Handelsblatt - 02.09.2019

(Barré) #1
Joachim Hofer Herzogenaurach

D


ie Raubkatze ist glänzend in
Form: Puma wächst stärker
als alle anderen führenden
Sportmarken. Um auch künftig
Quartal für Quartal deutlich mehr
Shirts, Shorts und Schuhe zu ver-
kaufen, sucht die neue Einkaufsvor-
ständin Anne-Laure Descours den
Schulterschluss mit den Fabrikbesit-
zern in Fernost. „Die Lieferanten
müssen investieren, damit wir
wachsen können. Deshalb ist es
wichtig, sie so weit es geht über un-
sere Geschäftspläne zu informie-
ren“, sagte die Managerin dem Han-
delsblatt.
Im Februar ist die Französin in
den Vorstand des Turnschuh-Her-
stellers eingezogen. War sie zuvor
nur für Bekleidung und Zubehör zu-
ständig, verantwortet die 53-Jährige
nun den gesamten Einkauf. Es ist ei-
ne Schlüsselposition in dem MDax-
Konzern.
Denn Vorstandschef Björn Gulden
hat den Investoren versprochen,
den Umsatz bis 2022 im Schnitt je-
des Jahr um zehn Prozent zu stei-
gern. Nur wenn es Descours gelingt,
zusätzliche Produktionskapazitäten
zu erschließen, wird der ehemalige
Profifußballer seine Ziele erreichen.

Descours lockt die Lieferanten ins-
besondere mit der Aussicht, dauer-
haft zusammenzuarbeiten. „Wir su-
chen langfristige Partnerschaften“,
betonte sie. Den weitaus größten
Teil der Waren bezieht Puma derzeit
von 25 Lieferanten, die Werke auf
der ganzen Welt betreiben. Insge-
samt arbeitet der Konzern mit rund
150 Herstellern zusammen. Die
wichtigsten Fabriken befinden sich
in Vietnam, China, Kambodscha, In-
donesien und Bangladesch.
Die Konkurrenten Nike und Adidas
sind kaum in Bangladesch vertreten.
Descours hält hingegen große Stücke
auf den Standort. „Bangladesch hat
sich hervorragend entwickelt, wir
glauben stark an das Land.“ 13 Pro-
zent aller Puma-Artikel stammten
2018 aus Bangladesch – drei Prozent-
punkte mehr als im Vorjahr.
So wie alle anderen internationa-
len Sportmarken verlässt sich auch
Puma komplett auf fremde Lieferan-
ten. Eigene Fabriken betreibt das
Label seit den 1980er-Jahren nicht
mehr. In aller Regel arbeiten die Zu-

Bangladesch

13


PROZENT
aller Puma-Artikel stammen
mittlerweile aus dem
südostasiatischen Land.

Quelle: Unternehmen

Sportartikelhersteller

Puma will Lieferanten enger an sich binden


Chefeinkäuferin Anne-Laure
Descours lockt Lieferanten
aus Fernost, um gegen die
Branchenriesen Nike und
Adidas zu bestehen.

lieferer stets für mehrere Marken.
Puma ist als Nummer drei der Sport-
industrie deutlich kleiner als Nike
und Adidas und muss daher stärker
um die Gunst der Lieferanten kämp-
fen.
So bemüht sich Descours um eine
besonders vertrauensvolle Zusam-
menarbeit. „Ein enger Informations-
austausch ist entscheidend“, so die
Managerin. Ihren Dienstsitz hat sie
daher nicht in der Zentrale in Herzo-
genaurach, sondern in Hongkong.
Dort lebt die Managerin seit einem
Vierteljahrhundert. Dadurch sind
ihre Wege zu den Lieferanten ver-
gleichsweise kurz, und sie kann die
Fabriken häufiger besuchen.

