Handelsblatt - 02.09.2019

(Barré) #1

Simone Menne: Sie sitzt im Aufsichtsrat von
BMW und Post – und stellt jetzt auch Kunst aus.


Thomas Heweling

Catrin Bialek Düsseldorf

F


ür das Karrierenetzwerk Xing ste-
hen zwei wichtige Veränderungen
an. Zum einen heißt das Hambur-
ger Unternehmen künftig New
Work, zum anderen gibt es einen
Wechsel an der Führungsspitze: Petra von
Strombeck löst im kommenden Mai den bis-
herigen CEO Thomas Vollmoeller ab. Das Un-
ternehmen, dessen Geschäftsmodell das Ver-
netzen von berufstätigen Menschen und das
Verbreiten neuer Arbeitsformen ist, ist damit
eines der wenigen deutschen Tech-Unterneh-
men, die von einer Frau geführt werden.
Die Ablösung von Vollmoeller überrascht
weniger. Er ist seit 2012 CEO des börsenno-
tierten Unternehmens, das mehrheitlich dem
Münchener Medienunternehmen Burda ge-
hört. Bereits im vergangenen Jahr hatte der
Manager seinen Abschied angekündet. Mit
der nächsten Hauptversammlung im Mai
2020 soll der Chefwechsel vollzogen werden.
Von Strombeck fängt bereits Anfang Januar
2020 bei Xing an, zunächst als Vorstandsmit-
glied.
Die 50-Jährige verfügt über fundierte
Kenntnisse in der deutschen Internetwirt-
schaft. Seit 2012 ist die Diplom-Kauffrau Vor-
standsvorsitzende der Lotto 24 AG. In dieser
Zeit kippte das Verbot von Internet- und TV-
Werbung für Lotto 24, und der Börsenkurs
der Firma stieg rasch an. In ihrer Amtszeit
hat sich die Marktkapitalisierung des Unter-
nehmens mehr als verzehnfacht.
Zuvor war von Strombeck zwei Jahre lang
Vorstand der Tipp 24 SE. Sie war zudem Ge-
schäftsführerin der Serpie S.A.S., einer fran-
zösischen Tochter der Tchibo GmbH, verant-
wortete den E-Commerce bei der Tchibo Di-
rect GmbH und leitete drei Jahre lang bei
Premiere Medien (heute Sky Deutschland)
das Marketing. Von Strombeck „verfügt über
eine langjährige und ausgewiesene Expertise
in den Bereichen Online und E-Commerce.
Ihre Erfolgsbilanz ist beeindruckend“, sagte
Stefan Winners, Aufsichtsratsvorsitzender
von New Work.
In der Karrierenetzwerk-Welt ist die Mana-
gerin allerdings ein Neuling. Doch die Bran-
che und das Unternehmen erfinden sich ge-
rade neu. Dies ist einer der Gründe, warum
das Unternehmen Xing, das 2003 von dem
Internetunternehmer Lars Hinrichs unter
dem Namen Open BC gegründet wurde,
künftig New Work, neue Arbeit, heißt. Es be-
sitzt Kununu, eine Onlineplattform für Ar-
beitgeberbewertungen, und Hallo Freelancer,
ein Webportal für Freiberufler. „Die New
Work SE ist hervorragend positioniert und
besetzt mit ihren Produkten und Aktivitäten
rund um die ‚Zukunft der Arbeit‘ ein Thema
von großer gesellschaftlicher Relevanz“, teilte
die designierte Chefin mit.
Vollmoeller hinterlässt ein gut bestelltes
Haus. So hat sich in seiner bisherigen Amts-
zeit der Börsenkurs mehr als versechs-
facht, Umsatz und Gewinn legten um das
Vierfache zu. Die Anzahl der Xing-Mitglie-
der stieg von rund sechs auf 17 Millionen,
die der Mitarbeiter von 500 auf etwa 1 800
2019.

