Neue Zürcher Zeitung - 03.11.2019

(Barré) #1

Donnerstag, 3. Oktober 2019 ZÜRICH UND REGION 17


Das Planungsdebakel beim Kongres shaus hat ausser


etwas Schelte für den Stadtrat keine Folgen SEITE 18


Marionna Schlatter ist seit acht Jahren Präsidentin


der Zürcher Grünen – nun will sie in den Ständerat SEITE 21


Im Sinne des alten Patrons?

Der Präsident der Fussballliga muss wegen seiner alten Arbeitgeberin Siska Immobilien vor Gericht


Heinrich Schifferle wehrt sich


gegen denVorwurf, dieFirma der


Familie Heuberger hintergangen


zu haben. Er stützt sich auf den


Willen des altenPatrons. Dessen


Aussagen gebenRätsel auf.


RETO FLURY


DieTr ennung erfolgte Knall aufFall: Im
Mai 2014 setzte dieWinterthurerFirma
Siska Immobilien ihren langjährigen
Geschäftsführer Heinrich Schifferlevor
dieTür. Insgesamt 27Jahre war er für
das Unternehmen tätig gewesen. In ers-
ten Berichten war von «unterschied-
lichenAnsichten» dieRede, aber auch
von ominösen «Unregelmässigkeiten».
Die Geschicke des Familienunterneh-
mens übernahm per sofort Günter Heu-
berger, der älteste Sohn des Gründers,
Alleininhaber der Aktien und damals
designierterVerwaltungsratspräsident.
Was sich in den darauffolgenden
rund 16 Monaten abspielte, war ein aus-
serordentlich wüster Streit, der in aller
Öffentlichkeit ausgetragen wurde. Beide
Seiten schenkten einander nichts.Wäh-
rend Günter Heuberger dem Ex-Kader-
mann vorwarf, eine Miss- und Günst-
lingswirtschaft aufgezogen zu haben,
titulierte Schifferle die Anschuldigun-
gen als rufschädigend und ehrverletzend.
Speziell war dieAuseinandersetzung
auch, weil sich da nicht irgendwer in den
Haaren lag – die Protagonisten haben in
WinterthurRang und Namen.
Schifferle engagierte sich nebenamt-
lich schon lange stark für denFussball.
Jahrelang war erVorstandsmitglied beim
FCWinterthur. Nationale Bekanntheit
erlangte er, als er 2011 zum Präsiden-
ten derSwissFootball League gewählt
wurde,der bedeutendsten Kammer des
Fussballverbands. In dieserFunktion ist
er gleichzeitig auch Mitglied des Zen-
tralvorstands. Er war als selbständiger
Tr euhänder tätig, bevor er bei der Siska
anheuerte.


Verdienste in Zweifel gezogen


«Siska» steht als Abkürzung für
«sichere Schweizer Kapitalanlagen».
Gegründet wurde das Unternehmen
Mitte der1950erJahre vom Ehepaar
Robert undRuth Heuberger, das ein
eigentliches Immobilienimperium auf-
baute. Die Bilanzsumme beträgt heute
mehrere hundert MillionenFranken,
zumPortefeuille gehören neben rund
2000 Wohnungen in der Deutsch-
schweiz auch Einkaufszentren inWin-
terthur, Effretikon und Uster oder auch
der Hotel- und BürokomplexBanane
beim HauptbahnhofWinterthur, wo die
Firma ihren Sitz hat.
WenigeWochen nach der Entlassung
reichte das Unternehmen Strafanzeige
gegen seinen ehemaligen Kadermann
Schifferle ein und warf ihm vor, uner-
laubt und eigennützigin die Kassege-
griffen zu haben. Der neue Chef Gün-
ter Heuberger sprach von einer «Lawine
von Hinweisen», die nach seinem Stel-
lenantritt eingegangen seien.Daneben
zog die Siska auch SchifferlesVerdienste
als Geschäftsführer in Zweifel. Ende
2014 stellte sie zweistellige Millionen-
summen zurück, führte dies auf einen
Renovationsstau bei ihren Liegenschaf-
ten zurück und machte Schifferle dafür
verantwortlich.
Schifferle wies alleVorwürfe als halt-
los zurück. In einem «Blick»-Interview
beschrieb er sich als Opfer einesVater-
Sohn-Konflikts. Er habe mitRobert
Heuberger immer sehr eng zusammen-
gearbeitet, sagte er. Dann sei er jedoch
in einen Generationenkonflikt geraten,
weil der Sohn Günter vomVater die
«Oberleitung» übernommen habe.


