Focus - 21.09.2019

(Joyce) #1

FOCUSextra/2019 13


Norbert Niederkofler. Der 58-Jährige ist seit
Jahren mit Sternen dekoriert. Mit seinem radi-
kal regionalen Konzept erkochte er für das
Restaurant „St. Hubertus“ sogar drei. „Die
Qualität hier auf den Hütten war immer gut“,
sagt der Küchenchef. „Ich wollte mit der Ini-
tiative vor allem die Vielfalt der angebotenen
Gerichte steigern.“
Mittags um halb eins ist in der „L’Tamà“
jeder Platz besetzt. Hüttenwirt Christof Pit-
scheider, 49, serviert im Eilschritt Nocken und
Schlutzkrapfen, Spaghetti in allen Variationen,
Kaiserschmarrn, Grillwürste vom Dorfmetzger
und immer wieder auch den Gourmet-Teller.
Koch Martin fühlt sich „geehrt“, die Speisen
nach Rezepten der Sterne-Köche zuzuberei-
ten. „Der Austausch mit ihnen macht Freude“,
schwärmt er. „Das sind coole Typen – und ich
lerne jedes Jahr wieder etwas dazu.“ Dabei
hat der 39-Jährige einige Jahre in 4-Sterne-
Hotels gearbeitet. Seit die „L’Tamà“ vor zwölf
Jahren eröffnete, steht er hier am Herd in der
24 Quadratmeter kleinen Küche. Was ihm dar-
an gefällt? Er deutet mit dem Kopf durch die
offene Tür zum Gastraum: „Ich sehe die Leute
lächeln, wenn sie ihr Essen bekommen, ich
sehe, dass es ihnen schmeckt. Das motiviert
mich, und ich strenge mich noch mehr an.“
Ein Gast aus dem deutschen Schwabenland
telefoniert seine Zufriedenheit lautstark von
der Sonnenterrasse mitten im Schnee nach
Hause: „Es ist traumhaft. Traumhaft. Schöner
könnt’s nedd sein. Ich möcht nimmer weg.“
Das hieße dann aber so einiges verpassen.
Etwa von dem kleinen, ruhigen La-Crusc-
Gebiet hinauf auf das Piz-La-Ila-Hochpla-
teau oberhalb von San Cassiano, La Villa und
Corvara zu lifteln. Imposant schimmern die
Wände der Dolomiten gelblich im Sonnen-
licht. Die Hütten liegen nah beisammen. Zwi-
schen Gourmet-Teller und regionaler Spezia-
lität liegen nur ein paar Schwünge. Auch die
Auswahl der Pisten ist gigantisch. Alta Badia
ist Teil von Dolomiti Superski, dem größten
Skikarussell der Welt. Wie ein Spinnennetz


spannen sich hier oben mehr als 130 Kilometer
bestens präparierter Carving-Pisten.
Die meisten Abfahrten sind blau, einige rot,
also relativ einfach. Aber da ist auch die Gran
Risa, eine schwarz markierte Herausforderung.
Jedes Jahr im Dezember jagt hier die Elite
für Riesenslalom und Parallel-Riesenslalom
vom Piz La Ila hinab ins Tal.
Wer statt Tempo lieber Strecke machen
möchte, ist mit der Sella Ronda gut beraten,
einem Rundkurs aus Pisten und Liften rings
um das Sellamassiv, das wie ein gigantischer
Backenzahn in der Landschaft steht. Sehr zu
empfehlen ist ein Ausflug zum Lagazuoi mit
abschließender Fahrt im Pferdegespann nach
Armentarola.
„In Alta Badia kannst du eine Woche Ski fah-
ren und musst keine Piste zweimal nehmen“,
schwärmt Sterne-Koch Norbert Niederkofler,
der selbst ein passionierter Skifahrer ist und in
seiner Jugend an Rennen teilgenommen hat.
Dass auch der Gaumen ausreichend Ab-
wechslung bekommt, dafür hat Niederkofler
gesorgt. n

Der Gastraum ist gebaut
aus den alten Balken
eines Schafstalls, der
hier vorher stand

TIPP

Die erste Abfahrt auf
frischem Schnee, noch bevor
die Lifte öffnen. Der Wirt der
„Las Vegas“-Hütte zieht auf
Anfrage morgens ab halb
sieben Gäste mit seinem
Skidoo auf das Hochplateau.
In seiner Hütte wartet
ein opulentes Frühstücks-
büfett. Solchermaßen
gestärkt, kann es losgehen
auf den unberührten Pisten.

Hüttenwirt Christof
Pitscheider ist gelernter
Tischler. Die „L’Tamà“ ist
nur im Winter geöffnet
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