Focus - 21.09.2019

(Joyce) #1

Fotos: imago images (1), PR


FOCUSextra/2019 17

Wie kam es zu der Zusammenarbeit?
Durch einen witzigen Zufall. In Meran fiel mir
eine Fahrradpumpe im öffentlichen Außenbe-
reich auf. Sie sieht aus wie aus einem Stück
gegossen, extrem schön. Auf Nachfrage erfuhr
ich, Harry Thaler habe die Pumpe entworfen. Be-
kannt geworden ist er ja mit seinem „Pressed
Chair“, dem Stuhl, der aus einem einzigen Stück
Aluminium geschnitten und dann gebogen ist.
Ich habe ihn kontaktiert - und er sagte, er wolle
schon lange ein Fahrrad pressen. So haben wir
uns gefunden und losgelegt. Ganz ohne Plan, ob
das auch funktioniert.
So einfach geht das in Südtirol?
Einfach war zunächst gar nichts. Der klas-
sische Fahrradbau ist eine banale Geschichte,
man verschweißt Rohre. Will man den Rahmen
aber pressen, gleicht dies dem Karosseriebau von
Autos. Das ist ein wirklich krasser Schritt. Dafür
gab es keine Erfahrungen. Wir mussten das erst
mal entwickeln.
Ich meinte eher, ob Kreative in einem kleinen
Land wie Südtirol leichter zueinanderfinden?
Harry und ich sind zusammengekommen, weil
wir eine ähnliche Denke haben. Wir sind inter-
national ausgerichtet und suchen nach neuen
Ansätzen. Harry hat lange in London gelebt. Ich
war acht Jahre im Ausland. Zurzeit kommen etli-
che Kreative zurück nach Südtirol. Die meisten
suchen allerdings Ruhe, Rückzug und Konzen-
tration. Womöglich steigert ja genau das Krea-
tivität und Arbeitslust. Austausch untereinander
ist aber eher selten.
Ist Südtirol heute eher traditionell
oder international?
Unser kleines Land hat sich geöffnet. Hier lässt
sich beides finden. Im touristischen Bereich zum
Beispiel haben Gäste die Wahl zwischen Urlaub
auf dem Bauernhof oder im schicken Designer-
hotel. Beides ist offensichtlich sehr gefragt.
Welches sind typische Eigenschaften
eines Südtirolers?
Wir sind herzlich, etwas verschlossen, können
genießen und nehmen die angenehmen Seiten
des Lebens beherzt in Angriff.
Was genießen Sie im Winter am meisten?
Ich bin begeisterter Snowboarder und Skitou-
rengeher. Gern mache ich noch vor der Arbeit
eine Tour. Mich zieht es dann oft ins Skigebiet
Obereggen. Dort starte ich am Lift, wechsle rasch
in ein anderes Tal – und bin allein. Es geht 1400
Höhenmeter rauf, die Dolomiten im Blick. Oben
sitze ich ein wenig in der Sonne, auch das geht in
Südtirol im Winter. Um elf Uhr bin ich in der Fir-
ma und schaffe dann locker zehn Stunden Arbeit.
Welche ist Ihre Muttersprache?
Deutsch. Ich fluche aber auf Italienisch – wie
übrigens alle Südtiroler. Das funktioniert einfach
besser. Meine Kinder wachsen zweisprachig auf.
Mir hört man meinen deutschen Akzent an. In
Bozen ist die Umgangssprache üblicherweise Ita-
lienisch. Ob Deutsch oder Italienisch - eigentlich
spielt das keine große Rolle. n

Der perfekte Tag in Bozen
Italienischer Charme und Tiroler Gemütlichkeit, die Annehmlichkeiten
der Stadt und die Faszination der Natur – in Bozen liegen
solche scheinbaren Gegensätze nur wenige Schritte voneinander entfernt.
Insider-Tipps zum Ausprobieren

TIPPS

Am Morgen
Zum Frühstücken geht es auf den
Waltherplatz, das Wohnzimmer
der Bozener. Für die schnelle italieni-
sche Frühstücksvariante eignet sich
das „Stadt Hotel Città“. Einen
„caffè al banco“ („Espresso im Ste-
hen“), dazu eine Sfogliatella an der
Theke. Im „Parkhotel Laurin“ früh-
stückt man üppig. Unter Palmwedeln
gibt es lokale Spezialitäten: Strudel,
Speck, Käse und heimische Säfte.

