Neue Zürcher Zeitung - 05.10.2019

(Steven Felgate) #1

Samsta g, 5. Oktober 2019 SCHWEIZ


rereVertreter der GrünenPartei woh-
nen, was aber offiziellreiner Zufall ist.
Fest steht, dass derAufstieg der Grü-
nen bei liberalen undrechtsbürgerlichen
Zeitgenossen zunehmend Besorgnis
oder gar Aggressionen hervorruft.
«Grüne kann nur wählen, wer glaubt,
dass sie nur spielen wollen», ätzte der
Zürcher SVP-Nationalrat Claudio
Zanetti kürzlich aufTwitter, und: «Ge-
nauwieseinerzeit dieJakobinerradi-
kalisieren sich heute die Grünen und
ihre Gefolgschaft mit besorgniserregen-
der Dynamik.»Fast so drastisch sieht
es der deutsche Medienwissenschaf-
ter Norbert Bolz: «Diegrünen Purita-
ner», so schreibt er, «berauschen sich an
Vorschriften undVerboten.» Die grüne
Elite lebe derweil «sehr bequem im
Grand-Hotel Abgrund».
Bei allerPolemik, die in solchenÄus-
serungen mitschwingt – dieJakobiner
schickten während derFranzösischen
RevolutionTausende politische Geg-
ner unter dasFallbeil, im Namen der
Tugend: DieFrage, wieradikal die Grü-
nen sind, ist berechtigt. Die GrünePar-
tei selber ist in den letztenJahren weit
an den linkenRand gerückt,obwohl sie
ursprünglich«weder links nochrechts»
sein wollte.Der Grund dafür istein-
fach: Ab Ende der1980erJahre ström-
ten zahlreiche Aktivisten linker Kampf-
organisationen wie der Progressiven
Organisationen der Schweiz (Poch) in
die eher bürgerliche GPS, weil der Klas-
senkampf nichteinmalmehr die Intel-
lektuellen begeisterte. Der Linksrutsch
wiederum führte dazu,dass sich bürger-
licheGrüne ab 2004 in die Grünliberale
Partei verabschiedeten.
Sämtliche grünen Nationalrätinnen
und Nationalräte, so hat es derPolito-
loge Michael Hermann berechnet, ste-
hen heute auf einer Skala von minus
zehn bis plus zehn bei minus 8,6 bis mi-
nus 9,3 – gleichauf mit linken Sozial-
demokraten wie CédricWermuth und
dem letztenKommunisten imParlament,
der ebenfalls Mitglied der Grünen-Frak-
tion ist. De facto istdie GPSeine etwas
grünere, pazifistische SP. Sie plädiert für
ein staatlichesWillkommens- und Um-
sorgungsprogramm, inklusive subven-
tioniertemWohnungsbau, 52-wöchiger
Elternzeit,grosszügigen Sozialleistun-
gen und massiv vergünstigtem öV für
alle. Dazu kämpft man für offene Gren-
zen und gegen dieRüstungsindustrie, die
grossenKonzerne und die Öllobby. Wo-
bei denWählern gerne suggeriert wird,
mit der massiven Subventionierung von
Wind- und Solaranlagen liessen sich alle
Energieprobleme lösen.


«Alberne Extremistenprosa»


DenRufderVerbots- und Gebotspartei
haben sich die Grünen dabei nicht ganz
zu Unrecht erworben. Neben Gelände-
wagen,AKW, Ölheizungen und Gen-
technologie ist neuerdings auchWer-
bung «für Fleischprodukte und Flug-
reisen» pfui und verbotswürdig, zumin-
dest bei denBasler Grünen, die in Zeiten
des staatlich verordneten «Klimanot-
standes» nicht zimperlich sein wollen.
Gleichzeitig träumen manche Grüne
davon, der Gesellschaft eine grüne Er-
satzreligion zu verordnen.Vom«Tag-
blatt» danach gefragt, was sie als «Köni-


