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Axel Novak / Redaktion
N
eulich am Umschlaghub: Das Tor an ei-
ner Rampe klemmt, lässt sich nicht öff-
nen. Unter viel Körpereinsatz verschie-
ben die Mitarbeiter im Warehouse die Ware, die
rasch zum Kunden muss. Viel Zeit geht verloren
- aber endlich kann der beladene Laster losbrausen.
Ein simpler und anschaulicher Fall dafür, was die
Digitalisierung ändern könnte: Kleine Sensoren, die
vorzeitig darüber informieren, dass das Tor defekt
ist, hätten sich möglicherweise gelohnt und durch
vorbeugende Wartung den aufwändigen Sonder-
einsatz vermieden. Was für einen kleinen Spedi-
teur noch möglich ist, löst bei größeren Speditionen
Großalarm aus. Zu genau getaktet sind deren Ab-
läufe, als dass sich der Logistiker ein verklemmtes
Ladetor leisten kann.
AUTOMATISCH UND AUTONOM
Längst hat eine umfassende Vernetzung von Pro-
duktion, Transport und Handel begonnen. Daten
wie Betriebs- oder Warenzustände, aber auch Tem-
peratur und Luftfeuchtigkeit erfassen Sensoren in
Echtzeit. Sie leiten die Daten weiter zur zentralen
Analyse oder an Kunden – und lösen damit eine
ganze Fülle von Möglichkeiten aus,
Abläufe zu verbessern und rei-
bungsloser zu gestalten. Immer
mehr Unternehmen setzen solche
cleveren Internet of Things oder IoT-
Geräte ein, vernetzen sich mit Kun-
den, Dienstleistern und Partnern
und sparen viel Geld durch automa-
tisierte, autonome Abläufe und besse-
re Planungen.
Die Digitalisierung der
Märkte drängt sie dazu:
Neue digitale Verfah-
ren erweitern die Ver-
netzung und Verar-
beitung von Daten
enorm. Leistungsfä-
hige Netze, künst-
liche Intelligenz oder
maschinelles Lernen
sind Teilbereiche im technolo-
gischen Wandeln der industriellen
Fertigung. Andere IT-Tools und Verfahren sorgen
dafür, dass auch komplexe Anwendungen einfacher
und günstiger werden – und somit die Investitionen
sinken: Technischer Fortschritt ist mittlerweile auch
für kleine und mittlere Unternehmen finanzierbar.
Weil KMU teure Experimente scheuen, zielen sie
sehr pragmatisch auf die tatsächlich zu realisierenden
erkennbaren Effizienzgewinne. Umfragen und
Marktuntersuchungen ergeben, dass viele Unterneh-
men nicht nur heute schon viele IoT-Anwendungen
nutzen, sondern auch den weiteren Ausbau planen.
Vor allem Remote Monitoring und Remote Control-
Anwendungen sind schon weit verbreitet. Mit sol-
chen Verfahren können einzelne Geräte, Maschinen,
Anlagen und Gebäude aus der Ferne überwacht wer-
den, was die umfassendere Kontrolle von Zustand,
Qualität oder Sicherheit erst möglich macht.
Technisch gesehen sind viele IoT-Anwendungen
längst leicht umzusetzen. Die Sensorik wird Jahr
für Jahr verfeinert. Eine Baustelle bleibt allerdings
der Netzausbau. Dem könnten neue Standards
bei der Datenübertagung helfen: Denn anders als
häufig gedacht, müssen IoT-Anwendungen nicht
auf den komplexen und energieintensiven Mobil-
funkstandard GSM setzen. Weil Tracker und an-
dere IoT nur wenige Kilobyte übermitteln, reichen
auch Schmalband-Netze, um kleine Datenmengen
sporadisch über lange Zeiträume zu übertragen.
Beispiele sind das Narrowband-IoT im LTE-Netz,
der offene Funkstandard LoRaWAN oder das LP-
WAN des französischen Unternehmens Sigfox.
