Frankfurter Allgemeine Zeitung - 07.10.2019

(Dana P.) #1

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Sport MONTAG, 7. OKTOBER 2019·NR. 232·SEITE 25


Kroos sagt ab, Löw holt Serdar


Joachim Löw gehen die Nationalspieler
aus. Mit Toni Kroos, Jonas Hector und
Matthias Ginter sagten am Sonntag drei
weitere Spieler verletzungsbedingt für
die Länderspiele am Mittwoch gegen Ar-
gentinien in Dortmund und vier Tage
später in Estland (EM-Qualifikation)
ab. Der Bundestrainer nominierte dar-
auf mit Suat Serdar (Schalke 04) einen
zweiten Debütanten neben dem Lever-
kusener Nadiem Amiri nach. Damit ste-
hen ihm 20 Profis zur Verfügung. Kroos
musste wegen einer Muskelblessur im
linken Oberschenkel passen, die er sich
am Samstag beim 4:2 mit Real Madrid
gegen Granada zugezogen hatte. (dpa)


Effenberg nach Uerdingen


Stefan Effenberg wird Sport-Manager
beim Fußball-Drittligaklub KFC Uerdin-
gen. Wie der Klub am Samstag mitteilte,
werde der 51-Jährige in den sportlichen
Entscheidungsprozessen dem Investor
Michail Ponomarew, Geschäftsführer Ni-
kolas Weinhart sowie dem Trainerteam
zur Seite stehen. Der ehemalige Bayern-
Profi war zuletzt in der Saison 2015/2016
beim SC Paderborn als Trainer tätig,
dort musste er allerdings schon nach
15 Spielen seinen Platz räumen. (sid)


DFB-Frauen siegen 8:0
Die deutsche Frauenfußball-National-
mannschaft hat mit dem 8:0-Sieg über
die Ukraine auch ihr drittes EM-Qualifi-
kationsspiel gewonnen und führt die
Gruppe I mit der Maximalpunktzahl
vo n neun Punkten und 26:0 Toren an.
Klara Bühl und Lina Magull erzielten am
Samstag vor 5504 Zuschauern auf dem
Tivoli in Aachen jeweils drei Treffer. Zu-
dem trafen Giulia Gwinn und die einge-
wechselte Melanie Leupholz.(dpa)

Liverpool vor Startrekord

Jürgen Klopp und der FC Liverpool steu-
ern in der Premier League weiter dem
historischen Startrekord entgegen. Ein
umstrittener Foulelfmeter von James
Milner in der Nachspielzeit verhalf den
Reds zu einem 2:1-Sieg gegen Leicester
City. Durch den achten Sieg im achten
Liga-Spiel ist Liverpool nur noch einen
Erfolg von der Einstellung der Best-
marke des FC Chelsea entfernt. Die
Blues hatten in der Saison 2005/2006 un-
ter Jose Mourinho neun Siege zum Start
geholt. In der Tabelle liegt Liverpool
nun acht Punkte vor Manchester City.
Der Meister unterlag am Sonntag zu
Hause völlig überraschend den Wolver-
hampton Wanderers 0:2. (sid)

