Frankfurter Allgemeine Zeitung - 07.10.2019

(Dana P.) #1
NR. 232·SEITE 7

FRANKFURTER ALLGEMEINE ZEITUNG Deutschland und die Welt MONTAG, 7. OKTOBER 2019


MYRONIWSKE, im Oktober. Tanja Da-
wydowa lebt im Osten der Ukraine. In ih-
ren zwölf Lebensjahren hat sie schon eini-
ges erlebt, und doch wirkt sie wie ein fröh-
liches Mädchen, das vor fremden Erwach-
senen keine Scheu zu haben scheint. Und
das einen überraschenden Berufswunsch
hat: „Ich will Chirurgin werden.“ Warum?
„Weil es gut ist, alle Menschen zu heilen.“
Sie erzählt, dass sie im Fernsehen gerne
Arztserien schaue, nicht ausgeschlossen,
dass sie auch die „Schwarzwaldklinik“
kennt, die Serie wurde immerhin in
38 Länder verkauft. Verhältnisse wie im
Schwarzwald aber müssten Tanja wohl
idyllisch vorkommen.
Im wahren Leben hat sie anderes durch-
gemacht; vielleicht hat ihr Berufswunsch
auch damit zu tun. Ihre Familie lebte 2014
hier in der Kleinstadt Myroniwske, nörd-
lich der Metropole Donezk in der Ostukrai-
ne. Damals verübten
russische und mit Russ-
land sympathisierende
einheimische Kämpfer
Gewalttaten in der Ge-
gend. Sie besetzten
Verwaltungs- und Poli-
zeigebäude und riefen
eine separatistische
„Volksrepublik“ aus.
Dann rückte die ukrai-
nische Armee an und
trieb die Kämpfer nach Osten zurück.
Etwa sechs Kilometer von hier fand 2015
die Kesselschlacht von Debalzewe statt,
eine der schlimmsten Auseinandersetzun-
gen in diesem Krieg. Irgendwann kam die
Front, die heute im Diplomatensprech
„Kontaktlinie“ heißt, zum Stehen. Das
war östlich von Myroniwske, einen Spa-
ziergang von hier entfernt, irgendwo hin-
ter den Sonnenblumenfeldern.
Tanja hat in diesem Krieg einen guten
Freund verloren; er war 13 Jahre alt. Er
starb zusammen mit seinem Vater, „als
das Haus in die Luft flog“, sagt Tanja,
ohne Emotionen zu zeigen. 2017 sei das
gewesen. Wer hat damals geschossen?
„Wahrscheinlich die Leute der Donezker
Volksrepublik“, sagt das Mädchen nach
kurzem Nachdenken. „Dann sind wir
nach Russland gefahren. Wir haben ein
Jahr in der Nähe von Moskau gewohnt.“
Einst war das Donbass, das grenznahe
Industrierevier im Osten, eine Region, die
Ukraine und Russland verband. Da der
überraschend ins Land gekommene Krieg
weniger ein ethnischer als vielmehr ein po-
litisch-ideologischer Konflikt war, fanden
es Hunderttausende Familien ganz nor-
mal, bei der Suche nach Zuflucht pragma-
tisch zu entscheiden: Man ging in das
Land, in dem man Verwandte hatte. Die
Dawydows mit ihren fünf Kindern hatten
Verwandte in Russland. „Ich ging dort
auch zur Schule“, erzählt Tanja. „Die Schu-
le war in Ordnung, aber die anderen Kin-
der haben zu uns Distanz gehalten.“
2015 wurde nach zähen Verhandlungen
im „Normandie-Format“ (Deutschland,
Frankreich, Ukraine, Russland) zumin-
dest auf dem Papier ein Waffenstillstand
erreicht. Der heiße Krieg gerann zu einem
Stellungskrieg: Man beschoss sich, ohne
die ausgehandelte „Kontaktlinie“ zu ver-
schieben. Damals gingen die Dawydows –
bis auf zwei ältere Söhne – zurück in ihre
Heimat. Heute leben sie wieder in Myro-
niwske, in Hörweite der festgefrorenen
Front. Ihr Vater war Mechaniker, sagt Tan-
ja, „aber sein Betrieb ist zerstört“. Also ste-
cken die Dawydows jetzt viel Energie in
die Pflege ihres Gemüsegartens. Aus den
Worten des Mädchens geht hervor: Es ist
ein Leben am Rande des Existenzmini-
mums.
Iryna ist Betreuerin in der „Allgemein-
bildenden Schule Nr. 1“ in Myroniwske, in
der das Treffen stattfindet. Sie sagt: „Das
Leben sieht jetzt für viele so aus: Ich dir To-
maten, du mir Kartoffeln.“ 267 Schülerin-
nen und Schüler zähle die Schule heute.
„Vor dem Krieg waren es doppelt so viele.
Es gibt viele Familien, die weggefahren
sind. Geblieben sind diejenigen, die nir-
gendwo hinfahren konnten.“ Und die Daw-

