Focus - 28.09.2019

(Jacob Rumans) #1
BÖRSE

Primärmarkt Primärmarkt


Unternehmen A
hat moderne Anlagen und
benötigt nicht alle Zertifikate

erhöhte
CO�-Emission

geringere
CO�-Emission

Unternehmen B
benötigt mehr
Zertifikate


Umweltbundesamt

EEX


versteigert und
teilt Zertifikate zu
via EEX

versteigert und
teilt Zertifikate zu
via EEX

Sekundärmarkt


Untern
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andeln überschüssige Zertifikate untereina

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FOCUS 40/2019 69

So funktioniert der CO 2 -Handel


dann für die Luftfahrt. Heute wickeln alle CO 2 in Zahlen
EU-Staaten außer Großbritannien den
Zertifikatehandel über die EEX ab.
Das Geschäft mit den Verschmutzungs-
rechten spielt sich auf zwei Märkten ab,
die beide in Leipzig gesteuert werden.
Auf dem Primärmarkt bietet die EU den
potenziellen Luftverschmutzern Zertifika-
te an. Zu diesen Luftverschmutzern zählen
europaweit derzeit rund 11 000 sogenann-
te stationäre Anlagen, etwa Kraft- oder
Stahlwerke. 1870 dieser Anlagen stehen
in Deutschland. Sie gehören zu Konzernen
wie Thyssenkrupp oder Energieriesen wie
RWE, hinzu kommen noch die Flugeuge
von 72 Fluglinien.

Der CO 2 -Preis hat sich verfünffacht
Die Unternehmen dürfen nun entspre-
chend der Anzahl der Zertifikate, die sie
besitzen, CO 2 verursachen. Aber was,
wenn eine Firma mehr CO 2 verursacht,
als ihr Zertifikate gehören?
Für diese Fälle gibt es an der EEX einen
zweiten Markt (Sekundärmarkt). Dort
handeln die Firmen untereinander mit
den Zertifikaten. Wer beispielsweise mehr
CO 2 ausstößt als geplant, muss Zertifikate
von Firmen kaufen, die weniger Schad-
stoffe als geplant verursachen – bei-
spielsweise weil sie weniger Waren her-
stellen als erwartet oder schadstoffärmer
produzieren.
16 Arbeitsplätze mit jeweils vier Bild-
schirmen stehen im Handelsraum der
EEX. „Market Operations“ nennen sie das
hier. Der blaue Teppichboden schluckt

die wenigen Sätze, die die
Mitarbeiter miteinander
wechseln. Die Telefone
klingeln leise, das Tip-
pen auf den Computertas-
taturen verschwimmt zu
einem metallischen Sur-
ren. An der Wand hängt
ein Flachbildschirm. Der
Ton ist abgedreht. Nach-
richtensender sollen den
Börsenbetreibern den kur-
zen Moment der Vorbe-
reitung ermöglichen, falls
gravierende Ereignisse
den Energiemarkt durch-
einanderwirbeln.
Der Preis für gehandel-
te Zertifikate wird täglich
ermittelt. Er hängt von
Angebot und Nachfrage
ab – und von der An-
zahl der Zertifikate insge-
samt. Die EU zieht jedes
Jahr 1,74 Prozent der Ver-
schmutzungsrechte aus
dem Markt. Das soll die
Firmen animieren, weni-
ger CO 2 zu verursachen.
Jahrelang dümpelte der Preis für die
Tonne CO 2 um den Wert von fünf Euro.
Seit Mitte 2017 zieht er jedoch merklich
an und hat sich auf rund 26 Euro mehr als
verfünffacht. „Weil die Nachfrage gestie-
gen ist“, sagt Börsenfachmann Wölfer.
Der Emissionshandel rechnet sich – je-
denfalls für die Politik. Insgesamt 14 Mil-

liarden Euro nahm die EU
mit der Zuteilung der Ver-
schmutzungsrechte 2018
ein. Rund 2,5 Milliarden
Euro davon entfielen auf
Deutschland. Der Betrag
floss in den Energie- und
Klimafonds der Bundes-
regierung, mit dem der
Kauf von E-Autos und Hei-
zungssanierungen geför-
dert werden.
Aber auch der Ausstoß
des klimaschädlichen Koh-
lendioxids geht zurück.
In den Branchen, die am
Emissionshandel teilneh-
men, sank der CO 2 -Aus-
stoß seit 2005 um fast ein
Drittel. „Das zeigt, dass
der Handel funktioniert“,
sagt Daniel Wragge, Chef-
lobbyist der EEX.
Wragge und der EEX-
Vorstand würden am liebs-
ten schon morgen die Plä-
ne der Regierung für einen
nationalen Zertifikatehan-
del umgesetzt sehen. Kurz
vor der Einigung auf das Klimakonzept
hatten sie Merkel und sieben Ministern
in einem Schreiben die Vorzüge handel-
barer Verschmutzungsrechte aufgelistet.
Mit Hintergedanken. EEX will auch den
nationalen Handelsplatz betreiben.n

JAN-PHILIPP HEIN

7,3
Gigatonnen

13,1
Gigatonnen
2005 2018 2030

869
563

993

Emission
2005–2018

Restbudget
ab 2019

Emissionen in Deutschland

Jan. 2017 Sept. 2019

Preisverlauf EU-Zertifikate
30 €

20 €

10 €

0 €

Runter Der CO 2 -Ausstoß Deutschlands
muss bis zum Jahr 2030 noch um
rund ein Drittel sinken

Rauf Der Preis für eine Tonne CO 2 an
der Energiebörse EEX in Leipzig zieht
seit Mitte 2017 deutlich an

Über die Strombörse
EEX verteilt und verkauft
das Umweltbundesamt
CO 2 -Zertifikate an Firmen
(Primärmarkt). Stößt ein
Unternehmen im Laufe des
Jahres weniger CO 2 aus
als erwartet, kann es über-
schüssige Zertifikate an
andere Firmen verkaufen,
die mehr CO 2 verursachen
(Sekundärmarkt).

Quelle: EEX

Quellen: EEX, UBA
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