Berliner Zeitung - 05.10.2019

(Marcin) #1
Berliner Zeitung·Nummer 231·5./6. Oktober 2019–Seite 11
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Berlin


Bodenlos:WarumeineGewerkschaftkeineSozialwohnungenbautSeite 15


Tanzboden:WarumBerlineineTangostadtistSeiten 12 und 13


Der GörlitzerPark ist aus Kreuzberg nichtwegzudenken. Hier treffen sich Berliner,Touristen und zum Leidwesen der allermeisten auch die Dealer. DPA


A


mGörlitzer Park scheiden
sich dieGeister.Die einen
lieben den quirligenPark
inder MitteKreuzbergs,in
dem sich Anwohner undTouristen
sonnenundihrBiertrinken.Diean-
deren machen einenweiten Bogen
um das FleckchenGrün, das inver-
lässlicherTaktung selbst über die
Landesgrenzen hinaus im Fokus
steht. Manchmal sogar inTübingen
–Anfang desJahres besuchte der
konservativeGrüne Oberbürger-
meisterBorisPalmerdenGörli.Eine
Einladung, die einer PR-Posse glich
undmitderdieoppositionelleCDU
fürihr eNull-Toleranz-Strategiewer-
ben wollte.AmF reitag sahen sich
fünf Mitglieder vonPegida-Mün-
chenoffenbarebensoveranlasst,im
GörlitzerPark gegen denDrogen-
handelzudemonstrieren.
StetsdrehtessichbeidenDebat-
tenamGörlitzerParkumdie Macht-
losigkeit derPolitik, die imPark das
DealerproblemnichtindenGriffbe-
kommt.Ungehindertwirddortseit
Jahren gedealt, Anwohner sind ge-
nervt, um eine Lösung wirdgestrit-
ten –der Spannungsbogen bewegt
sich zwischen Null-Gramm-Tole-
ranzundLegalisierung.AuchForde-
rungen,denPark wiebeimTempel-
hoferFeldnachtszuschließen,drin-
genimmermalwiederdurch.


GeiselsetztaufmehrAbschiebung

Nunkommt abermalsBewe gung in
die Diskussion um denPark zwi-
schen Görlitzer undWiener Straße.
Innensenator AndreasGeisel (SPD)
hatangekündigt,mehrDruckaufdie
Dealer-Szene ausüben zu wollen.
„Wir werden dor tnoch einmal mit
verstärkter Polizeiarbeit rangehen
und dieIdentitäten derDealer fest-
stellen, um derenAbschiebung ein-
zuleiten.WasimG örlitzer Park pas-
siert, können wir nicht einfach so
hinnehmen“, sagte der SPD-Politi-
ker derDeutschenPresse-Agentur.
Gleichzeitig betontGeisel, dass dies
kein leichtesUnterfangen sei, da
viele derDealer vonihren Heimat-
ländernkeine Pässe ausgestellt be-
kämen.„UndohnePässekannman
sie nicht zurückführen“, soGeisel.
Viele Dealer,die sich inBerlin auf-
hielten, würden zudem ausländer-
rechtlich vonBundesländernwie
Nordrhein-Westfalen und Baden-
Württembergbearbeitet. „Diese
Länder sind nicht besonders scharf
darauf, ihreDealer zurückzuneh-
men“,bemerkteGeisel.