ydows, die Rückkehrer. Dazu kämen Bin-
nenflüchtlinge, sagt die Lehrerin, etwa
aus Debalzewe, mindestens 20 Flüchtlings-
kinder seien unter den Schülern.
Iryna, ursprünglich Mathematiklehre-
rin, ist eine Frohnatur, sonst würde sie es
hier wohl auch kaum länger aushalten.
„Die Kinder haben schnell gelernt, beim
Beschuss nach Gehör zu unterscheiden
zwischen ‚Anflug‘ und ‚Abflug‘. ‚Abflug‘
ist, wenn unsere Seite rüber schießt. Dann
sagen die Kinder: ,Ach, das sind unsere‘,
und spielen weiter.“ Die Erwachsenen
scheinen sich an den Beschuss, der oft
nachts geschieht, nicht so leicht zu gewöh-
nen. „Man sitzt nachts im Haus da, und
plötzlich macht es ‚hu-huch‘, ein größeres
Kaliber“, sagt Iryna und reißt mit theatrali-
scher Geste die Augen auf.
Hauptsächlich beschäftigt ist sie derzeit
beim städtischen Gasbetrieb; dort muss
sie auch Nachtwache halten. „Im August
habe ich in einer Nacht 24-mal Beschuss
in mein Protokoll schreiben müssen.“ Die
gute Nachricht ist: Man hört es oft knallen
und krachen, aber fast nie landet etwas in
Myroniwske. Der Stellungskrieg ist auch
ein Einschüchterungskrieg. Viele Schüsse
sind vermutlich als Schreckschüsse ge-
dacht – aber immer mit scharfer Muniti-
on. „Den ganz kleinen Kindern erklären
wir, da werde Salut geschossen“, sagt Iry-
na. „Anfangs rannten die Kinder immer
sofort zu ihren Eltern, wenn es knallte; in-
zwischen sind sie geschult und wissen:

