Focus - 28.09.2019

(Jacob Rumans) #1
Schwarz-
dornzweige

Salzwasser-
Auffangbecken 5 %

Wind

30 FOCUSffGESUNDHEIT


tätssiegel zeichnet Orte aus, die
Gästen mit Allergien beste Voraus­
setzungen für einen beschwerdefrei­
en Aufenthalt bieten. Restaurants,
Cafés, Bäckereien und Metzgereien
haben Angebote für Menschen mit
Nahrungsmittelunverträglichkeiten.
In den städtischen Rabatten und
Grünanlagen gedeihen allergenarme
Pflanzen. Hotels wie Ferienwohnun­
gen achten bei Fußböden und Betten
darauf, dass Allergiker keine Prob­
leme bekommen.


Flüssiges Salz aus
warmen Quellen


Auch in Bad Staffelstein sprudelt
Solewasser. Die Sole wurde 1975 ent­
deckt: Mit einer Mineralisierung von
zwölf Prozent strömt das kostbare
Wasser aus 1600 Meter Tiefe an die


Erdoberfläche. Seine Temperatur
von 52 Grad Celsius macht den Ort
zur wärmsten Thermalsole Bayerns.
Sole sei quasi flüssiges Salz, er­
läutert Markus Kleuderlein, Physio­
therapeut in der örtlichen Therme.
„Beim Inhalieren wirkt sie schleim­
lösend, desinfizierend und abschwel­
lend. Das ermöglicht eine freiere
Atmung und besseres Abhusten.“
Dass die Inhalationstherapie bei
Asthma, COPD, chronischen Nasen­
nebenhöhlenerkrankungen, Heu­
schnupfen, Erkältungen oder Kehl­
kopfentzündungen lindernd wirkt,
ist wissenschaftlich bewiesen.
Andere Studien belegen zudem,
dass Sole­Inhalationen Atemwegs­
infekten vorbeugen. Die salzreiche
Luft verbessert die Befeuchtung und
Durchblutung der Schleimhaut in
den Bronchien. Das regt deren

SOLE I ATEMWEGE


Natürlicher Zerstäuber
Die an dem Gradierwerk
herabrieselnde Sole reichert
die Atemluft mit Salz an.
Hinaufpumpen Auf fünf Pro­
zent verdünntes Solewasser
wird in das Auffangbecken
oben auf dem Gradierwerk
gepumpt.
Herabrieseln Über die ge­
samte Schwarzdornwand rie­
selt die Sole auf der windzu­
gewandten Seite herunter.
Der Wind drückt die Flüssig­
keit durch die Dornenbüsche.
Aerosole Die feingliedrigen
Äste zerstäuben jeden Trop­
fen in Tausende Solekristalle.
Die Luft an der windabge­
wandten Seite ist salzhaltig.

Selbstreinigungsmechanismus an:
Die Flimmerhärchen schlagen
schneller und befördern Fremdstof­
fe und Krankheitserreger effektiver
aus der Lunge.

Atemtraining
am Gradierwerk

Damit die feinen Soletröpfchen
aus der Luft die Bronchien errei­
chen, ist eine spezielle Atemtechnik
hilfreich, sagt Physiotherapeut Mar­
kus Kleuderlein. „Die meisten Men­
schen atmen eher flach. Beim Atem­
training übe ich mit unseren Gästen,
tief durch die Nase in den Bauch
einzuatmen, die Luft kurz anzuhal­
ten und dann kräftig auszuatmen. So
dringt die Sole bis in die unteren
Bereiche der Lunge vor und kann
dort wirken.“
Am Gradierwerk im Kurpark von
Bad Staffelstein lässt sich von Os­
tern bis in den Spätherbst hinein die
Atemtechnik perfekt einüben. Die
haushohen Holzständerbauten sind
mit Schwarzdornsträuchern ausge­
stopft, durch die beständig Salzwas­
ser rieselt. Auf dem Weg durch das
Astwerk zerstäuben die Tropfen zu
feinstem Nebel. Dieser befeuchtet
die Atemwege der Kurgäste, die tief
durchatmend an dem 55 Meter lan­
gen, doppelflügeligen Freiluftinhala­
torium entlangspazieren.
Riecht es nach Algen, Muscheln,
nassem Stein? Die Geruchsempfin­
dungen variieren. Aber niemand be­
streitet, dass es irgendwie nach Meer
duftet. „Weht der Wind durch die
Reisigbündel, dann fühlt sich das
wirklich an wie an der See“, bestätigt
Physiotherapeut Kleuderlein.
Warum also noch ans Meer fah­
ren, wenn man Seeluft auch in Bay­
ern atmen kann? 
SINA HORSTHEMKE Infografik: Oleksiy Aksonov
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