DerInnensenator hält es zudem
für sinnvoll, dieZustän digkeiten zu
bündeln.„Ichhalteesfürrichti g,ei-
nen Schwerpunkt-Staatsanwalt spe-
ziellfürdenGörlitzerParkzurVerfü-
gung zu stellen, damit die Fälle in
eineHandkommenundnichtunter-
schiedlicheStaatsanwälte viele Fälle
bearbeiten“, erklärte er.Geisel be-
tonte,dass sich dasProblem nicht
vonheute auf morgen lösen würde.
Drogenhandel gebe es so lange wie
MenschenDrogenkauftenundnäh-
men.„TunsiedasnichtimGörlitzer
Park,weil ihnen diePolizei auf den
Füßensteht,danntunsieesanande-
rerStelleinunsererStadt“,so Geisel.
Eben diesenPunkt kritisiertvor
allem AntjeKapek, Fraktionsvorsit-
zende der Grünen, die selbst am
GörlitzerPark wohnt. Sowohl eine
nächtliche Schließung als auchAb-
schiebungeneinzelnerDealerwürde
nichtsbewirken.„Zumeinenrücken
sofortneue Dealer nach und zum
anderenverlagertsich die Drogen-
kriminalität dann in dieHausein-
gänge“,sagteKapekder BerlinerZei-
tung. Als Anwohnerin wisse sie zu-
dem, dass vieleDealer keineGe-
flüchtetenseien,diemansoeinfach
abschieben könne.Nicht viel mehr
als Symbolpolitik seienGeisels For-
derungendaher.
KapeksetztdaheraufzweiDinge:
DieLiberalisierung vonCannabis
und eine kontrollierteAbgabe,„da-
mit man derDrogenmafia dieGe-
schäftsgrundlage“ entziehe.Dad as
allerdings nicht möglich sei, müsse
die Polizei „die Infrastruktur der
Dealer stören“. „MithilfevonSpür-
hundenmüssendiegroßenDrogen-
depotsausgehobenwerden.Nurdas
trifft die Dealer schmerzhaft“,
schlägt Kapek vor. Eine Null-Tole-
ranz-Strategie,also die Strafverfol-
gung selbst beimBesitz geringster
MengenweicherDrogen,seiebenso
sinnlos.„Dashatschondamalsnicht
funktioniert“,sagtesie.Zudemwisse
man, dass die Dealer auch harte
DrogenwieCrystaloderHeroinver-
kauften–dag ebeesschließlichauch
eine Null-Gramm-Besitzgrenze. In
Berlin liegt dieEigenbedarfsgrenze
für Cannabis bei 15Gramm, sie ist
damit höher als in allen anderen
Bundesländern.
2015hattederdamaligeCDU-In-
nensenatorFrank Henkel den soge-
nannten Null-Toleranz-Kurs im
Görliaufgesetzt.DieDealerblieben,
2017 wurde dasProjekt wegen „E r-
folglosigkeit“beendet.

DieCDUwilldasProjekttrotzdem
zurück.„Wirfordern,dassjederDea-
ler angeklagt wird.Aber dazu brau-
chen wir dieWiedereinführung der
Null-Toleranz-Strategie“, sagteBur-
kardDregger,Fraktionsvorsitzender
der CDU, derBerliner Zeitung. 15
Gramm Cannabis seien keinEigen-

bedarf, sondernHändlermeng e, kri-
tisierte er.Die Einsicht Geisel s, dass
essonichtweitergeheamGörli,käme
spät.„Nach fast dreiJahren Rot-Rot-
Grünha tderInnensenatordasSchei-
ternder eigenenMigrations- und
Drogenpolitik eingestanden“, sagt
Dregger.Der Senatverha rmlose den

Drogenhandel.In der Plenarsitzung
nach denFerien will die CDU daher
einenAntrageinbringen,derzumei-
nen dieNull-Toleranz-Strategie so-
wohlimGörlialsauchinderHasen-
heide fordert.Außerdem soll dieEi-
genbedarfsmengevonCanna bisauf
sechsGrammgesen ktwerden.

Auch KaiWegner,CDU-Landes-
vorsitzender,reagierte auf Geisel:
„Seine Ankündigungen zu einer här-
teren Abschiebepraxis hören wir
gerne“, sagte er.Rot-Rot-Grünver-
sagebeidenAbschiebungen.„Esfehlt
der klar epolitischeWille,geltendes
Rechtdurchzusetzen“,soWegner.

Dasewige


Park-Problem


InnensenatorGeisel(SPD)willden


DruckaufDealeramGörlitzerPark


erhöhen–dieCDUapplaudiert


VonMelanie Reinsch


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Die Briefe
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Seite 18

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