Fußball-Notizen


N


ach dem dritten 2:2 in Serie war
selbst der sonst beharrlich
freundliche Lucien Favre wü-
tend. „Wir haben Fehler beim
Pressing, bei der Balleroberung gemacht“,
klagte der Westschweizer, „es hat die Ag-
gressivität gefehlt. Man muss klar sagen,
wir haben nicht gut gespielt in der zweiten
Halbzeit.“ Und um zu zeigen, wie passiv er
die Herangehensweise seiner Mannschaft
empfand, duckte er sich einmal zur Seite
und sagte: „Wir gehen so in die Zweikämp-
fe statt so.“ Dabei schlug er sich mit dem
Spielberichtsbogen auf die linke Hand.
Der Knalleffekt, den sich der Trainer von
Borussia Dortmund nach dem 2:0-Erfolg
in der Champions League bei Slavia Prag
auch am Samstag im Duell mit dem famos
in die Bundesligasaison gestarteten SC
Freiburg erhofft hatte, blieb im Breisgau
aus. Wieder einmal. Dass der Sport-Club
derzeit sogar vor dem momentan im Tabel-
lenmittelfeld angesiedelten Meister-
schaftsmitfavoriten auf einem Spitzen-
platz rangiert, ist bei einem Zweipunkteab-
stand nicht das Ärgernis, das die Schwarz-
Gelben beunruhigt. Es sind die eigenen
Leistungen, die weit unter dem eigentli-
chen Potential dieser vor dem Beginn der
neuen Spielzeit viel höher eingeschätzten
Mannschaft bleiben.
Inzwischen sind die Borussen an einem
kritischen Punkt angekommen, der keine
Halbheiten und ärgerlichen Punktverluste
wie bei den drei Unentschieden zuletzt in
Frankfurt, gegen Bremen und nun in Frei-
burg mehr erlaubt. Das macht schon der
Blick auf die kommenden Gegner deut-
lich. Es geht nach der Länderspielpause
zweimal daheim gegen Borussia Mönchen-
gladbach, in der Bundesliga und im DFB-
Pokal, es steht das Revierderby beim FC
Schalke 04 bevor, es folgt sodann ein
Heimspiel gegen die Frühstarter vom VfL
Wolfsburg und danach die Reise zum Meis-
ter FC Bayern München. Dazu kommen
die beiden schweren Champions-League-
Begegnungen mit Inter Mailand. Lauter
Bergetappen für den BVB, der im Augen-
blick sogar mit den Mühen der Ebene sei-
ne Probleme hat.
In Freiburg verspielte Favres Mann-

schaft wie schon in Frankfurt kurz vor
dem Abpfiff durch ein Eigentor den Sieg.
War es vor rund zwei Wochen Delaney,
der die 2:1-Führung zunichte machte, be-
förderte diesmal der schon davor ziemlich
orientierungslos anmutende Innenvertei-
diger Akanji (90. Minute) nach einem
Querpass von Grifo den Ball ins eigene
Netz. Er sorgte damit ungewollt für ein ge-
rechtes Ergebnis. Mehr hatte sich die Bo-
russia, die durch Witsels Volleytreffer
(20.) und Hakimis vom Freiburger Kübler
ins eigene Tor abgefälschten Schuss (67.)
zweimal in Führung gegangen war, nicht
verdient. Die Freiburger, die nie wie ein
Underdog auftraten und sich ihrer augen-
blicklichen Stärke jederzeit bewusst wa-
ren, glichen die Rückstände durch Wald-
schmidts viertes Saisontor (55.) und durch
Akanjis unfreiwillige Mithilfe aus. Am
Ende jubilierte der sonst oft zur Skepsis
neigende SCF-Trainer Christian Streich:
„In der zweiten Halbzeit war es eine her-
ausragende Leistung von uns. Und ich
muss sagen, dass der Ausgleich hochver-
dient war.“ Torschütze Waldschmidt darf
sich nun berechtigte Hoffnungen machen,
entweder am Mittwoch gegen Argentinien
in Dortmund oder am Sonntag in Estland
beim Europameisterschafts-Qualifikati-
onsspiel gegen Estland seine Premiere in
der A-Nationalmannschaft zu geben.
Für die Dortmunder kommt die vier-
zehntägige Länderspielpause eher ungele-
gen, haben sie doch sehr viel aufzuarbei-
ten, um ihren hohen Ansprüchen gerecht
zu werden. Analytisch wie angehende Trai-