Wenn ein Anflug kommt, flach hinlegen
und nicht bewegen.“
Auch wenn für die Kinder auf dem
Schulhof scheinbar Normalität herrscht:
Iryna weiß, dass das nicht auf alle zutrifft.
„Die Stresssituation fördert alle mögli-
chen Krankheiten. Es gibt Kinder, die in
ihrer Psyche gestört sind, die auf nichts
mehr reagieren. Die nur noch an ihrer
Mutter kleben, die nie rausgehen, mit nie-
mandem reden wollen.“ Dann sei Ablen-
kung durch die Eltern gefragt – und die Ar-
beit des Psychologen, der ebenfalls an der
Schule tätig ist. Um diese Ablenkung auch
in der Ferienzeit gewährleisten zu kön-
nen, war Iryna im August als Betreuerin
im Einsatz. Das war nur möglich aufgrund
eines langfristigen Kinderprojekts der
ukrainischen Caritas. Seit 2016 ist Iryna
dank der Organisation in der Schule tätig,
Unterricht gibt sie nicht mehr.
Auch die OSZE ist hier aktiv: Ihre unbe-
waffneten Patrouillen beobachten das
Konfliktgebiet, registrieren auf beiden Sei-
ten der „Kontaktlinie“ Beschuss, nicht zu-
gelassene schwere Waffen und andere Vor-
kommnisse. „Sie kommen fast jeden Tag
vorbei“, sagt eine Lehrerin. „Sie haben so
schöne Autos mit Fähnchen dran. Dann
fragen sie uns nach der aktuellen Lage.
Wenn sie da sind, ist es immer friedlich.
Wenn sie weg sind, geht das Geschieße
wieder los.“ Die einzige Organisation, de-
ren Mitarbeiter „dauerhaft“ da seien, sei
die Caritas. Ihr nächstes Zentrum, wie
sich das Büro mit etwa 15 Mitarbeitern
nennt, ist in der Großstadt Kramatorsk,
50 Kilometer westlich der „Kontaktlinie“.
Schon am Türschild empfangen einen die
Farben Gelb-Blau (Ukraine) und
Schwarz-Rot-Gold. Es sind großenteils
Mittel aus Deutschland, von der deut-
schen Caritas und vom Auswärtigen Amt,
die hier eingesetzt werden. Eine Kleider-
kammer für Bedürftige gibt es, einen Be-
sprechungsraum, außerdem Sozialarbeite-
rinnen, die teilweise Kinder wie in Myro-
niwske, teilweise Flüchtlinge und gebrech-
liche Personen betreuen.
Das Flüchtlingsproblem ist gewaltig:
1,5 Millionen Menschen sind aus dem
Konfliktgebiet in andere Regionen der
Ukraine geflohen, als Binnenflüchtlinge.
Von weiteren 1,4 Millionen in den Nach-
barländern Russland und Weißrussland
sprach vor kurzem der Außenminister der
Ukraine, Wadym Prystajko. Allerdings ist
kaum genau festzustellen, wie viele davon
nach ihrer Registrierung als Flüchtlinge
wieder in ihre Heimat zurückgekehrt sind

oder – meist aus finanziellen Gründen –
eine Art Pendlerexistenz zwischen zwei
Orten führen. Die Flüchtlingswelle auf
dem Höhepunkt der Kämpfe 2014/
war mit jener in den Balkan-Kriegen der
neunziger Jahre vergleichbar – doch der
Zeitraum, in dem sie auftrat, war kürzer.
So spricht Andrij Waskowycz, Präsident
der Caritas Ukraine, in einer Broschüre
der deutschen Schwesterorganisation von
der „größten humanitären Katastrophe in
Europa seit dem Zweiten Weltkrieg“.
Am Ende des Besuchs in Myroniwske
führt Schulleiterin Jana Poljakowa durch
das Haus. Sie zeigt von außen sichtbare Lü-
cken in der Bausubstanz, verursacht durch
Erschütterungen beim Beschuss. Dann
geht es in den Keller. Die Russischlehrerin
sagt: „In der Sowjetunion hatte jede Schu-
le ihren eigenen Bunker. Wir hatten auch
einen, aber wir haben ihn seit Jahrzehn-
ten nicht benutzt. Das Klo war kaputt.
Dann kam das Jahr 2014. Jetzt wird der
Bunker wieder gebraucht. Schauen Sie,
die Decken, die Wasserflaschen.“ Nur die
Ikonen habe man wieder mit nach oben ge-
nommen. Offenbar waren die vergange-
nen Wochen relativ ruhig.
Zum Abschied bricht es aus ihr heraus:
„Sagen Sie bitte: Wir beantragen immer
wieder Mittel für die Renovierung unserer
Schule. Machen wir etwas falsch? Warum
klappt das nie?“ Vielleicht liegt es am
knappen Haushalt der Ukraine. Vielleicht
sollte man die Direktorin auch auf die Ver-
einten Nationen verweisen. Seit Jahren
klagt die humanitäre UN-Behörde OCHA,
dass sie das Geld für ihre Ukraine-Hilfs-
programme nicht zusammenbekommt.
Zum 1. September stellte die OCHA fest,
dass die Staatengemeinschaft von den für
2019 eingeplanten 162 Millionen Dollar
erst 48 Millionen aufgebracht habe. Je wei-
ter ein Land von der Ukraine entfernt ist,
desto geringer die Hilfsbereitschaft.
Drei Jahre ist es her, dass sich die drei
Präsidenten und die Bundeskanzlerin im
„Normandie-Format“ zuletzt getroffen ha-
ben; jetzt gibt es Hoffnung auf einen neu-
en Friedensgipfel. Zugleich tobt in den
Vereinigten Staaten die Ukraine-Affäre,
die eng verknüpft ist mit dem Konflikt in
dieser Region. Wie lange wird der Be-
schuss noch weitergehen in Myroniwske?
Iryna lacht auf. „Wir sagen Ihnen Be-
scheid, wenn es zu Ende ist“, sagt sie.
„Kommen Sie uns wieder besuchen!“ Und
dann, ernster: „Nein, wann das hier zu
Ende geht, weiß niemand.“