UNTERSCHIEDE IN DEN BRANCHEN
Doch unterscheiden sich die Unternehmen nach
Branchen. So gelten die Logistikunternehmen im
Vergleich zum Handel und zur Produktion als Vor-
reiter für die IoT-Vernetzung, haben die Marktfor-
scher von PAC jüngst ermittelt. Für Logistiker ist
der Mehrwert der Investitionen in IoT oft direkt
und offensichtlich. Vor allem bei Fernwartung und
Energiemanagement setzen sie auf eine sensorda-
tenbasierte Überwachung und Vernetzung.
Doch auch die Unternehmen aus Produktion
und Handel wollen nun die IoT-Anwendungsfelder
ausweiten. Der Handel setzt beispielsweise einen
starken Fokus auf das Tracking und Tracing, also auf
die Nachverfolgbarkeit von Sendungen und Fahr-
zeugen. Allerdings stoßen Mittelständler hier oft auf
zwei Schwierigkeiten: Zum einen setzen Partner,
Kunden und Zulieferer nicht zeitgleich auf die neu-
en Standards, sondern eher auf den langsamen und
kostengünstigeren Austausch von Fahrzeugen und
Geräten durch neue und damit vernetzte Technik.
Zum anderen sind Tracking und Tracing-Anwen-
dungen teuer und erfordern hohe Anfangsinvesti-
tionen. Die Produktionsbetriebe wiederum haben
die Bedeutung der Remote-Anwendungen erkannt.
Sie allerdings stehen vor dem Problem vieler unter-
schiedlicher Datenstandards der Maschinen- und
Anlagenbauer, wenn es darum geht, komplette Pro-
duktionsanlagen vernetzt und datenbasiert zu opti-
mieren oder sogar zu automatisieren.
HERAUSFORDERUNG FÜR DAS PERSONAL
Doch der IoT-Einsatz im Unternehmen hat Kon-
sequenzen, die über die reine Technik weit hinausge-
hen. So wird langfristig wohl in vielen Unternehmen
der Anteil der Produktion an der Gesamtwertschöp-
fung sinken, während der Anteil Software-basierter
Dienstleistungen steigt. Die weitaus größte Heraus-
forderung sind jedoch die eigenen Mitarbeiter. Sie
gilt es durch Weiterbildung erst einmal in
die Lage zu versetzen, Kenntnisse und
Kompetenzen im Bereich IoT aufzubauen
und anschließend motiviert einzusetzen. Das
aber kostet Geld und Zeit, die angesichts
des Fachkräftemangels in vielen Unterneh-
men schon heute fehlt.
Für viele Unternehmen ist der tech-
nische Einsatz allerdings kein
Differenzierungsmerkmal
im Wettbewerb. Da-
her könnte es sich für
Unternehmen lohnen,
sich mit einem Partner
zusammenzuschließen,
statt selber aktiv zu
werden und eigene Pro-
gramme und Kompetenzen
aufzusetzen.
Zuvor allerdings müssten
sie genau die Bereiche identifizieren, in denen sie
IoT-Anwendungen einsetzen wollen. Auch da gibt
es vor allem klein- und mittelständische Betriebe,
die die Entwicklungen der Digitalisierung noch
scheuen. Sie brauchen also weniger den technischen
Sachverstand, als vielmehr medienpädagogische und
mediendidaktische Fachkräfte, die digitale Trans-
formationsprozesse initiieren und später begleiten.
Hier gibt es in Bayern Pilotprojekte, um Arbeits-
lose mit didaktischem und pädagogischem Hinter-
grund mit IT-Spezialwissen zu versehen, damit sie
als IT-Digitalisierungspädagogen Unternehmen bei
der Transformation unterstützen. So weit über den
Mittelstand hinaus reicht heute schon der digitale
Wandel.
Digitalisiert euch!
Immer mehr Mittelständler nutzen Anwendungen mit vernetzten Geräten und Anlagen.
Der digitale Wandel reicht weit über die Wirtschaft hinaus.