Focus - 21.09.2019

(Joyce) #1

POLITIK KLIMA


LESERDEBATTE
VON FOCUS
ONLINE

Foto: dpa

34 FOCUS 39/2019


Klima-Masterplan Im Juli 2019 übergab Schmidt ein Sondergut­
achten der fünf Wirtschaftsweisen an die Bundeskanzlerin

Politiker mit neuen Ideen um die Ecke.
An Edenhofers Tisch sitzen oft Politiker
und fragen: „Herr Professor, wie werden
wir das Kohlendioxid wieder los?“
Im Juni war die Kanzlerin mit ihrem
Kanzleramtschef da. Zwei Stunden lang
stellte sie Fragen. Edenhofer schwärmt
von diesem Moment. „Ich war richtig
stolz auf mein Team. Wir waren etwa
20 Leute, quer durch die wis-
senschaftlichen Disziplinen, und
wir konnten alle Fragen kom-
petent beantworten. Immer-
hin haben wir die wohl mäch-
tigste Frau der Welt bei uns zu
Gast gehabt, das war schon ein
außergewöhnlicher Moment.“
Diese Frau, sagt Edenhofer, „ist
unglaublich kenntnisreich und
erstaunlich firm in Detailfragen.
Sie fragt viel nach. Sie hört zu.
Das machen nicht sehr viele
Politiker.“


Klima-Aktionismus verärgert
die Experten


Einige Wochen später waren
Edenhofer und Schmidt zu Gast
bei einer Kabinettssitzung im
Kanzleramt. „Die Ministerin-
nen und Minister sind uns mit
großer Offenheit begegnet“,
sagt Schmidt, der ein Sondergutachten
seiner Wirtschaftsweisen dabei hatte.
„Das war für uns als Politikberater eine
sehr positive Erfahrung.“ Der Normalfall
sieht ganz anders aus. Edenho-
fer erzählt: „Ich spreche häufig
mit Politikern. Manchmal muss
man 20 Minuten warten, bis
die ausgesprochen haben und
dann hoffen, dass man etwas
sagen darf.“
Bei jedem Problem stellen
die meisten Politiker sofort die
Fragen: Was kommt politisch
dabei heraus? Wer gewinnt, wer
verliert? Und ist das überhaupt
mehrheitsfähig? Edenhofer ist
zwar Politikberater. Aber die
Politik müssen schon die Poli-
tiker selbst machen, findet der
Wissenschaftler.
Im Dezember 2018 veröffent-
lichten Schmidt und Edenhofer
ein Papier. „Ein sektorübergrei-
fender und weltweiter CO 2 -Preis
ist das kosteneffektivste Instru-
ment“, um den globalen Tem-
peraturanstieg auf deutlich


unter zwei Grad Celsius zu begrenzen.
Der Aufsatz wäre wie viele andere davor
wohl untergegangen, wäre da nicht Greta
Thunberg gewesen. Seit einigen Wochen
streikte die junge Schwedin in ihrer Hei-
mat und startete damit eine weltweite
Bewegung. Erst mit den Schülerprotes-
ten bekamen die Ökonomen die nötige
Aufmerksamkeit. Schmidt und Edenhofer

hätten sich gewünscht, dass die eigenen
Ideen und Argumente vor allem deswegen
gehört werden, weil sie überzeugend sind.
„Aber wenn sie jetzt erst mit einiger Ver-
zögerung diese Aufmerksamkeit
wegen Greta Thunberg und ,Fri-
days for Future‘ erhalten“, sagt
Schmidt, „kann ich damit auch
sehr gut leben.“
Edenhofer macht seinen Job
schon ziemlich lange. Vor sei-
ner Zeit in Potsdam saß er im
Weltklimarat IPPC. Sein Fazit
aus dieser langen Zeit an der
Schnittstelle zwischen Wissen-
schaft und Politik ist ernüch-
ternd: „Wir verstehen die nicht,
und die verstehen uns nicht.“
Was Edenhofer nicht versteht,
ja was ihn ärgert, ist der politi-
sche Aktionismus, das hektische
Ventilieren undurchdachter Vor-
schläge. Etwa die Klimaanlei-
hen, wie sie Wirtschaftsminister
Peter Altmaier (CDU), aber auch
einige führende CSU-Politiker in
die Debatte eingebracht haben.
Die Bürger sollen dem Staat

Geld für Klimaprojekte zu einem Zins-
satz von zwei Prozent leihen. Der Staat
kann sich aber Geld am Kapitalmarkt bor-
gen – und muss bei den derzeit negativen
Zinsen nichts dafür zahlen, er bekommt
Geld von seinen Gläubigern. „Den weni-
gen glücklichen Käufern dieser Anleihe
macht der Staat also ein Steuergeschenk“,
sagt Edenhofer. Dann könne man gleich
das Geld in den Klimaschutz
investieren. „Nach kurzem
Nachdenken wird jedem sofort
klar, dass dieser Vorschlag gro-
ßer Unsinn ist.“
Warum aber bleibt die Politik
nicht bei der reinen Lehre, wie
sie Schmidt und Edenhofer ver-
treten? Eine mögliche Antwort
ist: Die Regierung will bewei-
sen, dass sie das Problem tat-
sächlich erkannt hat, es lösen
will und kann. Viel hilft viel ist
aus Sicht der Wissenschaftler
aber der völlig falsche Ansatz.
Schmidt meint, die Politik müs-
se lernen loszulassen. „Das fällt
ihr erkennbar schwer.“
Zum anderen will die Regie-
rung den Bürgern offenbar die
Angst nehmen, dass sie finanzi-
ell überfordert werden und sich
ihr Auto nicht mehr leisten kön-
nen. Eine entscheidende Frage ist daher,
was mit den Einnahmen der CO 2 -Abga-
be passiert. Ein Teil könnte direkt an die
Bürger zurückgezahlt werden, mit einem
anderen Teil könnten die Stromsteuer
abgeschmolzen und die EEG-Umlage
finanziert werden. „Wer wenig Energie
verbraucht, hat dann im Zweifel sogar
mehr Geld“, sagt Schmidt. „Wichtig ist
nur, dass die Nutzung fossiler Energieträ-
ger wie Kohle und Öl teurer wird.“
Innerhalb weniger Wochen muss die
Bundesregierung aus ihren Beschlüssen
nun Gesetze machen. Doch selbst wenn
der CO 2 -Preis in Deutschland funktioniert,
war dies nur der Anfang. Als Nächstes
muss der Europäische Emissionshandel
reformiert werden, damit es künftig ein
einheitliches System in ganz Europa gibt –
für Strom, Kraftstoffe, Landwirtschaft,
Heizungen, überall, wo Emissionen ent-
stehen. „Wir müssen uns europäisch und
international koordinieren“, sagt Schmidt.
„Nur wenn China und die USA perspek-
tivisch unserem Weg folgen, können wir
letztlich das Klima schützen.“ Der Wissen-
schaftler hofft, dass es nicht wieder zehn
Jahre dauert, bis man auf ihn hört. n

Politik muss den Menschen mutig sagen: Ja, der Klimaschutz wird Geld kosten


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