Handelsblatt - 04.10.2019

(nextflipdebug5) #1

2018 die längste ununterbrochene Aufschwungpha-
se seit dem Wirtschaftswunder erlebt. Doch viele
deutsche Unternehmen nutzten diese Chance
nicht. Das wird deutlich bei einem Blick auf jene
börsennotierten deutschen Unternehmen, die in
den Jahren 2009 bis 2018 am meisten Börsenwert
vernichtet haben. Trauriger Spitzenreiter bei der
Vernichtung von Aktionärsvermögen ist nach Han-
delsblatt-Berechnungen die Commerzbank. Wer
am 31.12.2008 für 100 Euro Commerzbank-Aktien
kaufte, hatte zehn Jahre später noch 14,70 Euro üb-
rig. Macht einen negativen Total Shareholder Re-
turn von im Schnitt 8,5 Prozent pro Jahr.
Nächster Wertvernichter: SGL Carbon. Das Un-
ternehmen konnte die Erwartungen, die in den
neuen Werkstoff Kohlefaser gesetzt wurden, nicht
erfüllen und hat pro Jahr 6,98 Prozent des Aktio-
närsvermögens vernichtet. Platz drei der größten
Wertvernichter belegt die Deutsche Bank mit mi-
nus 6,22 Prozent pro Jahr. Über die Hälfte des Ak-
tionärsvermögens haben innerhalb von zehn Jah-
ren auch die Heidelberger Druckmaschinen AG,
der Handelskonzern Ceconomy (vormals Metro
AG) und der Energiekonzern RWE vernichtet. Ins-
gesamt 16 Unternehmen in Deutschland haben
über den Zehnjahreszeitraum hinweg einen nega-
tiven Total Shareholder Return erwirtschaft. Nicht
berücksichtigt sind in dieser „Hall of Shame“ des
unternehmerischen Scheiterns Aktiengesellschaf-
ten, die seit weniger als zehn Jahren in Deutsch-
land börsennotiert sind (wie die Rocket Internet
AG) oder die in diesem Zeitraum durch Insolvenz
das Aktionärsvermögen sogar komplett vernichtet
haben (wie die Air Berlin AG).


2


Erfolgsfaktor
Kostensenken

An der Spitze des Rankings liegt die Siltronic AG,
die bis vor wenigen Jahren noch zum Mutterkon-
zern Wacker Chemie gehörte und erst 2015 den
Börsengang wagte. Zwischen 2015 und 2018 hat die
Siltronic AG das Vermögen ihrer Aktionäre pro Jahr
um nahezu die Hälfte gesteigert, der durchschnitt-
liche jährliche Total Shareholder Return liegt bei
48 Prozent. Dabei deutete bei Siltronic anfangs nur
wenig auf eine Erfolgsgeschichte hin. Kernprodukt
des Unternehmens sind Siliziumplatten, sogenann-
te Wafer, ein Vorprodukt für die Herstellung von
Computerchips und anderen Halbleitern. Ein Pro-
dukt, dessen Preis oft extrem schwankt, je nach
Nachfrage und Konjunkturverlauf. In der Finanz-
krise hatte die Siltronic AG ihren Umsatz von 2008
auf 2009 mehr als halbiert.


Es schlug die Stunde des damaligen und auch
heutigen Vorstandschefs Christoph von Plotho. Der
promovierte Chemiker, der sein Berufsleben be-
reits 1984 als Laborleiter bei Wacker Chemie be-
gonnen hatte, sagt von sich selbst: „Ich bin immer
ein Fan davon gewesen, an den Produktivitäten zu
arbeiten.“ Soll heißen: In einem Markt, in dem
man an den Preisen wenig ändern kann, sind die
Kosten der entscheidende Hebel.

Von PPPPPlPothooooo fordeeerte die einzelnen Bereiche sei-
nes Unternehmens auf, ihm ein abgestimmtes pro-
zezzzzzzzzzzzntuaaaaaaaaaaaalelllllllls Einsnnnnnnnnparuuuuuuuungnnnnnnsziel für die variablen Kosten
zu nennen. Im Rückblick erinnert er sich: „Es war
sesehrhrschwer aus den Leuten rauszuholen, was sie
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stseiigern.“ Gleichzeitig habe er sehr darauf geachtet,
die Sparerfolge bei Betriebsversammlungen oder
vor leitenden Angestellten immer als Leistung der
Belegschaft herauszustellen „und nicht als meine .Belegschaft herauszustellen – „und nicht als meine“.
Doch die Durststrecke bei Siltronic dauerte lang.
Als der Rest der deutschen Wirtschaft schon längst
wieder boomte, waren die Preise für Wafer noch
immer im Keller. 2012 lag das Ebitda der Siltronic
bei einer mageren Million Euro. Auch nach dem
Börsengang 2015 wies der Aktienkurs zunächst
nach unten. „Börsenkurse in der Halbleiterbranche
richten sich immer danach: Wann ist die Auslas-
tung endlich so hoch, dass die Preise mal hochge-
hen können?“, sagt von Plotho. Ab 2017 erholte
sich die Nachfrage, die Firma konnte Preiserhö-
hungen durchsetzen. Seitdem fährt Siltronic die
Ernte aus seinem Sparprogramm ein. Die niedri-
gen Kosten, gepaart mit den gestiegenen Preisen,
führen zu einer im Untersuchungszeitraum um
56 Prozent gestiegenen Ebitda-Marge.

3


Erfolgsfaktor
Wachstumswille
Die Sixt SE gehört seit Jahren zu den Ausnahmeer-
scheinungen unter den deutschen Familienkonzer-
nen. Trotz der Börsennotierung gilt im Unterneh-
men vor allem eine Stimme: die von Vorstandschef
und Unternehmerlegende Erich Sixt. Von Amtsmü-
digkeit ist bei dem 75-Jährigen nichts zu spüren.

Die besten deutschen Unternehmen
WOCHENENDE 4./5./6. OKTOBER 2019, NR. 191
52


Unternehmen mit der besten Entwicklung seit der Finanzkrise

Siltronic

Infineon

Sartorius

Jungheinrich

Sixt

Jenoptik

VTG

Axel Springer

Compugroup Medical

Grammer

Ebitda-Marge,
Veränderung 2018 im
Vergleich zum Tiefpunkt
48

37

29

25

33

18

18

17

12

20

+5

+15

+14

+10

+9

+13

+10

+12

+13

+7

PP

PP

PP

PP

PP

PP

PP

PP

PP

PP

1 2 3 4 5 7 8 9

10

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Durchschnittliche
Aktionärsrendite p. a.
im Zeitraum Tiefpunkt* bis 2018

Grundlage: Deutsche börsennotierte Unternehmen ab 500 Mio. € Umsatz; Auswahl: Berücksichtigt werden die höchste absolute
Verbesserung der Ebitda-Marge und größte Wertsteigerung zwischen Tiefpunktjahr in der Finanzkrise und 2018. Das Ranking
gewichtet die Kriterien hälftig.; Comeback Kids 2019 stammen aus fünf unterschiedlichen Branchen und variieren in Größe und
Struktur. PP = Prozentpunkte; *Bzw. seit Erstnotierung der Aktie HANDELSBLATT • Quellen: S&P Capital IQ, BCG-Analyse

Ich bin immer ein Fan


davon gewesen, an


den Produktivitäten zu


arbeiten.


Christoph von Plotho
Siltronic-Chef
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