Seinen Höhepunkt erreichte der
Zwist im Sommer 2015, als die Staats-
anwaltschaft das Strafverfahren einstel-
len wollte. Günter Heuberger zog den
Fall an das Obergericht weiter – und
veröffentlichte im Internet fast gleich-
zeitig eine Flut von Dokumenten, die
seinePosition untermauern sollten.Dar-
unter befanden sich der Geschäftsfüh-
rervertrag sowie Lohnabrechnungen.
Die Dokumente sollten interessierten
Unternehmern undKunden ein unge-
filtertes Bild vermitteln, sagte Heuber-
ger dem «Landboten».
Derneue Unternehmenschef und
promovierteJurist, der auch Mehrheits-
aktionär und Geschäftsführer vonRa-
dio undTeleTop ist, wähnte sich juris-
tisch auf der sicheren Seite. Doch Schif-
ferle erwirkte beimWinterthurer Be-
zirksgericht eine superprovisorische
Massnahme.Auf richterliches Geheiss
hin mussten die Dokumente vom Netz
genommen werden.
Nach dieser Eskalation wurde es
ruhiger. DieParteien unterzeichneten
eine Stillschweigevereinbarung,und
weil das Obergericht mit der Einstellung
desVerfahrens nicht einverstanden war,
musstedie Staatsanwaltschaft weiter
ermitteln.Später wollte sie erneutTeile
desVerfahrens stoppen, wurde aber vom
Obergericht aufgefordert, die betreffen-
denVorwürfe richterlich prüfen zu las-
sen. Im Sommer 20 18 wurde schliesslich
Anklage wegen mehrfacher ungetreuer
Geschäftsführung erhoben. Allerdings
forderte die Staatsanwaltschaft in vier-
einhalb von insgesamt sieben Punkten
einenFreispruch.
Dies gilt etwa für denVorwurf, Schif-
ferle habe von 2011 bis 2013regelmässig
mit seinen Kindern und gelegentlich mit
seiner Ehefrau für total 7600 Franken
imRestaurant des «Banana City» ge-
gessen und getrunken und dies unrecht-
mässigüber das Geschäft abgerechnet.
Auch dafür, dass er für mehrereJahre
die Mitgliedschaft und die Spielberech-
tigung im Golfclub Lipperswil für sich
und seineFrau auf Geschäftskosten
hatte (total 25 850Franken), beantragte
die Anklage eine Entlastung.
Der Hintergrund für die ungewöhn-
lichen Anträge erschloss sich am Mitt-
woch, als derFallam Bezirksgericht
Winterthur verhandelt wurde. Schif-
ferle wies in der Befragung nicht nur

jegliche Bereicherungsabsicht zurück.
Er gab mehrfach an, nach dem erklär-
tenWillen oder zumindestim Sinne von
Robert Heuberger gehandelt zu haben,
zum Beispiel bei den Mittagessen. Der
Patron habe ihn aufgefordert, öfter im
Restaurant essen zu gehen und Präsenz
zu zeigen, sagte Schifferle. Es habe dort
gewisse Qualitätsprobleme gegeben. So
habe er mit seinem Chef zusammen-
gearbeitet: einfach, unkompliziert,auf
kurzenWegen.
Die Crux ist: Heuberger senior hat
Jahrgang1922,konnte aus gesundheit-
lichen Gründen nur vor vierJahren ein-
malbefragt werden und schloss dabei
alle Absprachen kategorisch aus. Es steht
somitAussage gegenAussage – und der
Staatsanwalt hält diejenigen desFirmen-
gründers für unglaubwürdig, wie er in sei-
nem Plädoyer überraschend erklärte.