ner zerpflückten die Dortmunder Stars
am Samstag das eigene Spiel. Julian
Brandt, verunsichert durch seine ständi-
gen Wechsel zwischen der Stand-by-Rolle
auf der Bank und gelegentlichen Einsät-
zen mal auf dem Flügel, mal im Sturmzen-
trum wie in Prag, kam diesmal zwar schon
nach 14 Minuten zum Einsatz, weil sich
Piszczek verletzt hatte, doch beflügelt
wirkte er deswegen nicht. „Es ist schwie-
rig“, beschrieb der aus Leverkusen gekom-
mene Offensivspieler seine Situation,
ohne seinen Trainer deswegen zu attackie-
ren. Das Gesamtbild des BVB in diesen Ta-
gen aber skizzierte der kluge Bremer ange-
messen kritisch: „Es ist spielerisch nicht
genug momentan. Wir sind in vielen Situa-
tionen zu ungenau und schlampig. Dann
müssen wir in den Kampfmodus schalten.
Es gibt aber Mannschaften, die im Kämp-
fen sicherlich besser sind als wir.“
Das Dortmunder Kernproblem dieser
Tage sprach der selbst seit Wochen verun-
sichert wirkende Kapitän Marco Reus un-
verblümt an. „Ich habe das Gefühl, dass
uns selbst eine Führung nicht so viel Ver-
trauen gibt. Unsere Ballbesitzphasen sind
ohne jegliche Gefahr für den Gegner.“ Ein
alarmierender Befund, der auf die seeli-
sche Verwundbarkeit des Teams deutet.
Elf Gegentore nach gerade mal sieben
Spieltagen mit nur drei Siegen machen
deutlich, welchen Aufholbedarf es in Dort-
mund gibt. Das klang auch in den Worten
des dänischen Aufräumers Thomas Dela-
ney an: „Wir kontrollieren vielleicht zu
viel und greifen nicht genug an.“ Mats
Hummels, in Freiburg wie fast immer ein
grundsolider Innenverteidiger, empfahl
ein „besseres Ballbesitzspiel. Damit und
mit mehr Spielintelligenz hätten wir heute
den Sieg mitgenommen.“
So aber verpasste Borussia Dortmund
bei seinem Lieblingsgegner, gegen den er
seit 17 Pflichtspielen nicht verloren hat,
eine weitere Chance, sich mehr Sicherheit
in den eigenen Aktionen anzueignen.
„Das ist nicht gut momentan“, sagt Reus,
„da muss mehr von uns kommen, wenn
wir solche Ansprüche haben.“ Dazu sollte
auch Favre beitragen, der das schwarz-gel-
be Ensemble im Augenblick eher zu be-
gleiten als zu leiten scheint.

GELSENKIRCHEN.Dieses Tor riss die
Kölner mit. Trainer Achim Beierlorzer
rannte ziellos auf den Rasen der Gelsen-
kirchener Arena und wusste kaum, wohin
mit seinen Emotionen. Timo Horn sprin-
tete aus seinem Tor die rund 60 Meter in
Richtung Reservebank („Danach war ich
auch platt“) und sprang dem erstbesten
Kölner, der ihm im Weg stand, in die
Arme. Dass es zufällig sein Trainer war,
umso besser. Jonas Hector hatte für die-
sen ganz besonderen FC-Moment ge-
sorgt, als er in letzter Minute den Aus-
gleich per Kopf erzielte. „Wir haben heu-
te besser verteidigt, standen tiefer“, sagte
Hector nach dem 1:1 beim FC Schalke 04.
Der 1. FC Köln hat den Beweis geliefert,
dass er in der Bundesliga bestehen kann.
Zuletzt, vor allem nach der desolaten
Leistung und der 0:4-Heimniederlage ge-
gen Hertha BSC, waren nicht nur im tradi-
tionell unruhigen Kölner Umfeld Zweifel
daran aufgekommen. Sportdirektor Ar-
min Veh bemühte sich zwar umgehend,
Trainer Beierlorzer („Ich sehe, wie gear-
beitet wird“) den Rücken gegen aufkom-
mende Kritik zu stärken. Doch allein die
Tatsache, dass der Aufsteiger bis dato
eine erschreckend schwache Abwehrar-
beit abgeliefert hatte und vor der Partie
„auf“ Schalke die geringste Laufleistung
aller Bundesligateams in den sechs Par-
tien aufwies (659,1 Kilometer), sorgte für