Miley Cyrushat auf die vielen Spekula-
tionen in der Boulevardpresse über
neue Romanzen nach dem Ende ihrer
Ehe mit Liam Hemsworth reagiert.
Die 26 Jahre alte Sängerin bat auf Twit-
ter nicht nur um mehr Privatsphäre,
sondern will auch gleichberechtigt mit
Männern im Musikgeschäft behandelt
werden. „Männer, besonders die erfolg-
reichen, werden selten für ihr Dating-
verhalten beschimpft. Sie können eine
junge, schöne Frau mit der nächsten
tauschen, ohne dass es meist irgendwel-
che Konsequenzen hätte“, so Cyrus.
Frauen würden dagegen schnell mora-
lisch abgestempelt und als „Schlam-
pen“ bezeichnet. Süffisant fügte sie
hinzu: „Wenn unser Präsident mit sei-
nem ,Grab ’em by the pussy‘ durch-
kommt, kann ich doch wohl einen
Kuss und eine Acaí Bowl bekommen?“
Sie könne verstehen, dass Menschen es
für selbstverständlich hielten, sich in
ihr Leben einmischen zu können. „Sie
haben mich aufwachsen sehe... Aber
ich bin jetzt erwachsen und treffe mei-
ne eigenen Entscheidungen.“ (marw.)
Prinz Harryhat Klage gegen zwei briti-
sche Zeitungsverlage wegen illegalen
Abhörens von Mailbox-Nachrichten
eingereicht. Entsprechende Medienbe-
richte wurden aus Palastkreisen bestä-
tigt. Die Vorwürfe richten sich nach
Angaben der britischen Nachrichten-
agentur PA gegen den Verlag News
Group Newspapers, zu dem die „Sun“
gehört, und Reach plc, den Verlag der
Zeitungsmarke „Mirror“. Die beklag-
ten Zeitungen gehören zu den aufla-
genstärksten Blättern Großbritan-
niens.Erst vor wenigen Tagen hatte
sich Prinz Harry in einem emotionalen
Schreiben an die Öffentlichkeit ge-
wandt, in dem er eine „skrupellose
Kampagne“ gegen seine Frau Meghan
beklagte. Sie sei „eines der jüngsten Op-
fer der britischen Boulevardpresse“ ge-
worden. Dabei erinnerte Harry an die
Verfolgungsjagd in Paris 1997, bei der
seine Mutter, Prinzessin Diana, auf der
Flucht vor Paparazzi ums Leben gekom-
men war. Zeitgleich kündigten die An-
wälte des Paars eine Klage gegen die
„Mail on Sunday“ und ihre Mutterfir-
ma Associated Newspapers an. Die Me-
diengruppe habe falsche und „vorsätz-
lich abfällige“ Berichte über den Her-
zog und die Herzogin von Sussex ge-
schrieben.(dpa)

An einem normalen Kiosk in Köln kön-
ne man das Gespräch mit Carolin Kebe-
kus nicht führen, ist ihr Manager über-
zeugt. Zu viele Fans würden stehen blei-
ben, Autogramme oder Selfies wollen.
In Köln ist die 39 Jahre alte Komikerin
eine Art Volksheldin. Im F.A.Z.-Ge-
sprächspodcast „Am Tresen“ spricht
sie über Angst vor Jesus, Klimaproteste,
Feminismus und ihre Kindheit in der
Kölner Vorstadt.


