Mittwoch, 2. Oktober 2019 SCHWEIZ
Der FDP Zug droht der Raus wurf
aus dem Bundesparlament
Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass di e Zuger erst mals eine Frau nach Bern schicken
ERICHASCHWANDEN
Die Rollen der Ständeratskandidaten
am Eidgenössischen Schwing- und Älp-
lerfest in Zug EndeAugust waren klar
verteilt:Als OK-Chef durfte sich Heinz
Tännler im Licht derFernsehkame-
ras sonnen. Matthias Michel hingegen
arbeitete als einer vonTausenden von
einfachen Helfern,wie er seineFollower
über Twitter wissen liess.
Seit der Schlussgang des Eidgenössi-
schen vorüber ist,kämpfen die beiden auf
der politischen Bühne wieder aufAugen-
höhe und sorgen im Kanton Zug für eine
spannendeAusgangslage. Klar ist eigent-
lich nur, dass zwei bürgerliche Männer
aus demTrio Peter Hegglin (cvp.), Mat-
thias Michel (fdp.) und Heinz Tännler
(svp.) dasRennen machen werden.Bar-
bara Gysel (sp.),Tabea Zimmermann
(gp.),Andrea SidlerWeiss (parteilos) so-
wie StefanThöni (Parat-Partei) haben so
gut wiekeine Chancen auf eineWahl.
Tännler meidetdas SVP-Logo
Als Bisheriger startet Hegglin natur-
gemäss mit einem gewissen Bonus. Doch
der Zuger Standesvertreter, der erfolg-
los für die Nachfolge von Bundesrätin
Doris Leuthardkandidierte,darf sich sei-
ner Wiederwahlkeineswegs sicher sein.
Zu stark ist dieKonkurrenz,die vor allem
den frei werdenden Sitz vonJoachim
Eder (fdp.) anvisiert. Unberechenbar ist
das Rennen,weil mitTännler in Zug erst-
mals einSVP-Kandidat für den Stände-
rat mit tatsächlichenWahlchancen antritt.
Der 59-jährige ehemaligeFifa-Funk-
tionärkonnte sich nicht nur als OK-Präsi-
dent des Eidgenössischen profilieren,son-
dern spielte alsFinanzdirektor des steuer-
starken Kantons Zug eine wichtigeRolle
bei der Abstimmung über die Unterneh-
menssteuerreform. ImWahlkampf geht
Tännler spürbar auf Abstand zu seiner
Partei. So wirbt er beinahe gar nicht mit
demSVP-Logo, sondern inszeniert sich
auf Plakatenund Inseraten vielmehr als
parteiunabhängiger Macher, der inPolitik
und Sport von Erfolg zu Erfolg eilt. Ein
Ständeratsmandat aufKosten der FDP
wäredie späteRache des Heinz Tännler,
der 2002 von der FDP zurSVP wechselte.
Das Motto des Dreikampfs Hegg-
lin -Michel-Tännler könnte lauten:
«Man trifft sich immer zweimal», sassen
doch die bürgerlichen Schwergewichte
von 2003 bis 2016 gemeinsam in der
Kantonsregierung. Gefährlich werden
könnte diePopularität Tännlers in ers-
ter Linie Matthias Michel.Der 56-jährige
Jurist trat 2018 als Regierungsrat zurück
und strebt nun eine Karriere in Bern an.
Sollte er dieses Ziel verfehlen, wäre das
für die FDP ein schwerer Schlag. Die
Freisinnigen würden damitden Sitz in
der kleinen Kammer verlieren, den sie
seit 1971 ununterbrochen besetzen.
Um dieses Szenario zu verhindern,
unterstützen sich bei den Ständerats-
wahlenFDPund CVP gegenseitig. Doch
nicht alleParteimitglieder sind damit
einverstanden. So finden sich in Tänn-
lers überparteilichem Wahlkomitee
mehrere prominenteFreisinnige, die da-
mit CVP-Mann Hegglin nicht unterstüt-
zen – darunter beispielsweise Ex-Regie-
rungsrat Urs Hürlimann und der frühere
Kantonalpräsident Andreas Kleeb.