dunkle Wolken über dem Klub. Gegen
Schalke nahmen die Kölner die Beine in
die Hand. Mehr als 115 Kilometer legten
sie zurück. Vor allem Hector, der von Bei-
erlorzer von der Außenverteidigerpositi-
on ins Zentrum des Kölner Spiels beor-
dert wurde, hatte großen Anteil an der

deutlich verbesserten Leistung. Der Natio-
nalspieler ging voran, führte die meisten
Zweikämpfe seines Teams und gewann
auch die Mehrzahl davon. Der 29-Jährige
hatte seine Mitspieler mitgerissen, ange-
leitet und auch angefeuert. „Jonas ist ex-
trem wichtig für uns. Er hat Probleme in

der Halbzeit, kämpft sich brutal durch
und wird am Ende durch das Tor be-
lohnt“, sagte Beierlorzer. Das Quälen bis
zum Schluss kostet Hector allerdings die
Teilnahme an den bevorstehenden Län-
derspielen. Aufgrund von neuromuskulä-
ren Problemen wird Hector in den kom-
menden Tagen kürzertreten und nicht zur
Nationalelf reisen. Gelohnt hatte sich
Hectors Einsatz über die Schmerzgrenze
hinaus für die Kölner allemal. Die Rhein-
länder wirkten unter seiner Regie erst-
mals in dieser Saison von der ersten bis
zur letzten Sekunde konzentriert, zwei-
kampfstark und leistungswillig.
Doch eines der Kernprobleme bleibt be-
stehen. Das vermeintliche Prunkstück
des FC, der Angriff um Anthony Mo-
deste, Jhon Cordoba und Simon Terodde,
erfüllt weiterhin nicht die Erwartungen.
In der vergangenen Zweitliga-Saison er-
zielten die drei Angreifer zusammen ins-
gesamt 55 Tore. Bislang haben die Rhein-
länder in der Bundesliga bislang nur fünf-
mal getroffen, davon erzielten die Angrei-
fer lediglich zwei Tore. Gegen Schalke
durfte Terodde, der zuletzt immer von der
Reservebank ins Spiel kam, allein in der
Sturmspitze beginnen. Cordoba und Mo-
deste kamen später ins Spiel – aber auch
diese Variante blieb ohne Ertrag. Dafür
traf Hector. „Diesmal ist mir der Ball auf
den Kopf gefallen. Das ist gut so.“
JÖRG STROHSCHEIN

dat.LEVERKUSEN.Rudi Völler wog
seinen Kopf von rechts nach links und
wieder zurück. Er wirkte irgendwie un-
entschlossen, als er sich ein paar Gedan-
ken über die Lage an der Spitze der Fuß-
ball-Bundesliga machte. Gerade hatten
der Sportvorstand von Bayer Leverku-
sen und sein Klub nach einem 1:1 gegen
RB Leipzig den Sprung an die Tabellen-
spitze verpasst. Er hätte sich also wun-
derbar ärgern können, dass die zwi-
schenzeitliche Blitztabellenführung aus
der Hand gegeben wurde. Doch Völler
haderte lieber mit dem Spielplan: „Du
musst gegen Bayern München spielen,
wenn sie vorher unter der Woche 7:2 ge-
wonnen haben“, sagte er, um die unge-
wöhnlichen Vorkommnisse an der Tabel-
lenspitze zu illustrieren. Natürlich wuss-
te er ganz genau, dass Bayer auf Rang
eins nach dieser in der ersten Hälfte voll-
kommen missglückten Partie ein grotes-