gin der Schweiz» veranlassen würde,
antwortete die Zürcher Gemeinderätin
Gabriele Kisker: «Ich würde die öster-
liche und vorweihnachtlicheFastenzeit
neu säkular interpretieren und aufer-
legen, dass jeder von uns zweimal jähr-
lich seinen Energiebedarf bis auf 20 00
Watt abspecken muss.»
Dass die Grünen mancherorts wie-
der als «radikal» gelten, hat jedoch mehr
mit der «Systemfrage» zu tun. Diese ist
mit dem Phänomen «Greta», den Klima-
demonstrationen und den immer dring-
licheren Warnungen desWeltklimarates
IPCC wieder aktuell geworden.Konkret
geht es um dieFrage, ob sich Umwelt-
probleme in einer kapitalistischenWirt-
schaftsordnung überhaupt lösen lassen.
Die ersten Grünen haben dieseFrage
noch klar mitJabeantwortet. Der vor
vierJahren verstorbene Genfer Natio-
nalrat und erste GPS-PräsidentLaurent
Rebeaud drückte es1987 so aus: «Da
grünePolitik nicht sektiererisch sein darf,
glauben wir nicht daran, dass die Lösung
unserer Probleme in der Zerstörung

einesSystems oder in derAusmerzung
vonPersonen gefunden werden kann.»
Rebeaud wehrte sich in den1980er
Jahren vehement gegen dieVersuche
linksextremer Gruppen wie derPoch,
die grüne Bewegung unter ihren Ein-
fluss und auf einenradikal antikapitalis-
tischenKurs zu bringen.In seinem 1987
erschienenen Buch «Die Grünen in der
Schweiz» enerviert er sich über «alberne
Extremistenprosa»,«pubertäreWider-
sprüche» und Usurpationsversuche von
«Maoisten, alten Guevaristen, Anti-
rassisten, Drittweltleuten undPazifis-
ten». Dass diese die GPS letztlich doch
noch nach links rückten,konnte aller-
dings auchRebeaud nicht verhindern.
Entsprechend ist es dort auchheute
keineswegs unfein,dieSystemfragezu
stellen, zumal die «Extremistenprosa»
von damals wieder chic ist,gerade in der
Klimabewegung. So mochten sich grüne
Politiker wieBalthasar Glättli kürzlich
partout nicht von «Aktivisten» distan-
zieren, die Bankeingänge besetzten,
Tr ansparente mit Hammer-und-Sichel-
Symbol präsentierten und sich in man-
chenFällen in der gewaltbereiten links-
extremen Szene tummeln.
Radikal, so der grüneTenor, seien
nicht die Aktivisten, sondern dieBan-
ken mit ihren umweltschädigenden Ge-
schäften. Nach dieser Logik stört sich
auch niemand daran, dass an der Klima-
demo in Bern zahlreiche Linksextre-
misten aufmarschieren,vomRevolu-
tionärenAufbau über dieKommunisti-
scheJugend bis zu einem versprengten

Grüppchen Maoisten («Rettet die Um-
welt vor der Profitwirtschaft!»).
Auch innerhalb der Grünen selber
gibt es Bestrebungen, marxistische Ideen
wiederzubeleben, umForderungen nach
einem Ökosozialismus zu untermauern.
Besonders die jungen Grünen posieren
gerne mit geballter Arbeiterfaust, dazu
gibt esVeranstaltungen überKarlMarx
oderAuftritte der MarxistinFriggaHaug,
deren MannWolfgang bereits Anfang
der1980erJahre versucht hat, Marx als
angeblichen Propheten der Ökobewe-
gung in die Moderne zuretten.
Der neomarxistische Eifer geht
in manchenFällen einher mit betont
pöbelhaftem Gebaren und plumpen
Versuchen, linkenTotalitarismus zu ver-
harmlosen – ähnlich wie in Deutschland,
wo junge Grünegegen «Extremismus-
quatsch» hetzen, weil es von links an-
geblich garkeinen Extremismus geben
kann. Linke, so verkündete ein grüner
Gemeinderataus Zürich unlängst, wür-
den nur «Autos anzünden», als ob lin-
ker Terror nieTote undVerletzte gefor-
dert hätte. Seine Gegner titulierte er als
«rechtsbürgerliche Idioten».

