Focus - 28.09.2019

(Jacob Rumans) #1

POLITIK


Fotos: REUTERS, AFP

46 FOCUS 40/2019


Gegnerin I
Nancy Pelosi, 79

Der US-Präsident hat mal wieder Ärger: Die Demo-
Impeachment für Trump? kraten prüfen, ob sie ihn aus dem Amt jagen können

WAS IST PASSIERT?
Die Affäre begann mit einem „netten Gespräch“
am Telefon, wie es Donald Trump ausdrückt.
Am 25. Juli gratulierte der US-Präsident dem
neuen ukrainischen Präsidenten Wolodymyr
Selenskyj zum Wahlsieg. In dem Telefonat
habe er sich auch über die Korruption in der
Ukraine beklagt, erinnert er sich.
Das war aber nicht alles: Trump bat Se-
lenskyj – so subtil es ihm möglich ist – um
belastendes Material gegen
Ex-Vizepräsident Joe Biden.
Biden ist bei den Demokraten
Favorit für die Präsidentschafts-
kandidatur und könnte Trump
bei der Wahl im November
2020 herausfordern. Der Präsi-
dent fürchtet eine Niederlage
gegen Biden.
Trump sprach im Telefonat
über Bidens Sohn Hunter und
dessen frühere Geschäfte in der
Ukraine. Biden soll als Vizepräsi-
dent seinen Sohn damals vor Kor-
ruptionsermittlungen geschützt
haben, indem er die Entlassung
des Staatsanwalts erwirkte. Laut
veröffentlichtem Telefonprotokoll
insistierte Trump mehrfach
gegenüber Selenskyj: „Es wäre gut,
wenn Sie das prüfen könnten.“
Problematisch ist vor allem
Trumps angebliche Drohung, die
bisher nicht offiziell bestätigt ist:

Sollte Selenskyj sich weigern, würden die USA
ihre eingefrorene Militärhilfe für die Ukraine
(400 Millionen Dollar) weiter zurückhalten,
soll Trump zu verstehen gegeben haben. Diese
Drohung würde einen Missbrauch staatlicher
Macht für eigene Vorteile darstellen.

WIE GEFÄHRLICH WIRD ES FÜR TRUMP?
Die Affäre könnte zu seinem Sturz führen.
Nancy Pelosi, Präsidentin des Repräsentan-
tenhauses, kündigte eine Unter-
suchung an. Sie will prüfen, ob
es genügend Indizien für ein
Impeachment (Amtsenthebung)
gibt. Laut Verfassung kann der
Präsident wegen Verbrechen
(„High Crimes and Misdemea-
nors“) abgesetzt werden. Stim-
men die Vorwürfe, hätte Trump
sein Amt und öffentliche Gelder
in eigener Sache missbraucht.
Allerdings ist der Nachweis nicht
einfach. Bislang gab es in der
Geschichte der USA nur zwei Ver-
suche, einen Präsidenten per
Impeachment abzusetzen: Bill
Clinton und Andrew Johnson.
Beide scheiterten.

WAS WIRD IN WASHINGTON
GEREDET?
Viele Beobachter vermuten,
Trump könne ein Amtsenthe-
bungsverfahren im Wahlkampf

sogar nützen. Der Präsident könnte seine
Wahlkampfgegner nämlich als wild gewor-
dene „Trump-Hasser“ attackieren, die ihn
nur deshalb absetzen wollten, weil sie ihn
nicht anders besiegen könnten. In den
Augen seiner Fans würde ihn das wohl
endgültig zum Märtyrer erheben.

WAS SAGT TRUMP?
Der Präsident wehrt sich, wirft den Demo-
kraten eine „Hexenjagd“ vor. Zwar gibt er zu,
dass er mit Selenskyj über Biden gesprochen
hat. Er beteuert aber: „Es gab keine Abma-
chung über Gegenleistungen.“ Gegen Biden
wütete er per Twitter: Wenn ein Republikaner
je das getan und gesagt hätte, was Biden
getan und gesagt habe, dann wäre er auf
dem elektrischen Stuhl gelandet.

WIE GEHT’ S JETZT WEITER?
Nancy Pelosi nannte bislang weder Details
noch einen Zeitplan zu der eingeleiteten
Untersuchung. Bisher hatte sie ein Amts-
enthebungsverfahren aus politischen
Gründen abgelehnt. Zwar dürfte es für eine
Anklage im von Demokraten dominierten
Repräsentantenhaus die erforderliche
Mehrheit von 218 Stimmen geben. Das
eigentliche Verfahren fände dann im Senat
statt, wo die Republikaner an der Macht
sind. Ein Schuldspruch scheint damit so
gut wie ausgeschlossen. n

PETER GRUBER

»
Trumps Bereit-
schaft zum
Amtsmissbrauch
und zur Ernied-
rigung unseres
Landes kennt
keine Scham-
grenze

«
Joe Biden,
Präsidentschaftskandidat

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