Der Spiegel - 28.09.2019

(Ann) #1
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ARTON KRASNIQI

Der Augenzeuge

»Ungebetene Gäste«


Der Jäger Ulf Muuß, 55, ist Leiter der sogenannten
Bird Control am Flughafen Köln-Bonn. Er soll
verhindern, dass Vögel mit Flugzeugen kollidieren.
Dabei bekommt er Hilfe von Frettchen, Füchsen
und Wüstenbussarden.

»Zum Glück ist es bei uns erst einmal passiert, 2012: Eine
Ringeltaube geriet ins Triebwerk eines Flugzeugs, das gerade
abheben wollte. Der Pilot musste den Start aus Sicherheits-
gründen abbrechen, den Passagieren ist nichts zugestoßen.
Kaum zu glauben, aber eine 500 Gramm schwere Taube kann
einen 250 Tonnen schweren Airbus lahmlegen. Die Schäden
für die Fluggesellschaften gehen manchmal bis in den sechs-
stelligen Bereich.
Das Gelände des Flughafens Köln-Bonn ist rund 960 Hek-
tar groß, ich versuche, es so unattraktiv wie möglich für die
Vögel zu machen. Wenn Gänse oder Kormorane in die Trieb-
werke fliegen, kann es für Besatzung und Passagiere gefähr-
lich werden. Auch kleinere Vögel, die in Schwärmen unter-
wegs sind, können brenzlige Situationen herbeiführen, Stare
zum Beispiel. Zusammenstöße zwischen Vögeln und Flug-
zeugen heißen im Fachjargon Vogelschlag. Damit so etwas
nicht vorkommt, lasse ich mir kreative Lösungen einfallen.
Das Gras zwischen den Pisten mähen wir nicht kürzer als
rund 30 Zentimeter, damit Greifvögel ihre Beute am Boden
nicht erkennen. Ich habe einen Jagdhund, der Unruhe ins
Gelände bringt. Und drei Frettchen. Sie jagen Kaninchen,
damit die keine Habichte und keine anderen Greifvögel an -
locken. Kaninchen sind auch deswegen ungebetene Gäste,
weil sie Gänge und Hohlräume unter die Pisten buddeln.
Es kommt vor, dass Kaninchen auf den Start- und Lande-
bahnen überrollt werden. In so einem Fall helfen uns die auf
dem Flughafengelände wild lebenden Füchse, sie sind schnell
und schnappen sich die Kadaver, ehe die Vögel kommen.
Seit Kurzem arbeitet auch ein fest angestellter Falkner in
unserem Team. Er schickt regelmäßig zwei amerikanische
Wüstenbussarde los, die darauf trainiert sind, andere Vögel
zu verscheuchen. In der Jagdzeit kann ich zwar auf Enten
oder Gänse schießen, die Bussarde sind aber mindestens
genauso effektiv. Es gibt auch Vögel, gegen die ich fast gar
nichts unternehmen muss, Dohlen und Krähen zum Beispiel.
Die sind zu schlau, um sich von einem Flugzeug erwischen
zu lassen.« Aufgezeichnet von Lukas Eberle

Mit Pappnase


in Panama


Die oscarpreisgekrönte
Schauspielerin Meryl
Streep, 70, ist zum ersten
Mal in einer Netflix-Produk-
tion zu sehen: »The Laun-
dromat« läuft in US-ameri-
kanischen Kinos, ab Mitte
Oktober kann »Die Geld -
wäscherei« in Deutschland
gestreamt werden. Unter der
Regie von Steven
Soderbergh spielt
Streep die weibli-
che Hauptrolle in
der Tragikomö-
die, der die wah-
re Geschichte der
Panama Papers
zugrunde liegt.
Die brisanten Un -
terlagen weisen
auf Steuerhinter-
ziehung im gro-
ßen Stilhin. Als
Witwe Ellen
deckt Streep die
dubiosen Ge -
schäfte der An -


wälte Jürgen Mossack (Gary
Oldman) und Ramón Fon -
seca (Antonio Banderas) auf.
Überraschenderweise taucht
sie in einer zweiten Rolle
auf: als Bürokraft mit latein-
amerikanischer Herkunft.
Zuschauer, die in Vorauf -
führungen waren, berichten
von einer Nasenprothese,
dunklem Make-up und
einem starken Akzent. Das
sorgt für Entrüstung, hier lie-
ge kul turelleAneignung vor,
eine rassistische
Darstellung.
Streep müsse
sich auf eine
Welle der Kritik
gefasst machen,
prophe zeit
das britische
On linemagazin
»Metro«. Auch
Gary Oldmans
deutscher Ak -
zent werde in
sozialen Medien
bereits als poli-
tisch un korrekt
gegeißelt, heißt
es da. KS

Schlecht gelaunter


Komiker


Der britische Schauspieler
John Cleese, 79, greift die
BBC an. Seit 20 Jahren habe
der Sender die TV-Shows
der Komikergruppe Monty
Python, zu deren Gründungs-
mitgliedern Cleese zählt,
kaum noch ausgestrahlt und
ihr damit geschadet, beklagt
er. Anfang Oktober feiern
die Komiker, die mit ihrem
schrägen und schwarzen
Humor weltweit bekannt
wurden, ihr 50-jähriges Jubi-
läum. In den USA, Kanada


und Australien sei die Begeis-
terung für Monty Python
viel größer als in Großbritan-
nien, behauptet der Komiker
in einem Interview mit der
Zeitschrift »Radio Times«.
»Wenn du in Großbritannien
Erfolg hast, schreiben dich
die Journalisten runter«,
so Cleese, der vor einigen
Monaten mit der Bemer-
kung für Aufsehen gesorgt
hatte, er halte London
wegen der vielen Zuwande-
rer nicht mehr für eine
britische Stadt. Andere Mit-
glieder der Gruppe finden
allerdings nicht, dass sie in
ihrer Heimat schlecht behan-
delt werden. Eric
Idle sagte, er sei
sogar enttäuscht
darüber, dass
die Komiker heu-
te so beliebt sei-
en. Schließlich
seien sie vor 50
Jahren angetre-
ten, um die Leute
auf die Palme
KOEN VAN WEEL / DPAzu bringen. LOB

THEODORE WOOD / CAMERA PRESS / DDP IMAGES
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