -
bahnen die Abgeordneten der Großen
Koalition zu einem persönlichen
Bekenntnis in dieser heftig debattier-
ten Frage drängen. Das Votum soll Mit-
te Oktober erfolgen. Die Ökopartei
kalkuliert, dass eine Reihe von SPD-
Parlamentariern für eine Grenze von
130 Stundenkilometern ist. »Ein Tem-
polimit wäre ein Gebot der Vernunft
für eine aufgeklärte Gesellschaft im



  1. Jahrhundert«, betont der Grünen-
    abgeordnete Cem Özdemir. »Die
    Debatte darüber ähnelt in Teilen unse-
    rer politischen Elite dem Versuch, mit
    US-Republikanern über Einschränkun-
    gen für Waffennarren zu sprechen.«
    Durch ein Tempolimit könnten nach
    unterschiedlichen Berechnungen eine
    Million bis drei Millionen Tonnen CO
    ²
    pro Jahr weniger ausgestoßen werden.
    Außerdem erhoffen sich die Befür -
    worter, so die Zahl der Unfalltoten zu
    senken. Die Mehrheit in der Union
    und Bundesverkehrsminister Andreas
    Scheuer (CSU) hingegen lehnen ein
    Tempolimit ab. Die SPD-Fraktionsspit-
    ze plant, ihre Abgeordneten dazu auf-
    zurufen, Koalitionsdisziplin zu wahren
    und gegen den Antrag zu stimmen. GT


FLORIAN GAERTNER / PHOTOTHEK / GETTY IMAGES

JÜRGEN FROMME / FIRO SPORTPHOTO

Polizisten vor Bremer Stadion

PAUL LANGROCK

Regierungsviertel in Berlin

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