Provokateur mitKrawatte
Während gestandene Grüne wie der ehe-
malige Nationalrat LukasFierz der An-
sicht sind, es gehe angesichts der drohen-
den Apokalypse nur noch darum, sich
auf ein würdiges Sterben vorzuberei-
ten,stören sich andere am zunehmend
krawalligen Diskurs der Ökobewegung.
Daniel Brélaz etwa,1979 als erster grü-
ner Nationalrat überhaupt gewählt, sieht
sich immer noch in derTr adition des «ni
gauche, ni droite». In den1980erJahren
provozierteer marxistische Möchte-
gern-Ökos,indem er bei ausufernden
Programmdiskussionen mit Anzug und
Krawatte aufkreuzte. Heute stehter ge-
mässParlamentarier-Ranking genauso
links wie seineFraktionskollegen, aber
Krawatte trägt er immer noch, und «jeter
le bébéavec le bain» ist nicht sein Ding.
«DieSystemfrage ist fürdie Umwelt
nicht entscheidend», sagt er, unterbro-
chen von Hustenanfällen,«es braucht
eine Evolutiondes Kapitalismus.» Das
heisst: schrittweise fossile Energien ver-
bieten, Elektromobilität fördern und so
weiter. Kritische Stimmen sind auch
an der Klimademo in Bern zu hören.
«Mich stört es, wenn Grüne alles an
diePolitik oder dasSystem delegie-
ren», sagt GabiPetri, «man muss auch
mit dem eigenenVerhalten glaubwür-
di g sein,sonst ist der Kampf für das
Klimablosses Marketing.»
Die langjährige Zürcher Kantons-
rätin bezeichnet sich selber als «grünen
Fundi»: Sie fliegt nicht, ernährt sich seit
über dreissigJahren von Bio-Lebensmit-
teln und fährtVelo. Entsprechend aller-
gischreagiert sie aufKollegen, die mal
kurz nachAustralien fliegen, ein vergüns-
tigtesGeneralabonnement für ein Men-
schenrecht halten oder Umweltprobleme
mit sozialistischen Massnahmen lösen
wollen. «Man müsste den Leuten einmal
sagen,dass wir hiernichtam1.Mai sind»,
ruft sie unter ihrem «Züge statt Flüge»-
Tr ansparent hervor. Ihre Botschaft, da
lässt siekeine Zweifel offen, richtet sich
nicht nur an die Ewiggestrigen mit ihren
Hammer-und-Sichel-Symbolen.

Innerhalb der Grünen
gibt es Bestrebungen,
marxistische Ideen
wiederzubeleben,
um Forderungen nach
einem Ökosozialismus
zu untermauern.

Nazis, Diktatoren und andere Verirrungen


lsc.· Grüne werden heute gerne als
Antithese zu autoritärenPopulisten ge-
feiert. Doch wer glaubt, den Schlüssel
zurRettung der Menschheit zukennen,
ist gegen antidemokratische Anwand-
lungen genauso wenig gefeit wie die
Retter vonVölkern und Nationen. Die
Geschichte der Grünen ist denn auch
reich anFiguren, die sich ausVerblen-
dung,Verachtung für die westlicheKon-
sumwelt oder im Namen einerhöheren
Moral gehörig verhedderten. Die deut-
sche Schriftstellerin Luise Rinser etwa,
1984 grüne Kandidatin für das Amt des
Bundespräsidenten, erblickte das künf-
tige ökosozialistischeParadies ausge-
rechnet in Nordkorea – einemLand, das
Diktator KimIl Sung mit übelstenPoli-
zeistaatmethoden beherrscht.Rinser da-
gegenerkennt einen «zutiefst humanen»
Herrscher,in dessenReich niemand
stiehlt,herumhurt odereingesperrt wird.
Denn bei den Menschen, so vertraut sie
1981 ihremReisetagebuch an, ist es wie
bei denRatten: «Die im Luxus leben,


werden aggressiv und pervers und brin-
gen sich gegenseitig um. Die anderen le-
ben normal und lang undgesund.»
Der grüne DDR-DissidentRudolf
Bahro ist von Nordkorea genauso be-
geistert wie die Berufsrevolutionäre
der Progressiven Organisationen der
Schweiz (Poch), die in den1980erJah-
ren vonRot auf Grün wechseln (Motto:
«Das schönsteRot ist grün»). Zu den
Freunden derPoch gehört damals auch
der libysche Diktator Muammar Gha-
dhafi, seines ZeichensVerfasser eines
wirren Machwerks mit demTitel «Das
grüne Buch». Ebendieser Mann versucht
in den1980erJahren,Grüne aus Deutsch-
land, der Schweiz und Österreich für eine
«grüneInternationale» zu gewinnen, dar-
unter den späteren deutschen Bundes-
minister Otto Schily.Eine enge Zusam-
menarbeitkommt zwar nicht zustande,
aber einKorrespondent derPoch-Zei-
tung ist1986 ganz entzückt von «Lea-
der» Ghadhafi. Zurück in der Schweiz,
wird ihm schmerzlich bewusst: «Inmitten