Die Karriereplattform Xing vernetzt nicht
nur Berufstätige miteinander, sie dient auch
als Plattform für Branchennachrichten. Mit
dieser Positionierung rivalisiert Xing mit dem
Wettbewerber LinkedIn, der ebenfalls auf ei-
ne breit angelegte Content-Strategie setzt.
Doch bis heute konnte LinkedIn, das 2015
von dem Tech-Konzern Microsoft gekauft
wurde, dem deutschen Wettbewerber nicht
die Marktführerschaft streitig machen. Das
US-Netzwerk zählt etwa 13 Millionen Mitglie-
der im deutschsprachigen Raum.
Das große Wachstumsfeld der Firma heißt
E-Recruiting – das Vermitteln von Fachkräf-
ten über die Onlineplattform. Um diesen Be-
reich auszubauen, hat Xing in diesem Jahr et-
wa das Berliner Start-up Honeypot gekauft.
Auf seinem Xing-Account schrieb Vollmoel-
ler am Montag über die neue Form des Arbei-
tens. So meinte der Firmenchef, der einst
Schlagzeilen mit der Meldung machte, er
würde ein mehrmonatiges Sabbatical einle-
gen: „Wer will denn, bitte, wirklich noch in
restriktiven, patriarchalischen Unternehmen
große Teile der eigenen Lebenszeit und Ener-
gie investieren?“ Die Kultur einer Firma sei
inzwischen ein „wesentlicher Erfolgsfaktor“.

Petra von Strombeck


Neuer Name,


neue Chefin


Das Karrierenetzwerk Xing nennt sich in New Work SE um – und


wird ab Mai nächsten Jahres von einer Frau geführt.


Petra von Strombeck:
Den Börsenwert von
Lotto 24 verzehnfacht.

New Work SE

Ihre


Erfolgsbilanz


ist beein -


druckend.


Stefan Winners
Aufsichtrats -
vorsitzender von
New Work (Xing)

Klaus Hommels


Wettbewerb um die


digitale Führung


BERLIN Premiere bei
der Europe Business
School Berlin (ESCP):
Die Hochschule hat
am Dienstag ihr Cen-
ter für digitale Wettbe-
werbsfähigkeit gestar-
tet. Zum Gründernetz-
werk der Einrichtung
zählen Klaus Hom-
mels, Chef des Risiko-
kapitalfonds Lakestar,
und der Wirtschafts-
wissenschaftler Klaus
Schweinsberg vom
Zentrum für Strategie
und Höhere Führung.


Am Dienstag veröf-
fentlichte das „Euro-
pean Center for Digital
Competitiveness“ sei-
ne erste Untersuchung
(www.digital-competi
tiveness.eu/factbook).
Deutschland wird da-
rin erheblicher Nach-
holbedarf bescheinigt.
„Digitalthemen spie-
len in der aktuellen
Debatte in Politik und
Öffentlichkeit eine
nicht ausreichend gro-
ße Rolle“, sagte Hom-
mels. HB

Simone Menne


Top-Managerin


wird Galeristin


KIEL Simone Menne
war ihrer Zeit schon
im mer voraus: So war
sie als Finanzchefin
der Lufthansa eine der
wenigen Topmanage-
rinnen der deutschen
Wirtschaft. Nun hat
sie, kompromisslos,
wie man es von ihr
kennt, eine weitere
Karriere gestartet: die
einer Kunsthändlerin.
In Kiel eröffnete sie ih-
re Galerie, deren An-
spruch grundlegend
und umfassend ist. So
soll die von ihr präsen-
tierte Kunst Impulse
geben – und zwar für
die Wirtschaft und die
Gesellschaft.
Mit ihrer Galerie will
Menne Hemmschwel-
len überwinden, die
ihres Erachtens häufig
die Kommunikation
zwischen Künstlern,
Galeristen und Men-
schen ohne Bezug zur
Kunst beeinträchtigen.
„Ich sehe Kunst als
Vorreiter für innovati-
ve und disruptive Ent-
wicklungen. Sie kann
uns helfen, Lösungen
zu finden und Umbrü-
che zu meistern. Ich


biete deshalb Künst-
lern einen Raum, die
Schaffungsprozess
und Material als Teil
ihres Werks verste-
hen“, so Menne. In ih-
rer ersten Ausstellung
zeigt Menne Holz-
skulpturen von indus-
triell gehaltenen Tie-
ren. Der Künstler Mar-
cus Meyer stammt wie
sie aus Kiel.
2012 hatte Menne
als erste Frau das Fi-
nanzressort eines Dax-
Konzerns, das der
Lufthansa, übernom-
men. 2016 wechselte
die Managerin zum
Pharmaunternehmen
Boehringer-Ingelheim,
wo sie es jedoch nach
Differenzen mit dem
Vorstandschef nicht
lange aushielt. Seit
zwei Jahren konzen-
triert sich die 58-Jähri-
ge nun auf ihre Tätig-
keit als Aufsichtsrätin,
kontrolliert unter an-
derem BMW und die
Deutsche Post. Zudem
hat sie sich als Vor-
kämpferin einer Frau-
enquote in der Wirt-
schaft profiliert.
Tanja Kewes

Namen


des Tages
1

MITTWOCH, 2. OKTOBER 2019, NR. 190
54

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