Anweisungen perTelefon


Denn Heuberger hatte bei der Befra-
gung gesagt, er habe sich vorher mit
niemandem abgesprochen. Doch seine
Tochter sagte später aus,sie habe im
Elternhaus einTelefongespräch mitge-
hört, in dem derVater offensichtlich von
ih rem Bruder Günter vorbereitet wor-
den sei. Dies erkläre, warum derPatron
gewissen glaubwürdigen Zeugenaussa-
gen diametral widersprochen habe, fuhr
der Staatsanwalt in seinem Plädoyer
fort. «DieAussagen vonRobert Heu-
berger orientierten sich nicht amTat-
sächlichen, sondern an den Instruktio-
nen seines Sohns.»Daher beantragte er
dieFreisprüche.
In mehreren anderen Anklagepunk-
ten forderte der Staatsanwalt jedoch
einen Schuldspruch. So soll Schifferle
für 2240Franken unerlaubt aufFir-
menrechnung getankt und ebenso sei-
nen Aston Martin für 9012Franken ver-
sichert haben. Zudem wird ihm ein Deal
mit seinem Zahnarzt zurLast gelegt:
Schifferle hatte seit den1990erJahren
denAuftrag, die Buchhaltung zu führen.
Im Gegenzug musste erkeine Zahnarzt-
rechnung bezahlen.Das Mandat liess er
als Siska-Geschäftsführer durch einen
angestellten Buchhalter erledigen, wo-
durch dieFirma laut Anklage um 33 000
Franken geschädigt worden ist.
Was dieFahrzeugversicherung be-
trifft,räumte SchifferleFehler ein.Dass

er dieRechnung demFinanzchef wei-
tergeleitet habe, sei aber nicht auf böse
Absicht zurückzuführen,sondern sei im
Alltagsgeschäft versehentlich gesche-
hen. Zum Mandat des Zahnarztes er-
klärte er, es sei von Anfang an klar ge-
wesen, dass die Siska irgendwann ihre
Leistungen fakturieren werde.
Die Schilderungen zum Auftrag
des Zahnarztes seien widersprüchlich
und überzeugten nicht, entgegnete der
Staatsanwalt.So bleibe unklar,warum
nie eineRechnung gestellt worden sei.
Die kriminelle Energie für dieses Delikt
sei nicht zu unterschätzen, habe sich
der Beschuldigte doch jedesJahr wie-
der neu entschliessen müssen, die Leis-
tung nicht zu verrechnen. In diesem
Punkt sei dasVerschulden gerade noch
als leicht einzuschätzen, für die Neben-
delikte sei es leicht.
Für dieses und weitere Delikte for-
dert dieAnklage eine bedingte Geld-
strafe von 270Tagessätzen zu 720Fran-
ken oder insgesamt 194400 Franken
sowie eine Busse.Die Strafzumessung
basiert auf einemJahreseinkommen von
bis zu 40 0000 Franken, das Schifferle
heute mit derRente, der Tätigkeit beim
Fussballverband, Beratermandaten und
Einkünften auseinem Mehrfamilien-
haus erzielt, wie er vor Gericht sagte.

Duell der Anwälte


SchifferlesVerteidiger forderte einen
vollumfänglichenFreispruch, auch im
Punkt der Motorfahrzeugversicherung.
EinVersehen sei nicht strafbar, sagte
er und griff in seinem rund dreistündi-
gen Plädoyer auch die Siska unter Gün-
ter Heuberger scharf an. Sie habe nach
Schifferles Entlassungkeine Scheu ge-
zeigt, ihre ganzePotenz und ihr Ge-
wicht auf dem PlatzWinterthur auszu-
nützen, um ihn unter Druck zu setzen,
sagte er. Das Ziel sei gewesen, dass er
auf seine zugesicherte Abgangsentschä-
digung von über einerMillionFranken
verzichte. Die Anwältin der Siska,die
als Privatklägerin auftrat, warf Schif-
ferle hingegen eine «Selbstbedienungs-
mentalität» und geschäftlicheKompe-
tenzüberschreitungen vor. Sie bean-
tragte eineVerurteilung in allen An-
klagepunkten.
Wann das Urteil eröffnet wird,stand
am Mittwochabend noch nicht fest.