Katholische Kindheit: Ich habe von
meiner Oma diesen Jesus kennenge-
lernt, der alles sieht, alles beurteilt und
der böse ist, wenn man was falsch
macht, und einen auch bestraft. Es gab
diese Gratwanderung zwischen: Der
liebt mich total, und der bestraft mich.
Das habe ich als Kind nicht zusammen-
bekommen. Irgendwann wurde in unse-
rer Kirche, die sonst sehr modern war,
ein Kreuz aufgehängt. Ich habe Angst
vor Jesus bekommen. Der hing da völ-
lig ausgemergelt, voller Blut. Und ich
dachte: Gleich dreht der sich um, gleich
macht der die Augen auf. Es gibt eine
komische Grundschuld, die man als Ka-
tholik mitbekommt. Im Leid ist die Er-
lösung, nicht in der Freude.


Vulgäres auf der Bühne:Der Teil mei-
ner Bühnenfigur hat schon sehr viel Pri-
vates. Kann schon sein, dass das viel
mit meiner Herkunft zu tun hat. Wo ich
aufgewachsen bin, war es laut auf der
Straße. Wenn man wie ich das kleine
Mädchen mit dem rosa Pulli war, war
man ein leichtes Opfer. Dann habe ich
den Spieß umgedreht.


Hässliches Kind:Ich war kein schönes
Kind, ich war dick, ich hatte ja eine pol-
nische Oma, die mich vollgestopft hat.
Mein Bruder: riesige dunkle Augen,
dunkle Haare. Ich war blond, hässlich,
Matschgesicht.


Vorbild:Gaby Köster war damals mein
absolutes Vorbild. Ich weiß noch, wie
ich die das erste Mal auf der Bühne ge-
sehen habe und dachte: Das ist ja cool,
Mädchen können auch so was machen.
Ich wäre von allein nicht darauf gekom-
men, dass das auch für Frauen ein Be-
ruf sein kann.


Karneval:Der traditionelle Karneval
ist wie die katholische Kirche. Als Mäd-
chen darfste das Pferd festhalten und
deinem Mann die Hose bügeln. Du


kannst dich als Funkenmariechen hoch-
schmeißen lassen. Aber es gibt keine
Präsidentin wie im alternativen Karne-
val. Nicht mal im Dreigestirn gibt es
eine Frau – die Männer nehmen uns die
Jungfrau weg. Für die heutige Zeit ist
das seltsam.


Frauen in der Comedy:Im Beruf habe
ich das nicht erlebt, dass ich sexistisch
behandelt werde. Aber vor ein oder
zwei Jahren habe ich einen Kollegen ge-
troffen, den ich lange nicht gesehen hat-
te. Der meinte, Mensch, das läuft ja su-
per bei dir, du trittst in großen Hallen
auf, das ging ja wahnsinnig ab bei dir,
hat er gesagt, „da hast du ja wahnsinnig
Glück gehabt“. Ich habe dann nachge-
fragt, was er meint. „Du hattest Glück,
dass da keine andere Frau war“, sagte
er. Ich so: Hä? Das war eigentlich eine
totale Beleidigung. Gäbe es mehr lusti-
ge Frauen, wärst du nicht so erfolg-
reich, ist die Logik. Das heißt auch: So
lustig bist du eigentlich gar nicht. Es
gibt mehrere Männer, die unterschiedli-
che Rollen einnehmen und die Frau,
die erst mal nur die Frau ist. Wie bei
den Schlümpfen, wo jeder Schlumpf
was kann – außer Schlumpfine, die hat
halt den Charakter Frau.


Afrika:Für die Entwicklungsorganisati-
on One war ich in Sambia. Da habe ich
begriffen, dass ganz viel weibliches Po-
tential brach liegt. Wenn man Frauen
mehr Rechte gibt, geht es der Welt bes-
ser. Es ist immer so klischeehaft, aber
dann war ich in Afrika, habe das Elend
gesehen. Es ist einfach krass. Die Mä-
dels, die dort auf dem Dorf sind, müs-
sen zu Hause bleiben, sobald sie ihre Pe-
riode bekommen. Es gibt keine Tam-
pons oder Binden. Sie verpassen den
Unterricht, haben weniger Chancen.
Das hängt alles zusammen.


Greta Thunberg:Ich finde es seltsam,
dass es eine Welle gibt, das Mädchen so
anzugehen. Diese Aufkleber am Aus-
puff: „Fuck you Greta“. Dabei zeigt Gre-
ta nur, was man machen kann. Die hat
vor einem Jahr angefangen, allein mit
ihrem Pappschildchen zu demonstrie-
ren. Jetzt fühlen sich alle ein bisschen
auf den Schlips getreten und werden ag-
gressiv, weil dieses kleine Mädchen
zeigt, wie viel man bewegen kann.


