Focus - 21.09.2019

(Joyce) #1

Fotos: Peter Rigaud/FOCUS-Magazin


FOCUS 39/2019 3

seit sich die Bilder der Feuer im Amazo-
nas-Regenwald in mein Hirn brannten,
zieht eine gewisse Angst in mir auf, wenn
ich Fotos gewaltiger Brände zu sehen
bekomme. In dieser Woche waren es
die Satellitenaufnahmen der schwarzen
Rauchwolken über Saudi-Arabien: Die
größte Ölförderanlage der Welt stand in
Flammen!
Großer Gott, auch das noch, dachte
ich zu Beginn der Woche, die ganz im
Zeichen des Klimaschutzes stand. Am
Freitag wurde weltweit demonstriert,
während zeitgleich in Berlin das Klima-
kabinett der Regierung tagte und einen
Maßnahmenkatalog diskutierte – es geht
unter anderem um Abwrackprämien für
Ölheizungen und zusätzliche Kaufanrei-
ze für Elektrofahrzeuge.
Ein Thema spielte indes kaum eine Rol-
le: der Pendel-Irrsinn der Regierungsbe-
amten, die seit rund 20 Jahren zwischen
Bonn und Berlin hin- und herjetten. Allein
im Jahr 2018 buchten Angestellte und
Beamte unserer Regierung 109 422 Ti-
ckets für mehr als 200 000 Hin- und Rück-
flüge zwischen Bonn und Berlin. Im sel-
ben Zeitraum pendelten Beamte lediglich
26661-mal mit der klimafreundlicheren
Bahn. FOCUS hat die Deutschen gefragt,
was sie davon halten, dass es heute nach
wie vor zwei Regierungssitze gibt. Die

Antwort ist eindeutig: Die Mehrheit der
Bundesbürger würde diesen Zustand
gern geändert sehen – auch vor dem Hin-
tergrund der Klimadiskussion.
Wenn über den Klimawandel berichtet
wird und über das, was Menschen und
Regierungen dagegen tun können, geht
es oft um Verbote, um Kosten und Mühen.
Doch eine neue Studie zeigt, dass Klima-
politik auch finanzielle Vorteile mit sich
bringen kann – in Billionenhöhe.
Eine Kommission unter dem Vorsitz des
ehemaligen Uno-Chefs Ban Ki-moon, der
Weltbank-Chefin Kristalina Georgieva
und des Microsoft-Gründers Bill Gates
hat ein Jahr lang Daten gesammelt und
analysiert. Jetzt liegt der Abschluss-
bericht vor: Demnach werden Klima-
schutzmaßnahmen weltweit in den fünf
wichtigsten Kategorien rund 1,64 Billio-
nen Euro bis 2030 kosten. Ihr Nutzen
dürfte aber weit größer ausfallen: Die
Kommission geht von einem Gewinn von
6,4 Billionen Euro aus. Dazu haben die
34 Fachleute der „Global Commission on
Adaptation“, wie sie offiziell heißt, fünf
Bereiche definiert: Frühwarnsysteme für
extreme Wetterlagen wie etwa Stürme
oder Fluten, umweltfreundlichere Infra-
strukturen, Trockenfeldbau, der Schutz
von Mangrovenwäldern und besseres
Wasser-Management.
Kommende Woche will UN-General-
sekretär António Guterres auf einem
Sondergipfel zu mehr Klimaschutz auf-
rufen, denn ausgerechnet die größten
Klimasünder lehnen momentan noch
strengere Ziele ab.
„Es bringt nichts, der Menschheit per-
manent Angst einzujagen, man kann
nur fordern, dass alle Staaten und Regie-
rungschefs sich bemühen und zusam-
menstehen.“ Auch dieser Satz von Rein-
hold Messner, der vor zwei Ausgaben
der Titelheld von FOCUS war, ist ein
Ratschlag für die Ewigkeit.

Von Robert Schneider, Chefredakteur

Liebe Leserinnen, liebe Leser,

Warum leisten wir uns noch


zwei Regierungssitze?


Herzlich Ihr

EDITORIAL

Bonn-Berlin Die Mehrheit der Deutschen ist
aus Klimaschutzgründen gegen zwei Sitze

13%
11%

76%

weiß
nicht/
k. A.

ja nein

West

75%

Ost

83%

Verteilung West/Ost

FOCUS fragte: Halten Sie zwei
Regierungssitze noch für zeitgemäß?

Quelle: Kantar Emnid

Dieser Text


zeigt evtl. Pro-


bleme beim


Text anZeitlose Eleganz
kostet Geld.

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