Es fehlt ein Zugpferd
Ist der freisinnige Sitz in der kleinen
Kammer latent gefährdet, so ist es der-
jenige im Nationalrat akut. Der Kanton
Zug stellt drei Nationalräte. Mit CVP-
Präsident Gerhard Pfister undSVP-
FraktionschefThomasAeschi treten
zwei nationale Schwergewichte erneut
an und sind so gut wie wiedergewählt.
Hingegen tut sich die FDP schwer da-
mit, eine aussichtsreiche Nachfolgerin
für BrunoPezzatti zu finden.Es fehlt ein
eigentliches Zugpferd.Am ehesten traut
man Karen Umbach oder Sussi Hodel
einen Überraschungscoup zu. Hinzu
kommt, dass wichtige Stimmenprozente
fehlen, weil die GLP anders als vor vier
Jahrenkeine Listenverbindung mit der
FDP eingegangen ist.
Es ist daher wahrscheinlich, dass die
Linke in Zug einen Sitz erobern wird und
damit nachholt, was sie vor vierJahren
verpasst hat. Bei den kantonalenWahlen
im Oktober 2018 konnten nämlich so-
wohl die Sozialdemokraten wie auch die
Alternative – die Grünen (ALG) zulegen.
Seither hat die Diskussion um dieAus-
wirkungen des Klimawandels den Grü-
nen weiteren Schub verliehen. Beobach-
ter gehendavon aus, dass die traditionelle
Liste nverbindung der beiden linkenPar-
teien am 20. Oktober auf einenWähler-
anteil über 25 Prozentkommt. Inner-
halb des linken Lagers billigen Beobach-
ter den Grünen die besseren Chancenzu.
Um den drohenden Sitzverlust abwen-
den zukönnen, müsstedie Zusammen-
arbeit zwischen FDP und CVP optimal
funktionieren. Offiziell unterstützen sich
Freisinnige und Christlichdemokraten
zwar gegenseitig, doch eskommt immer
wieder zu atmosphärischen Störungen.
Nicht gut angekommen ist im freisinni-
gen Lager die CVP-Online-Kampagne,
bei der auch Ständeratskandidat Mat-
thias Michel zur Zielscheibe wurde. Für
Stirnrunzeln sorgen zudem immer wieder
die Attacken, die CVP-Präsident Pfister
auf nationaler Ebene gegen die FDP-
Konkurrenzreitet.
Wahrscheinlich wird Zug am
- Oktober den Makel los, einer der-
jenigen Kantone zu sein, die noch nie
eine Frau im nationalenParlament ge-
stellt haben. Zu den aussichtsreichen
Kandidatinnen bei der ALG gehört
ManuelaWeichelt-Picard, die während
zwölfJahren der Kantonsregierung an-
gehörte. Aufder ALG-Liste kandidiert
auch Vroni Straub.Die Vizepräsidentin
der Stadt Zug ist im kleinen Kanton gut
vernetzt und besitzt einen hohen Be-
kanntheitsgrad.Und da auch bei SP und
FDPFrauen aussichtsreichePositionen
auf den jeweiligen Listenbesetzen,ste-
hen die Chancen für eine erste Zuger
Nationalrätin ausgezeichnet.
BILDER PD
Matthias Michel
Ständeratskandidat
der FDP
HeinzTännler
Ständeratskandidat
der SVP
Gibt es doch
vier Wochen Vaters chaftsurlaub?
Die Initianten hadern mit dem Rückzug ihres Volksbegehrens
CLAUDIABAER
Das Parlament hat Ende September
einem indirekten Gegenvorschlag für
einen bezahltenVaterschaftsurlaub von
zwei Wochen deutlich zugestimmt. Zie-
hen die Initianten ihr Begehren, dasvier
WochenPapi-Zeit verlangt, zurück, tritt
das entsprechendeGesetz in Kraft – so-
fernkein Referendum ergriffen wird.
Und einReferendum scheint derzeit
kaum wahrscheinlich.