kes Bild abgegeben hätte. „Es wäre
schon schön gewesen, aber vielleicht zu
viel“, sagte Torhüter Lukas Hradecky
zur verpassten Chance in der Tabelle
und lieferte den Grund gleich mit: „Un-
ser Spiel ist nicht so überzeugend.“
Allerdings spielt irgendwie kein einzi-
ger Bundesligaverein derzeit konstant
so gut, dass der Platz ganz vorne ange-
messen erscheint. Die Leipziger hatten
ebenfalls die Option gehabt, die Spitze
zu erklimmen, doch wie schon unter der
Woche beim 0:2 gegen Lyon war Stür-
mer Timo Werner immer wieder bei-
nahe unbedrängt auf das gegnerische
Tor zugestürmt und hatte nie präzise ge-
nug abgeschlossen. „Der Matchplan ist
total aufgegangen, wir müssen in der ers-
ten Halbzeit hoch in Führung gehen“,
sagte Trainer Julian Nagelsmann. Aber
es stand 0:0. In Dortmund würde man
sich nach solch einem Rausch der Chan-
cenverschwendung vermutlich streiten,
ob das Team nun ein Mentalitäts-, ein


Qualitäts- oder gar ein Trainerproblem
habe. Leipzig und Leverkusen hingegen
konnten sich sogar erfreuen an ihren
Leistungen, die weit entfernt waren von
Perfektion.
Nagelsmann feierte die Aufführung
der beiden Mannschaften als „tolles Fuß-
ballspiel mit sehr vielen Facetten“, mit
einer „Kontermannschaft“ (Leipzig)
und einem Team, das „Ballbesitz ge-
spielt hat“ (Leverkusen). In der zweiten
Hälfte hätten dann „beide einen Mix aus
beidem“ versucht. Ein wirklich gutes Ni-
veau hatte die Partie aber nicht. Aber
wenn es um Unterhaltung geht, ist das
Niveau eben nur ein Aspekt. Das zeigt
sich derzeit in der gesamten Liga und
war beispielhaft in diesem Spiel zu se-
hen. Sogar Champions-League-Vertre-
ter wie Leipzig und Leverkusen sind er-
staunlich instabil. RB hat keine der drei
jüngsten Partien gewinnen können, da-
her sei der Ausgleich durch Christopher
Nkunku (78. Minute) „für den Kopf sehr
wichtig“ gewesen, merkte Diego Dem-
me an. Scheinbar ist bei den Leipzigern
ein Klima des Selbstzweifels entstan-
den. Emil Forsberg jedenfalls erklärte:
„Wir haben immer noch Selbstvertrau-
en, es war wichtig, das zu spüren.“ Und
die Leverkusener hatten bis zur Pause ge-
spielt wie eine naive U 17, die noch nie
von der Konterstärke des sächsischen
Spitzenklubs gehört hat. Die erste Hälf-
te erinnerte bedenklich an die Harakiri-
Wochen von Peter Bosz zum Ende sei-
ner Zeit beim BVB. Nach der Pause habe
sein Team „das erste Mal, seit ich da bin,
tiefer gestanden“, sagte der Trainer. Das
reichte, um der Partie eine neue Wende
zu geben. Und dennoch zeigten sich im
Spiel des Teams abermals grundlegende
Schwierigkeiten.
Jonathan Tah hat mit einem Formtief
zu kämpfen, immer wieder passieren
dem Nationalspieler vermeidbare Feh-
ler. Nun fällt nach einem schweren Foul
von Cunhas an Charles Aránguiz der
wichtigste Stabilisator im Mittelfeld aus.
Er erlitt einem Haarriss im Mittelfuß
und einem Muskelfaserriss im Ober-
schenkel. Und nicht zuletzt sucht Kai Ha-
vertz in der ersten Saison, in der er end-
gültig mit dem Etikett „kommender Su-
perstar“ durch die Liga tourt, nach sei-
ner Leichtigkeit; vielleicht fehlt ihm
sein alter Partner Julian Brandt, der mitt-
lerweile bei Borussia Dortmund spielt.
Nach Kevin Vollands 1:0 (66.) waren sie
trotz des dicken Bündels von Widrigkei-
ten und Problemen zwischenzeitlich Ers-
ter, man kann darüber streiten, ob das
ein gutes Zeichen für die Bundesliga ist
oder eher ein Zeugnis der Schwäche.