von High-Tech-Firlefanz sind wir häss-
lich, krank und unglücklich.» Zu den ers-
ten Grünen in der Schweiz gehören unter
anderem auch die Anhänger der «Natio-
nalen Aktion gegen Überfremdungvon
Volk und Heimat», die Umweltschutz
mit einer Blut- und Boden-Ideologie
kombiniert; bei den deutschen Grünen
wird diese Strömung gar durch ehema-
lige NSDAP-Mitglieder vertreten.Wäh-
rend die braungrünen in den1980erJah-
ren schrittweise aus den Öko-Bewegun-
genverdrängt werden, sindRote jeglicher
Art willkommen: Bei den Schweizer Grü-
nen finden unter anderem ehemalige An-
hängerPol Pots,Maos oder eben Gha-
dhafis und Kim Il Sungs Unterschlupf,
machen Karriere und wollen später alles
nicht so ernst gemeint haben. Luise Rin-
ser hat ihre Nordkorea-Hymnen nie be-
reut. In ihrerJugend, so stellte sich spä-
ter heraus, hatte sie nicht nur schwülstige
Gedichte aufAdolf Hitler geschrieben,
sondern auch ihren jüdischen Schuldirek-
tor denunziert.

BUNDESGERICHT


Ferienhäuser


sind zu weit entfernt


Bundesgericht stoppt Zweitwohnungsprojekt in Vals


Zwei geplanteFerienhäuser in
Vals, die gemeinsam mit einem
Hotel bewirtschaftet worden
wären, dürfen nicht gebaut
werden. Die Richter sehen das
Erfordernis des einheitlichen
Betriebs nicht erfüllt.

KATHRIN ALDER


Auch siebenJahre nach der Annahme
der Zweitwohnungsinitiative kämpft
die Umweltschutzorganisation Helvetia
Nostra vehement gegen Zweitwohnun-
gen. Zumeist juristisch, indem der von
derFondationFranzWeber gegründete
Verein Einsprache gegenBaubewilli-
gungen erhebt.Oft durchlaufen dieFälle
den Instanzenzug und landen am Bun-
desgericht, woHelvetia Nostra gelegent-
lich obsiegt.
So auch im neustenEntscheid, den das
Bundesgericht am Donnerstag veröffent-
licht hat.Konkret gehtesumein Projekt
in Vals im Kanton Graubünden. Eine pri-
vateBauherrschaftreichte dort 20 16 ein
Baugesuch für zweiFerienhäuser ein, die
imWeiler Leis, 300Meter oberhalb des
Dorfes, hätten zu stehenkommen sollen.
Helvetia Nostra erhob Einsprache und
beantragte die Ablehnung beziehungs-
weiseRückweisung desBaugesuchs. Der
Gemeindevorstand wies die Einsprache
indes ab und erteilte unterAuflagen eine
Bewilligung, die das später angerufene
BündnerVerwaltungsgericht stützte. In
derFolge gelangte Helvetia Nostraans
Bundesgericht.

Nur kurzzeitige Nutzung
DieBauherrschaft hatte stets geltend
gemacht, die beidenFerienhäuser als
touristische Zweitwohnungen betrei-
ben zu wollen. Entsprechend reich-
ten sie bei der Gemeinde einen soge-
nannten Bewirtschaftungsvertrag mit
einem Hotel inVals ein. Gestützt auf
das Zweitwohnungsgesetz ist dies auch
für Gemeinden möglich, deren Zweit-
wohnungsanteil über 20 Prozent liegt.
Es müssen allerdings bestimmte Bedin-
gungenerfüllt sein: DieWohnung muss
«dauerhaft zur ausschliesslich kurzzeiti-
gen Nutzung durch Gäste zu markt- und
ortsüblichen Bedingungen» angeboten
werden. Dies trifft auf eine Einlieger-
wohnung zu oder auf eine Unterkunft,
die nicht auf die persönlichen Bedürf-
nisse des Eigentümers zugeschnitten
ist und imRahmen eines strukturier-
ten Beherbergungsbetriebs bewirtschaf-
tet wird.

DieVorinstanz hielt diese Bedin-
gungen mit Blick auf den Bewirtschaf-
tungsvertrag für erfüllt. Dieser verbiete
den Eigentümern der Ferienhäuser,
ihre Einheit individuell auszugestal-
ten.Ausserdem seien Direktvermietun-
gen durch die Eigentümer ausdrücklich
ausgeschlossen, und das Hotel als Be-
wirtschafter biete den Gästen «Zim-
mer- undReinigungsservice, ein inter-
nesRestaurant, diverse sportliche Out-
door-Aktivitäten sowie ein Erholungs-
programm» an.