Doch SP-NationalratAdrian Wüth-
rich, Präsident desVerbands«Vater-
schaftsurlaub jetzt»,ist im Dilemma.
Zwei kürzlich durchgeführte Umfragen
deuten nämlich darauf hin, dasseine
Mehrheit der Schweizer Stimmberech-
tigten auch zu einem mindestens vier-
wöchigen bezahlten Urlaub tendenziell
Ja sagen würde. Das spräche aus Sicht
der Initianten dafür, die Initiative zur
Abstimmung zu bringen.
Elternurlaub in Gefahr
Gleichwohl fragt sichWüthrich, ob ein
Rückzug nicht klüger wäre, wie er auf
Anfrage bestätigt:Wird der vierwöchige
Vaterschaftsurlaub abgelehnt, so bedeu-
tet dies einenRückschlag für den Eltern-
urlaub, den SP,Grüne und Grünlibe-
rale bereits als nächstes Projekt imVi-
sier haben. Angekündigt ist eine Initia-
tive, die 14 Wochen Urlaub für Mütter,
14 Wochen fürVäter und 10Wochen fle-
xibelaufteilbare Elternzeit vorsieht.
Der Entscheid für oder gegen den
Rückzug des Begehrens auf vierWochen
Vaterschaftsurlaub fällt am Mittwoch.
Alle warten auf die anderen
Als einzigePartei imParlament mehr-
heitlich abgelehnt hat denVaterschafts-
urlaub dieSVP. FraktionschefThomas
Aeschi wehrt sich entschieden gegen
einen weiterenAusbau des Sozialstaats,
der jetzt schon knapp bei Kasse sei.
Dennoch scheint diePartei kaum be-
reit, das Lead bei einemReferendum
zu übernehmen und die hierfür nöti-
gen 50000 Unterschriften zu sammeln.
Die Frage sei zwar noch nicht definitiv
entschieden, aber man werde sicheher
nicht in diesen Kampf begeben, sagte
SVP-Nationalrätin Nadja Pieren (Bern)
unmittelbar nach demRatsentscheid.
Man wolle sich stattdessen auf die Be-
grenzungsinitiativekonzentrieren.
Der Gewerbeverband wird eben-
falls nicht von sich aus aktiv, wie dessen
Direktor, Hans-Ulrich Bigler, bestätigt.
Die Chancen, eine solche Abstimmung
zu gewinnen, schätzter als sehr gering
ein.Sollte hingegeneine andere re feren-
dumsfähigePartei oder Organisation das
Referendum ergreifen, werde der Ge-
werbeverband eine Unterstützung prü-
fen .Dies habeder Vorstand bereitsim
August beschlossen.
Doch offenbar mag niemand in die
Bresche springen, die sich da auftut.
Denn auch der Arbeitgeberverband
zeigtkein Interesse daran, in einem Ab-
stimmungskampf gegen diePapi-Zeit
«mit demBanner vorauszugehen»,wie
der Mediensprecher Fredy Greuter
sagt. Natürlich habe mankeine Freude
am Entscheid desParlaments. Doch das
Thema sei für die Arbeitgeber imVer-
gleich etwa mit dem Kampf um den
Rahmenvertrag «nicht prioritär».
Genau umgekehrt argumentiert
SVP-Präsident Albert Rösti: Beim
Vaterschaftsurlaub gehe es um Lohn-
abzüge und den Preis der Arbeit. Diese
Aspekte müssten zentrale Anliegen der
Wirtschaftsverbände sein.«Wenn es um
ein bäuerliches Anliegen geht, erwarten
wir auch, dass sich derBauernverband
in erster Linie dafür starkmacht», erklärt
der SVP-Präsident mit Nachdruck.
Rahn+BodmerCo.
Talstrasse 15
8022 Zürich
Telefon+41 44 6391111
Anlageberatungund Vermögensverwaltung
Alsunabhängige
ZürcherPrivatbank
denken wir
zukunftsorientiert.
Wirsindnicht demDruck von
Aktionären ausgesetzt.
WirberatenSieunabhängig
und individuell. Heut eund
in Zukunft.