Nicht präzise genug:
Der Leipziger Stürmer
Timo Werner Foto EPA

WOLFSBURG(dpa). Der VfL Wolfs-
burg ist in der Fußball-Bundesliga auf
Platz zwei vorgerückt. Der Europa-Lea-
gue-Teilnehmer gewann am Sonntag 1:0
gegen Aufsteiger 1. FC Union Berlin
und zog in der Tabelle an großen Na-
men wie Bayern München, Schalke 04
und dem nächsten Gegner RB Leipzig
vorbei. „Wir sind sehr froh, dass wir die-
ses schwierige Spiel gewinnen konnten
und wir als Zweiter ungeschlagen in die
Länderspielpause gehen“, sagte VfL-
Trainer Oliver Glasner.Der Siegtreffer
für die „Wölfe“ gelang Torjäger Wout
Weghorst erst in der 69. Minute. Das ließ
den VfL auch den Ärger über einen wie-
der zurückgenommenen Foulelfmeter zu
Beginn der zweiten Halbzeit vergessen
(53.).
Union ist nach der vierten Niederlage
in Serie nur aufgrund der besseren Tor-
differenz noch nicht auf einen direkten
Abstiegsplatz zurückgefallen. „Der einzi-
ge Vorwurf, den ich meinen Jungs ma-
chen kann, ist die fehlende letzte Konse-


quenz vor dem Tor“, sagte Union-Trai-
ner Urs Fischer: „Wir müssen auch mal
einen reinhauen, wenn man so viele Tor-
chancen hat.“
Der VfL dagegen nutzte diesmal die
große Chance, die sich ihm schon beim
vorangegangenen Heimspiel gegen Hof-
fenheim (1:1) geboten hatte: Er verbes-
serte sich auf einen Champions-League-
Platz. Außerdem ist er auch nach dem
zehnten Pflichtspiel unter seinem Trai-
ner Glasner ungeschlagen.
Vor 27 012 Zuschauern hätte Wolfs-
burg dieses Spiel zwar schon in den ers-
ten zehn Minuten entscheiden können,
doch die Berliner machten dem VfL das
Leben mit einer Fünferabwehrkette
schwer. „Union hat uns heute im System
quasi gespiegelt und uns über den gan-
zen Platz in Zweikämpfe verstrickt“, sag-
te Glasner. Die Wolfsburger versuchten
nach dem Wechsel noch einmal alles.
Gerade als sie selbst den Glauben an ei-
nen Sieg zu verlieren schienen, traf Weg-
horst zum erlösenden 1:0.

Alarmierende Befunde


Über die Schmerzgrenze hinaus


Jonas Hector geht als Kölner Anführer voran, kämpft sich durch und trifft zum 1:1 gegen Schalke