Den F.A.Z.-Podcast „Am Tresen“ können Sie über
iTunes, Spotify und alle gängigen Player abonnie-
ren. Mehr unter http://www.faz.net/amtresen.


Letzte Zuflucht:Schuldirektorin Jana Poljakowa führt durch den Kellerbunker der Schule inMyroniwske. Fotos Gerhard Gnauck

KITZBÜHEL, 6. Oktober (dpa). Ein
25 Jahre alter Mann hat nach Angaben
der Polizei in Kitzbühel (Österreich)
aus Eifersucht fünf Menschen erschos-
sen. Die Opfer sind laut Behörden sei-
ne 19 Jahre alte ehemalige Freundin,
ihr neuer Freund, der Bruder sowie die
Eltern der Frau. Tatort war ein Einfami-
lienhaus. Die Neunzehnjährige hatte
sich laut Polizei vor zwei Monaten von
dem Mann getrennt. Nach der Bluttat
stellte sich der Einheimische am Sonn-
tagmorgen bei der örtlichen Polizei.
„Ich habe soeben fünf Personen ermor-
det“, sagte er nach Angaben des Chefs
des Landeskriminalamts Tirol, Walter
Pupp, als er auf der Wache erschien.
Der Tat sei ein Streit zwischen den
ehemaligen Partnern in einem Lokal in
Kitzbühel vorausgegangen, sagte Pupp.
Der kurze Disput bei einer zufälligen
Begegnung schien allerdings nach bis-
herigen Erkenntnissen nicht drama-
tisch verlaufen zu sein. Dennoch wurde
er wohl zum Auslöser der Tat. Die Er-
mittler rekonstruierten das Geschehen
durch die Aussagen des Tatverdächti-
gen. Danach klopfte der Mann gegen
vier Uhr morgens am Sonntag an dem
Einfamilienhaus. Der 59 Jahre alte Va-
ter der ehemaligen Freundin öffnete
und machte dem Mann klar, dass er in
dem Haus nichts mehr zu suchen habe.
Nach der Zurückweisung fuhr der
Mann nach Hause. Er bemächtigte sich
der Pistole seines Bruders vom Kaliber
neun Millimeter. Der Bruder, aktuell
im Ausland, besitzt die Waffe laut Poli-
zei rechtmäßig und hat sie wohl auch
ordnungsgemäß aufbewahrt.
Dann tauchte der Tatverdächtige,
der bei einer Baufirma beschäftigt ist,
wieder am Haus seiner früheren Partne-
rin auf. An der Haustür erschoss er den
Vater, kurz darauf auch die 51 Jahre
alte Mutter und den Bruder. Seine ehe-
malige Freundin war in einer Einlieger-
wohnung, deren Tür verschlossen war.
Über einen Balkon verschaffte er sich
Zutritt. Dort tötete er seine ehemalige
Freundin und deren neuen Freund.
Eine Obduktion soll nun unter ande-
rem die Frage klären, welche Rolle ein
Messer gespielt hat, das der Mann nach
der Tat bei der Polizei präsentierte.

ktr. MÜNCHEN, 6. Oktober. „Ruhig und
gemütlich“ ist das Oktoberfest, das am
Sonntag zu Ende gegangen ist, aus Sicht
der Münchner Polizei verlaufen. Diesen
Eindruck bestätigte der Festleiter Cle-
mens Baumgärtner, der am Sonntag von
einem „gutgelaunten Publikum“ sprach,
das in diesem Jahr 7,3 Millionen Maß ge-
trunken und 124 Ochsen gegessen hat.
Als positiven Trend verbuchte die Poli-
zei den deutlichen Rückgang der Taschen-
diebstähle – bei etwa gleichbleibender Be-
sucherzahl von 6,3 Millionen Gästen. Wa-
ren es im Jahr 2018 174 Taten, so wurden
dieses Jahr 133 Delikte erfasst. Die Erfol-
ge führt die Polizei auf zivil agierende
Fahnder und eine verstärkte Videoüberwa-
chung zurück. Als hilfreich erwies sich