Engpässe in der Produktion
Ein gutes und enges Verhältnis ist
auch deshalb wichtig, weil die Kapa-
zitäten weltweit knapp sind. Selbst
Adidas hat Probleme, obwohl der
Konzern mehr als fünfmal so viel
Ware ordert wie Puma und daher in
den Werken entsprechend bevor-
zugt behandelt wird.
Doch auch der fränkische Lokal -
rivale von Puma kämpft seit Jahres-
beginn mit Lieferproblemen. Es gebe
Engpässe in der Bekleidungsproduk-
tion, warnte Adidas-Vorstandschef
Kasper Rorsted bereits im Frühjahr.
Dies schmälere das Umsatzwachs-
tum dieses Jahr um ein bis zwei Pro-
zentpunkte oder zwischen 200 und
400 Millionen Euro. Deshalb setzte
Rorsted schon im Februar Beschaf-
fungsvorstand Gil Steyaert vor die
Tür.
Adidas kauft gewaltige Mengen
ein: Die Firma hat eigenen Angaben
zufolge vergangenes Jahr mehr als
900 Millionen Artikel bei ihren Lie-
feranten bestellt, etwa die Hälfte da-
von Textilien. Puma macht keine An-
gaben zu Stückzahlen. Engpässe in
den Fabriken sind aber nicht der
einzige Grund, warum die Beschaf-
fung ganz oben auf der Agenda
steht.
Auch der Zollstreit zwischen den
USA und China bereitet den Sport-
konzernen Sorgen. Um die von Prä-
sident Donald Trump angekündig-
ten Einfuhrzölle auf Turnschuhe in
Amerika zu umgehen, nutzen die
Marken vermehrt Fabriken außer-
halb der Volksrepublik. Die Werke in
China produzieren inzwischen vor
allem für den lokalen Markt. Viet-
nam ist längst das wichtigste Ein-
kaufsland für Puma. Dort mangelt es
inzwischen an Arbeitskräften, weil
auch die großen Elektronikmarken
investieren.
Puma-Managerin Descours kämpft
aber nicht nur in den USA mit Ein-
fuhrzöllen. Zahlreiche Länder welt-
weit haben Schranken hochgezogen.
In Indien lässt sie daher für den
abgeschotteten Binnenmarkt lokal
fertigen, aus Madagaskar stammt
Ware für Südafrika, auch in Argenti-
nien entstehen Schuhe für das Ge-
schäft in dem Land. Weltweit ist sie
deshalb gezwungen, kleinere, regio-
nale Fertigungsstätten zu finden, um
Einfuhrbeschränkungen zu umge-
hen.
Die Analysten von Macquarie sind
fest davon überzeugt, dass der
Sportindustrie goldene Zeiten bevor-
stehen. Der globale Gesundheits-
trend sei eine gewaltige Chance,
ebenso der wachsende Markt in Chi-
na und auch das Geschäft mit Sport-
ausrüstung für Frauen.

Bei Puma läuft es jedenfalls rund.
Vorstandschef Gulden hat im Som-
mer die Prognose für das laufende
Jahr angehoben: Zu konstanten
Wechselkursen soll der Umsatz jetzt
um rund 13 Prozent steigen. Zuvor
hatte Gulden lediglich ein Plus von
zehn Prozent in Aussicht gestellt.
Zum Vergleich: Nike-Chef Mark Par-
ker erwartet ein Umsatzplus im lau-
fenden Geschäftsjahr von maximal
neun Prozent. Adidas-Boss Rorsted
sagt einen Zuwachs von höchstens
acht Prozent voraus.
Um langfristig genügend Ware zu
bekommen, schaut sich Descours
mittlerweile auch schon einmal au-
ßerhalb der etablierten Produktions-
standorte um. Länder wie Äthiopien
würden künftig vermutlich eine grö-
ßere Rolle spielen, meint sie. Aller-
dings könnte das noch einige Jahre
dauern.

Anne-Laure Descours:
Seit Februar verantwortet
die Französin Pumas
weltweiten Einkauf.

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MITTWOCH, 2. OKTOBER 2019, NR. 190
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