Die Welt Kompakt - 09.10.2019

(ff) #1
Diyarbakır

Damaskus

RakkaRakkaRakkaRakka Erbil

SYRIEN

TÜRKEITÜRKEI

IRAN

IRAK

Autonome Autonome Autonome Autonome Autonome Autonome Autonome Autonome Autonome Autonome Autonome Autonome Autonome Autonome Autonome Autonome Autonome
Region Region Region Region
kurdischekurdischekurdischekurdischekurdischekurdischekurdischekurdischekurdische KurdistanKurdistanKurdistanKurdistanKurdistanKurdistanKurdistanKurdistanKurdistanKurdistanKurdistan
Militär-Militär-
präsenzpräsenzpräsenzpräsenzpräsenzpräsenzpräsenzpräsenzpräsenzpräsenzpräsenzpräsenzpräsenzpräsenzpräsenz

��� km

Euphrat

Tigris

geplantes türkisches
Einmarschgebiet

Mittel-
meer

Kurden im Nahen und Mittleren OstenKurden im Nahen und Mittleren OstenKurden im Nahen und Mittleren OstenKurden im Nahen und Mittleren OstenKurden im Nahen und Mittleren OstenKurden im Nahen und Mittleren OstenKurden im Nahen und Mittleren Osten

Kurdische Kurdische Kurdische Kurdische Kurdische Kurdische Kurdische Kurdische Kurdische
SiedlungsgebieteSiedlungsgebieteSiedlungsgebieteSiedlungsgebieteSiedlungsgebieteSiedlungsgebieteSiedlungsgebieteSiedlungsgebieteSiedlungsgebieteSiedlungsgebiete

Quellen: Liveuamap (Stand: �. Okt. ����), ETH ZürichQuellen: Liveuamap (Stand: �. Okt. ����), ETH ZürichQuellen: Liveuamap (Stand: �. Okt. ����), ETH ZürichQuellen: Liveuamap (Stand: �. Okt. ����), ETH ZürichQuellen: Liveuamap (Stand: �. Okt. ����), ETH ZürichQuellen: Liveuamap (Stand: �. Okt. ����), ETH Zürich/GeoEPR ���� /GeoEPR ���� /GeoEPR ���� /GeoEPR ���� /GeoEPR ���� /GeoEPR ����

2 THEMA DES TAGES DIE WELIE WELIE WELTKOMPAKTTKOMPAKT MITTWOCH,9.OKTOBER


A

ls US-Präsident Do-
nald Trump am Sonn-
tag überraschend den
Befehl erteilte, ameri-
kanische Truppen gänzlich aus
Nordsyrien abzuziehen, gab er
damit grünes Licht für einen
Plan, den Recep Tayyip Erdogan
seit Jahren hegt: den Einmarsch
in Nordsyrien. Die Region be-
zeichnet er als „Terrorkorridor“,
ihm sind die kurdischen Kämp-
fer in der Region ein Dorn im
Auge – weil er befürchtet, kurdi-
sche Unabhängigkeitsbestre-
bungen könnten über die Gren-
ze in die Türkei dringen und sein
Land destabilisieren.

VON CAROLINA DRÜTEN

Die Reaktionen auf Trumps
Vorstoß waren verheerend, auch
im eigenen politischen Lager.
Gegen jeden Rat von Sicher-
heitsexperten habe er verstoßen
und einen der wichtigsten politi-
schen Partner der USA im Nahen
Osten im Stich gelassen. Doch
die Kurden sind keine geschlos-
sene politische Einheit. Sie sind
über vier Länder verteilt, kurdi-
sche Gruppen werden von unter-
schiedlichen Mächten unter-
stützt – und nicht alle haben das
gleiche politische Ziel. Wer sind
die Kurden, wer kann mit wem
und warum? Ein Überblick.

KURDEN IN SYRIEN

In Syrien sind die Kurden die
wichtigsten Verbündeten des

Westens im Kampf gegen die
Terrormiliz Islamischer Staat
(IS). Sie kämpfen als Teil der
Demokratischen Kräfte Syriens
(SDF), einem Militärbündnis,
das von der Anti-IS-Koalition
unter Führung der USA unter-
stützt wird. Neben den Kurden
kämpfen dort auch Araber,
Christen, Jesiden und Turkme-
nen. Klar ist aber: Ohne die Kur-
den hätte der IS nicht besiegt
werden können.
Die SDF setzen sich für ein sä-
kulares, demokratisches und fö-
deral gegliedertes Syrien ein. Sie
sind entsetzt über das Vorhaben
der Türkei, in Nordsyrien einzu-
marschieren: Die Militäroperati-
on werde „alles zerstören, was in
den letzten Jahren an Stabilität
erreicht wurde“, hieß es in einer
Erklärung. Der Grund: Die Kur-
den fürchten um ihr Leben, sollte
die türkische Armee vorrücken.
Sie können nicht gen Süden
ausweichen, denn dort regiert
der syrische Präsident Baschar
al-Assad, mit dem die Kurden
verfeindet sind. Nach Norden
aber können sie auch nicht, denn
dort ist die Grenze zur Türkei.