Vertragreic ht nicht
Das Bundesgericht lässt diese Argumen-
tation jedoch nicht gelten. Es hält fest,
ein Bewirtschaftungsvertrag mit einem
Hotelreiche allein nicht aus, um eine
langfristige touristische Bewirtschaf-
tung der Zweitwohnungen sicherzustel-
len. Die Richter inLausanne verweisen
auf die Botschaft zum Zweitwohnungs-
gesetz, wonach ein strukturierter Be-
triebein hotelähnliches Betriebskon-
zept voraussetze.Zwar müssten die
Wohnungen nicht zwingend eine bau-
liche Einheit mit dem Hotel bilden, zu-
mindest aber einen gewissenräumlichen
Zusammenhang aufweisen.
ImkonkretenFall wären die geplan-
tenFerienwohnungen mindestens 3,
Kilometer vom Hotel entfernt gebaut
worden. Bei selbständigenWohnein-
heiten in grösserer Entfernung von den
Gemeinschaftseinrichtungenkönne in
derRegel allerdings nicht davon ausge-
gangen werden, dass eine Mehrzahl der
Gäste die im Hotelangebotenen Dienst-
leistungen und Infrastrukturen auch tat-
sächlich beanspruchten.Vielmehr liege
es nahe,dass sie das Hotel nur am An-
fang und Ende ihresAufenthalts auf-
suchten, um denWohnungsschlüssel in
Empfang zu nehmen und wieder ab-
zugeben, argumentiertedas Bundes-
gericht. Entsprechend sei das Kriterium
des einheitlichen Betriebs nicht erfüllt.
Das einzigVerbindende sei der Be-
wirtschaftungsvertrag, der für sich
allein jedoch nicht genüge. Schliesslich
könntenVerträge aufgelöst oder ge-
kündigt werden, und es sei für die Ge-
meinde kaum möglich, zukontrollieren,
ob dieParteien denVertrag einhielten.
Seien die Zweitwohnungen einmal er-
stellt, sei es ausserdem nicht möglich,
diese wieder abzureissen.Aus diesen
Gründen hebt das Bundesgericht die
Baubewilligung für die beidenFerien-
wohnungen auf.

Urteil 1C_511/2018 vom 3. 9. 2019 – BGE-
Publikation.

Graubünden gibt Wölfe


zum Abschuss frei


(sda)· Im Kanton Graubünden sollen bis
Ende März nächstenJahres vierJung-
wölfe aus dem neunköpfigen Beverin-
Rudel geschossen werden. Im Streifge-
biet diesesRudels sind mindestens 15
Risse aus Ziegenherden bekannt.Damit
sei ein Grenzwert überschritten worden
und sei dasVerhaltendiesesRudels als
problematisch zu klassifizieren, teilte die
BündnerJagdverwaltung amFreitag mit.
Die DNA-Proben hätten das männ-
liche Elterntier M92 alsVerursacher
identifiziert. Als Elterntier wirdessel-
ber allerdingsvomAbschuss verschont
bleiben. Bereits im letztenJahr sei das
Tier negativ aufgefallen, als es auf der
Stutzalp oberhalb Splügen eine grosse
AnzahlSchafe gerissen habe. Insgesamt
habe dasWolfspaar im letztenJa hr 59
Schafe gerissen, in diesemJahr sei es
nach derRudelbildung zu gegen 40 wei-
teren Schafrissen gekommen, sagte der

BündnerJagdverwalterAdrian Arquint
auf Anfrage. Für dieseTiere habees aller-
dingskeinen Herdenschutz gegeben.
Nun habe derWolf aber damit begon-
nen,Tiere in geschützten Herden zureis-
sen und diesesVerhalten an seine Nach-
kommen weiterzugeben.DasRudel be-
stehe aus insgesamt neunJungtieren, die
Hälfte davon dürfe gemäss dem Gesetz-
geber derRegulierung anheimfallen.
Das Bundesamt für Umwelt (Bafu)
hat den Antrag Graubündens gutgeheis-
sen, insgesamt vierWölfeaus dem Beve-
rin-Rudel unter Schonung der Eltern-
tiereabzuschiessen. Die GruppeWolf
Schweiz bedauert den Abschuss, erach-
tet dieRegulierung aber alsrechtmässig
und akzeptiert sie, wie aus einer Mittei-
lung hervorgeht. Dennoch werde die
Regulierung nicht dazu beitragen, dass
Nutztiere im Gebiet geschützt oder
Wölfe besser akzeptiert würden.
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