HeinrichSchifferle–hier an einer Medienkonferenz derSwiss Football League–sieht sichals Opfer einesVater-Sohn-Konflikts.KEYSTONE

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Karin Rykart


macht Bogen um


heikles Geschäft


Tochter der Sicherheitsvorsteher in
hat Klimademo mitorganisiert

DANIEL FRITZSCHE

Über 10 000 – vornehmlich junge –
Klimademonstranten sind letztenFrei-
tag durch die Zürcher Innenstadt mar-
schiert. Der sogenannte «Earthstrike»,
der weltweit begangen wurde, standin
Zürich unter dem Motto «Mir stönd
uf!». Der Umzug führte am Nachmittag
zuVerkehrsbehinderungen, blieb aber
friedlich. Er war imVorfeld von der
Stadt bewilligt worden.
Anders als sonst üblich setzte nicht
die Sicherheitsvorsteherin KarinRykart
(gp.) ihre Unterschrift unter das Ge-
such derVeranstalter. DiesenJob über-
nahm ihr Stellvertreter MichaelBau-
mer (fdp.),Vorsteher des Departements
der Industriellen Betriebe. Baumer lei-
tete auch die Sitzung, an der dieRou-
tenwahl mit zwei verschiedenen Start-
punkten beimRathaus und auf dem
Münsterhof gemeinsam mit den Orga-
nisatoren festgelegt wurde.
Warum tratRykart dieAufgabe an
ihren Stadtratskollegen ab?Wie ihr
Sprecher auf Anfrage mitteilt, hat die
Sicherheitsvorsteherin «vorsorglich
eineVermischung von Amtlichem und
Privatem» vermeiden wollen. Der Hin-
tergrund:Rykarts18-jährigeTochter hat
bei der Organisation des «Earthstrike»
aktiv mitgeholfen. Zwar nicht an vor-
dersterFront, aber dochim engeren
Kreis derVeranstalter. Rykart habe
einen möglichen Interessenkonflikt
frühzeitig ausräumen wollen.
Im Gesamtstadtrat wurde die Ange-
legenheit nicht besprochen.Rykart sei
auch nicht formell in denAusstand ge-
treten. IstRykart übervorsichtig? Sicher
dürften ihr die Querelen um ihrenVor-
gänger RichardWolff (al.) noch in den
Knochensitzen.
Wolff stand in seiner Amtszeit als
Sicherheitsvorsteher in derDauerkritik
wegen seinerRolle imKonflikt um das
besetzteKoch-Areal. Seine Söhne ver-
kehrten dort. Der Statthalter kritisierte
in einem Bericht die «Duldungspoli-
tik» des Stadtrats gegenüberden rund
12 0Besetzern, die auf dem Areal leb-
ten.Wolff habe aus ideologischen Grün-
den zugelassen, dass das Gelände zu
einem «quasirechtsfreienRaum» ge-
worden sei.
Ende 20 16 gabWolff das Dossier
wegen Befangenheit an seinen Stadt-
ratskollegenDaniel Leupi (gp.) ab. In
eine solche Diskussion – wenn auch
anders gelagert – möchte sichRykart
offensichtlich nicht verstricken.

Unternehmerin seit1994 (Immobilientreuhand)
Kantonsrätin seit 2011
Stadträtin derStadt Dübendorf
Verwaltungsrätin SpitalUster
KommissionJustiz und öffentlicheSicherheit
Gemeinderatspräsidentin 2015 /
VorstandKGVZürich,KGV-Spitzenkandidatin
HEVUster /Dübendorf&Umgebung

In denNationalrat Kanton Zürich 20.10.

JacquelineHofer

IhreStimmeee

für Sicherheit
und Stabilitääät.

In denStänderat:
Roger Köppel Liste 1

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