Trumps Kurden,


Merkels Kurden


Die Volksgruppe ist über mehrere Länder


verteilt und wird von unterschiedlichen


internationalen Mächten unterstützt.


Nicht alle Zweige haben das gleiche


politische Ziel. Wer mit wem kooperiert –


und wer von wem enttäuscht wurde


Die kurdischen
Kämpfer in Nord-
syrien haben maß-
geblich geholfen,
den IS zu besiegen.
Für Erdogan aber
sind sie Terroristen

W


enn man in den vergan-
genen Jahren versuchte,
so etwas wie eine
Trump-Doktrin in der Außenpolitik
zu identifizieren, dann lautete sie in
etwa so: Amerika sei überdehnt, es
solle sich aus Konflikten in der Welt
zurückziehen, und regionale Ver-
bündete müssten weit mehr Verant-
wortung übernehmen. Gemessen
daran, waren die Kurden im Irak
und in Syrien wahre Vorzeigebei-
spiele, schließlich waren sie die ef-
fffektivsten Bodentruppen des Wes-ektivsten Bodentruppen des Wes-
tens im Kampf gegen den IS. Und
sie entrichteten einen hohen Blut-
zoll, um die Region von den islamis-
tischen Terroristen zu befreien.
Deshalb ist es umso unbegreifli-
cher, wenn Trump die Kurden in Sy-
rien nun im Stich lässt und den Weg
fffrei macht für eine Invasion derrei macht für eine Invasion der
Türkei. Ein Verrat, der noch schwe-
rer wiegt, weil die USA die Kurden
erst dazu bewegt hatten, befestigte
militärische Stellungen an der
Grenze zur Türkei abzubauen. Nun
sind sie dem türkischen Zugriff um-
so schutzloser ausgeliefert. Dieser
VVVorgang zeigt beispielhaft, wieorgang zeigt beispielhaft, wie
Trump die amerikanische Außenpo-
litik zertrümmert. Washington ist
dabei, jegliche Glaubwürdigkeit in
der internationalen Politik zu ver-
lieren, weil niemand mehr darauf
vertrauen kann, dass ein einmal ge-
gebenes Wort irgendetwas wert ist.
Denn wenn diesen Präsidenten eine
Laune packt und er sich über ir-
gendetwas aufregt, dann ist kein
Halten mehr, kein Versprechen gilt,
und langjährige Verbündete werden
ans Messer geliefert. Oft geschieht
das ohne ausreichende interne De-
batten über Folgen und ohne Bera-
tungen mit anderen Verbündeten,
die von Trumps Entscheidungen
ebenfalls betroffen sind.
Dieses erratische Verhalten wird
auch für Europa zum Sicherheits-
problem. Weil man kaum darauf
vertrauen kann, dass das in der
Nato gegebene Bündnisverspre-
chen noch hält und Amerika zu
Hilfe eilen würde, wenn etwa die
Staaten Osteuropas von Russland
angegriffen würden. Zudem kom-
men manche europäische Staaten,
allen voran Deutschland, ihren
Bündnisverpflichtungen ebenfalls
nicht mehr ausreichend nach und
untergraben die Nato damit von
der anderen Seite des Atlantiks.
Das wirft die bange Frage auf, was
dieses westliche Bündnis über-
haupt noch wert ist. Mehrere Ge-
nerationen von US-Außenpoliti-
kern haben federführend eine
Weltordnung aufgebaut, die allen
nützt und die Interessen des Wes-
tens schützt. Es ist bestürzend,
mit welcher Ignoranz und Leicht-
fertigkeit Donald Trump dieses
große Erbe verspielt. Und wie we-
nig die Europäer ihrerseits tun, um
noch Schlimmeres zu verhindern.
[email protected]


KOMMENTAR

CLEMENS WERGIN

Trump verspielt


Amerikas Erbe

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