Focus - 05.10.2019

(Ron) #1
DEUTSCHLAND

K


eine Frage, Philipp Amthor
provoziert. Die einen beklat-
schen seine Auftritte im Bun-
destag, die scharf formu-
lierten Argumente. Andere
lästern über sein Äußeres,
das Konservative, halten
ihn für gestrig. Zeit für ein Gespräch mit
dem CDU-Politiker unter Gleichaltrigen.
FOCUS-Reporterinnen trafen Amthor in
einer Bar in Berlin-Kreuzberg.

Herr Amthor, Bier oder Wein?
Was ist denn hier der Signature Drink?
Negroni Heureka oder Sbagliato mit Kräu-
tern aus dem Garten des Barkeepers.
Damit die Kräuter aus dem Garten nicht
umsonst gepflückt wurden, nehme ich den
Kräuter-Cocktail.
Was trinken Sie sonst am liebsten?
Cuba Libre finde ich gut. Gin Tonic
auch, der ist sogar gesünder.
Wie trinkfest müssen Politiker sein?
Das ist kein Kriterium. Es kommt auf
den Rahmen an, aber ich gehöre jeden-
falls nicht zu denen, die abends immer
nur ein stilles Wasser trinken.
Und am nächsten Tag sitzen Sie
mit Kater im Bundestag?
Das kommt nicht vor. Selbstdisziplin
ist wichtig. Und zur allergrößten Not gibt
es Aspirin.
Die CDU liegt in Umfragen stabil unter
30 Prozent. Es hagelt Kritik an
der Parteispitze. Müssen Sie
sich die Lage schöntrinken?
Alkohol ist keine Lösung.
Insgesamt halte ich aber auch
nicht viel von ständigen Perso-
naldiskussionen, es muss mehr
um Sachthemen gehen. Da
sind sowohl Partei als auch Par-
teispitze sehr gut aufgestellt.
Duzen Sie eigentlich Ihre
Parteichefin Annegret
Kramp-Karrenbauer?

Ja.
Und die Kanzlerin?
Nein.
Was hat Österreichs ehemaliger
und künftiger Kanzler Sebastian
Kurz, was AKK nicht hat?
Da würde ich jetzt keine Vergleiche
anstellen. Ich finde beide gut.
Die Begrenzung von Migration ist eines der
großen Themen von Kurz und von Ihnen.
Kurz hat mit der rechten FPÖ regiert. Lehnt
die CDU Bündnisse mit der AfD weiter ab?
Ja, dabei bleibt es. Die AfD wird nicht
von bürgerlichen und konservativen Wer-
ten zusammengehalten, sondern zualler-
erst von Ablehnung und Protest. Björn
Höcke und Andreas Kalbitz etwa können
sich nicht vom Extremismus abgrenzen.
Eine Partei, die so etwas duldet, ist nicht
koalitionsfähig. Die Wähler allerdings,
die zur AfD abgewandert sind, müssen
wir zurückgewinnen.
Wie will die CDU das schaffen?
Viele wählen die AfD nicht, weil sie
glauben, dass diese Partei ihre Probleme
löst, sondern weil sie von den anderen Par-
teien enttäuscht sind. Wir müssen also die-
se Enttäuschung verstehen und beheben.
Das klingt nach echtem Politiker-
deutsch. Was ist besonders
spießig an Philipp Amthor?
Konservativ zu sein hat per se nichts
mit Spießigkeit zu tun. Aber Sie spielen
auf diejenigen an, die auf mein
Äußeres abstellen. Das sagt für
mich allerdings mehr über den
Kritisierenden als über den Kri-
tisierten aus.
Heute Abend sind Sie ohne Kra-
watte vergleichsweise casual.
Nicht nur das, in diesem
lockeren Rahmen trage ich
sogar mal eine Jeans. Das erste
Mal in dieser Sitzungswoche.
Wie wichtig ist das Outfit
in der Politik?

Er ist 26 – und trotzdem gilt CDU-Politiker Philipp Amthor


vielen als altbacken und spießig. Stimmt das? Eine Begegnung


DJ Tiefschwarz


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Auf der
Couch trage
ich keine
Krawatte

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TEXT VON SARA SIEVERT UND AMELIE MARIE WEBER FOTOS VON JENS OELLERMANN

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