Vormittag
Der Bummel durch die Stadt führt
entlang der pittoresken Laubengänge
zum Obstmarkt. Der Name irritiert,
denn hier gibt es, abgesehen von
Früchten, auch eine reiche Auswahl
an Käse, Speck oder Würsten.
Weiter geht es zur Wineboutique
Lisa in der Streitergasse, wo die
Inhaberin gerne und charmant berät.
Der Besuch bei Ötzi im Archäologie-
museum ist Pflicht. Eine Kür die
Besichtigung des romantischen
Schlosses Runkelstein. Das Anwe-
sen mit den berühmten profanen
Fresken zu „Tristan und Isolde“ liegt
einen ausgedehnten Spaziergang ent-
fernt. Möchte jemand den Tag winter-
sportlich verbringen? Kein Problem:
Das nächste Skigebiet ist nie weit weg.
Direkt vor der Tür liegt das Rittner
Horn. Die Plose (s. Seite 18) ist nah,
und der Hotspot Gröden ist in rund
40 Minuten gut erreichbar.

Mittag
Skifahrer können getrost in nahezu
jede Hütte einschwingen und gutes
bis sehr gutes Essen erwarten.
Der Stadtbummler ist mittags im
„Italia & Amore“ gut aufgehoben.
Betreiber Norbert Kier kauft direkt
beim Hersteller. In lässigem Ambiente
zelebriert der Wirt die Lebensmittel.
Jedes Stockwerk ist einer
Spezialität vorbehalten: Fisch gibt
es auf der Dachterrasse, Fleisch
im zweiten Stock, Pasta im ersten,
Pizza im Erdgeschoss.

Nachmittag
Die Kletterhalle Salewa Cube
im Süden der Stadt ist eine Anlauf-
station sowohl für Bergsportbegeis-
terte als auch für Architekturfans.
Der Turm aus Beton, Stahl und Glas
beherbergt eine 18 Meter hohe Wand,
2000 Quadratmeter Kletterfläche
und rund 180 Routen in- und outdoor.
Da ist für jeden Climber, vom Anfänger
bis zum Profi, eine Herausforderung
dabei. Bei schönem Wetter lässt
sich eine Seite des Turms komplett
öffnen. Die Sonne scheint in die Halle
hinein, der Blick hinaus reicht bis zum
Kohlerer Berg. Ausruhen kann man
vortrefflich im „Bivac Bistro“ auf
dem Gelände. Ein Skitag wiederum
endet am angenehmsten in einer
Sauna. Wer beim Schwitzen gern ganz
privat ist, fährt zu Eschgfeller im
Sarntal. Die Wellness-Oase ver-
mietet Saunen an zwei Personen oder
kleine Gruppen. Diesen steht ein ab-
geschlossener Bereich zum Ausruhen
und Duschen zur Verfügung. Nun
muss man sich nur noch entscheiden:
finnische, Biosauna oder Dampfbad?

Abend
Der Abend beginnt mit einem
Aperitivo. Stilvoll nimmt man seinen
Apéro oder Cider im „Grifoncino“,
der eleganten Cocktailbar im
„Hotel Greif“. Zum Dinner darf es
gern etwas Besonderes sein.
Liebhaber von Steaks kehren im
„Eggentaler“ ein. Hier wird
das Fleisch auf dem Holzkohlegrill
zubereitet. Bodenständiger ist es im
Gasthaus „Vögele“ oder beim
„Kohlern“ (sehr schöner Blick ins
Etschtal). Dort stehen Schlutzkrap-
fen, Knödel in allen Variationen oder
herzhafte Marenden (Brotzeiten) mit
Käse und Speck auf der Speisekarte.
Dazu ein Glas Südtiroler Wein –
einfach lecker. Eine Übersicht über
ausgewählte Gasthäuser in ganz
Südtirol, die lokale Spezialitäten
servieren, finden Sie unter:
http://www.gasthaus.it
Free download pdf