r.z. FRANKFURT. „Zuerst große
Glücksgefühle, danach große Enttäu-
schung.“ So beschrieb Djibril Sow, der
schweizerische Mittelfeldspieler von
Eintracht Frankfurt, seine emotionale
Gemengelage am Sonntagabend nach
dem 2:2 gegen Werder Bremen. Als
nach den Toren von Klaassen (27. Mi-
nute) für die Norddeutschen und Rode
(55.) schon alles auf ein 1:1 hinauszu-
laufen schien, bescherte Silvas Schuss
den Hessen das späte 2:1 (88.). Doch
wenig später war der Vorsprung nach
Rashicas Elfmetertor (90.+1) schon
wieder aufgebraucht. Damit verharren
die beiden Mannschaften im Mittelfeld
der Bundesliga: die Eintracht auf Rang
neun und Werder auf Platz elf.
Siebzig Stunden nach dem Abpfiff
der Europa-League-Begegnung in Gui-
marães war der Eintracht zunächst
nichts von den Strapazen eines erfolg-
reichen Fußballabends anzumerken.
Die Hessen legten los wie die Feuer-
wehr und erspielten sich, beflügelt von
dem 1:0-Erfolg in Portugal, während
der ersten 25 Minuten zahlreiche gute
bis erstklassige Gelegenheiten. Die bes-
te Chance zum Führungstreffer besaß
der Japaner Kamada, dessen Schuss
Torhüter Pavlenka gegen die Latte
lenkte (20.). Werder war bis dahin nur
einmal mit einem Warnsignal aufgefal-
len, als Eggesteins Schuss nach einem
Ballverlust des Frankfurters Kostic ge-
gen den Pfosten prallte. Ansonsten wa-
ren die tief stehenden Norddeutschen
mit schwerer Abwehrarbeit zur Genü-
ge ausgelastet.
Dann aber, als die Frankfurter alle
Vorteile auf ihrer Seite wähnten, ent-
wickelten die Bremer den bis dahin
schönsten Angriff des Spiels, der im
dritten Versuch zur 1:0-Führung
durch Klaassens Schuss unter die Lat-
te führte. Zuvor hatte Torhüter Rön-
now, der solide Vertreter des nach ei-
ner schweren Schulterverletzung noch
lange fehlenden Trapp, einen Schuss
von Sargent per Fußabwehr pariert,
ehe Bittencourt im zweiten Anlauf die
Latte traf und danach der Holländer
Klaassen die allerdings von keinem
Frankfurter empfindlich gestörte Bre-
mer Musterattacke vollendete. Da-
nach verflachte das bis dahin sehens-
werte Spiel ein wenig.
Und ging nach der Pause um so tem-
peramentvoller weiter. Wieder drückte
die Eintracht auf die Tube und wurde
nun endlich belohnt, als der umtriebi-
ge Rode aus einem Eckball von Kama-
da per Diagonalschuss das 1:1 machte.
Zuvor hatte Veljkovic den Frankfurter
Paciência elfmeterreif gefoult, doch
die Eintracht bekam den Strafstoß
nicht, weil ihr portugiesischer Stürmer
in dieser Szene im Abseits stand. Da-
nach hielt die Dominanz der Frankfur-
ter, unterfüttert durch viele lang und
hoch geschlagene Flanken, an, ohne
weiteren Ertrag abzuwerfen. „Wir ha-
ben in der zweiten Halbzeit aufgehört,
Fußball zu spielen“, sagte der Bremer
Verteidiger Friedl über den strecken-
weise fahrigen Auftritt von Werder.
Alle Bremer freuten sich dann doch
über das glückliche Ende für Werder,
nachdem Silva die Eintracht kurz vor
Toresschluss 2:1 in Führung gebracht
hatte, als Torhüter Pavlenka Paciênci-
as Kopfball soeben nach vorn abweh-
ren konnte. Dann aber schlug Werder
zurück, als Hasebe den besten Bremer,
Klaassen, im Strafraum foulte und Ra-
shica den fälligen Elfmeter zum
2:2-Endstand nutzte. (Siehe Rhein-
Main-Sport.)

„Tabellenführung


wäre zu viel gewesen“


Leverkusen und RB beim 1:1 weit weg von Perfektion


Eintracht im


Wechselbad


der Gefühle


Später Bremer


Ausgleich beim 2:2


Wolfsburg rückt vor


Platz zwei nach dem 1:0 über Union Berlin


Nach dem nächsten 2:2


zerpflücken die Stars


des BVB das eigene


Spiel. Die Mannschaft


ist an einem kritischen


Punkt angekommen.


Von Roland Zorn,


Freiburg


Das ging nach hinten los:Manuel Akanji überwindet seinen Mannschaftskollegen Roman Bürki. Foto EPA

Mitreißend:Jonas Hector nach seinem Treffer kurz vor Toresschluss Foto Imago
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