nach den Angaben auch wieder die Zusam-
menarbeit mit Taschendiebfahndern aus
anderen deutschen Großstädten sowie aus
dem Ausland. So konnten am Samstag
Fahnder aus Budapest zwei Männer beob-
achten, die einem alkoholisierten Franzo-
sen, der auf einer Parkbank schlief, die Le-
derjacke entwendeten. Die beiden Diebe
durchsuchten die Jacke, nahmen sich eine
Packung Zigaretten und warfen die Jacke
dann in den Mülleimer. Zuvor hatte einer
der Diebe die Lederjacke mehrfach anpro-
biert, sie passte ihm aber nicht. Die beiden
Männer wurden festgenommen.
Insgesamt bewegt sich die Gesamtzahl
der Straftaten, die bis Sonntagmorgen re-
gistriert wurden, mit 914 etwa auf dem Ni-
veau von 2018, als 924 Taten registriert

wurden. 469 Personen wurden festgenom-
men, 60 mehr als im Jahr zuvor. Allein
237 Festnahmen gab es im Zusammen-
hang mit Verstößen gegen das Betäubungs-
mittelgesetz. Leicht zugenommen haben
jedoch die gefährlichen Körperverletzun-
gen, unter die auch 32 Schlägereien mit ei-
nem Maßkrug fallen: 78 dieser Delikte wa-
ren es in diesem Jahr, 70 im Jahr 2018, dar-
unter 27 Auseinandersetzungen mit ei-
nem Bierkrug. Insgesamt hat die Zahl der
Körperverletzungen leicht zugenommen,
von 256 auf 263 Delikte. Nach wie vor auf
hohem Niveau liegen nach den Angaben
Gewalthandlungen gegen Polizeibeamte.
Zehn Beamte wurden verletzt, 22 Taten
mit dem Hintergrund „Widerstand gegen
Vollstreckungsbeamte“ erfasst.

Die Zahl der registrierten Sexualdelikte
(45) war ähnlich hoch wie im Vorjahr.
Meist waren es Fälle, die das „sexuell moti-
vierte Berühren von vorwiegend weibli-
chen Wiesn-Besuchern“ betrafen. Die Poli-
zei hob abermals die Videoüberwachung
durch 49 Kameras hervor, die neben den
Streifengängen dazu beigetragen habe,
sich abzeichnende Sexualdelikte rechtzei-
tig zu erkennen. Obwohl die Zahl der Ge-
samtstraftaten leicht zurückgegangen ist,
haben sich die Einsatzzahlen der Polizei
erhöht. Diesmal wurden 1915 Einsätze
verzeichnet, 2018 waren es 1786. Das sei
aber nicht automatisch mit gesteigerter
Aggressivität gleichzusetzen: Vielmehr
zeige es die Bereitschaft, in Konfliktsitua-
tionen früh die Polizei zu verständigen.

Kurze Meldungen


Carolin Kebekus am Tresen


Unter Beschuss


Tanja Dawydowa

Fünf Menschen


in Kitzbühel


erschossen


Eine „ruhige und gemütliche“ Wiesn


Oktoberfest-Bilanz der Münchner Polizei: mehr Schlägereien mit Maßkrügen, weniger Taschendiebstähle


„Ich war blond,


hässlich,


Matschgesicht“


Bewegt:Carolin Kebekus Foto Stefan Finger


Im Osten der Ukraine


versuchen Helfer, den


Schulalltag für Kinder


aufrechtzuerhalten –


trotz der Nähe zur


Front.


Von Gerhard Gnauck


Asowsches
Meer

Do

n

Dn

je
pr

F.A.Z.- Karte sie.

von Separatisten
kontrolliertes Gebiet

200 km

Dnipro

Donezk

Luhansk
Debalzewe
Saporischja Donezk

UKRAINE

Saporischja

LLuhanskuhansk

Mariupol

Kramatorsk

Mariupol

Kramatorsk

Myroniwske Debalzewe

Charkiw

Rostow
am Don

Region Donbass

UKRAINEUKRAINE

RUSSLAND

RUSSLANDRUSSLAND

Krim
(von Russland besetzt)

AmTatortin Kitzbühel Foto AFP
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