Süddeutsche Zeitung - 21.09.2019

(Greg DeLong) #1
von moritz geier, christian
helten und hannes vollmuth

J


oachim Ringelnatz dichtete: „Die
Löcher sind die Hauptsache an ei-
nem Sieb.“ Und er hatte recht. Erst
wenn etwas fehlt, wird dessen wah-
re Bedeutung klar. Erst wenn sich
die Leere auftut, beginnt das Nachdenken:
Ist es nicht interessant, dass die SPD im-
mer noch keinen neuen Vorsitz hat? Und
was sagt es aus, dass sich gerade der Pos-
ten des Nationalen Sicherheitsberaters in
Donald Trumps Weißem Haus als Schleu-
dersitz entpuppt?
Es ist die unstete Besetzung dieser pro-
minenten Ämter, die über den Zustand un-
serer Gesellschaft berichtet: über unver-
einbare Interessen, schlecht gelittene Auf-
gaben, verzwickte Positionen und unge-
liebte Jobs. Andererseits: Ist das wahre We-
sen einer jeden Premium-Anstellung
nicht meist die maximale Undankbarkeit?
Vielleicht liegt die allgegenwärtige Pos-
tensucherei ja gar nicht an ungeeigneten
Vorgängern oder unerfüllbaren Aufgaben.
Sondern einzig und allein an den Stellenan-
zeigen.

Präsident (m) des Verbands
der Automobilindustrie

Vakant: Sobald Bernhard Mattes, Deutsch-
lands oberster Autolobbyist, zum Jahres-
ende sein Amt niederlegt. Das hat er ver-
gangene Woche angekündigt, nur wenige
Stunden nachdem er Europas größte Auto-
messe gemeinsam mit Bundeskanzlerin
Angela Merkel eröffnet hatte.
Schlüsselqualifikation: Auch in einer
Zeit, in der führerscheinlose Schulschwän-
zerinnen hofiert und treue Verbrennungs-
motoren diffamiert werden, wissen Sie,
wie man Politiker dazu bringt, die richti-
gen Sätze zu sagen. Gut ist: „Wir verstehen
uns ausdrücklich als Dienstleister der
deutschen Unternehmen“ (Guido Wester-
welle, 2013). Schlecht ist: ein Kabinett, das
von Kohlendioxid-Auflagen faselt. Ge-
meingefährlich ist: ein Politiker, der Bäu-
me umarmt.
Was der Job bietet:Nähe, ach was, Intimi-
tät mit der Bundesregierung.
Bewerbungsmodalitäten:Per Mail inkl.
Lebenslauf (idealerweise mit Station als
Verkehrsminister) an [email protected] und in
Kopie an [email protected].

SPD-Vorsitz (m/w/d)


Vakant: Seit Vollblut-Sozi-Schlachtross
Andrea Nahles am 3. Juni 2019 hinge-
schmissen hat.
Schlüsselqualifikationen:Erfahrung in
radikalem Change Management. Kampf-
geist auch in komplexen Abstiegskampfsi-
tuationen, bei gleichzeitiger Fähigkeit zur
Besonnenheit in steilen Sinkflügen. Star-
kes Standbein (links). Ausgeprägte
Schwarz-rot-Sehschwäche. Keine Angst
vor der Fünf-Prozent-Hürde bei der nächs-
ten Bundestagswahl.
Was der Job bietet:Adrenalin. Aufstiegs-
möglichkeiten. Perspektivwechsel (Oppo-
sition is’ #geilerScheiss). Chancen auf den
Titel „Retter*in der Sozialdemokratie“.
Kurze Einsatzzeit.
Bewerbungsmodalitäten:Unterlagen bit-
te an [email protected], inkl. Emp-
fehlungsschreiben Ihres schwer arbeiten-
den, aber unterbezahlten Friseurs, Metz-
gers, Gärtners, Klempners, Kindermäd-
chens, o.ä.

Sprecher (m/w/d) des Unter-
hauses im britischen Parlament

Vakant:Ab 31. Oktober. Dann wird John
Bercow, der schillernde Amtsinhaber, wie
angekündigt zurücktreten.
Schlüsselqualifikationen:Britischer Hu-
mor. Schlagfertigkeit. Leidensfähigkeit.
Dazu eine starke Mimik, Eloquenz, darstel-
lerisches Talent und Erfahrung in allen
Genres: Drama, Tragödie, Komödie, Gro-

teske, Farce, Burleske, Satire, Mysterien-
spiel, Klamauk, Posse oder Absurdes Thea-
ter. Wenn Sie all das mitbringen, sind Sie
genau richtig an Londons renommiertes-
tem Schauspielhaus.
Was der Job bietet:Eine Bühne.
Bewerbungsmodalitäten:Für das Vor-
sprechen bereiten Sie bitte zwei Rollen vor
(klassisches Theater und modern) sowie ei-
ne Interpretation des „Order!“-Rufs in ver-
schiedenen Tonlagen.

Moderatorin (w) des
Dresdner Semperopernballs

Vakant:Seit Opernball-Chef Hans-Joa-
chim Frey in derBild-Zeitung plötzlich er-
kannte, dass es sich bei seiner Moderato-
rin Sylvie Meis ja tatsächlich um Sylvie
Meis handelte: „Sie hat in diesem Jahr so
tief ausgeschnittene Kleider getragen,
dass das für unsere konservative Klientel
zu freizügig war.“

Schlüsselqualifikationen:Klassisch und
gleichzeitig verrucht rüberkommen. Wo-
bei dringend darauf zu achten ist, nicht zu
klassisch und auch nicht zu verrucht rüber-
zukommen, also auf dem äußerst schma-
len Grat zwischen – wie Kulturwissen-
schaftler sagen – „Hure und Heilige“ zu ba-
lancieren.
Was der Job bietet:Am eigenen Leib (!) er-
fahren, wie eng gesteckt das Korsett und
gleichzeitig schizophren die Erwartungen
an Weiblichkeit im Jahr 2019 immer noch
sind.
Bewerbungsmodalitäten:Video-Upload
eines klassischen und gleichzeitig verruch-
ten Auftritts bei RTL o.ä. (Vgl. Alexis
Schwarzenbach:Die imaginäre Königin
als Heilige und Hure – Wahrnehmungen
von Grace Kelly und Romy Schneider.
Frankfurt/New York, 2002).

Nationaler Sicherheitsberater (m)
im Weißen Haus

Vakant:Sobald Robert O’Brien, Nachfol-
ger von John Bolton, Nachfolger von H.R.
McMaster, Nachfolger von Keith Kellogg
(kommissarisch), Nachfolger von Michael
Flynn, Platz für einen Nachfolger macht.
Schlüsselqualifikationen:Hohe Flexibili-
tät in einem von großer Abwechslung und
echter Spannung geprägten Arbeitsum-
feld. Engelsgeduld im Umgang mit stabi-
len und instabilen Genies; Fähigkeit, kom-
plizierte Sachverhalte sehr einfach zu er-
klären beziehungsweise visuell darzustel-
len. Erfahrung im Umgang mit Falken. Affi-
nität zu Golf.
Was der Job bietet:Einen Schreibtisch im
Weißen Haus. Möglichkeit, an den wahr-
haft großartigsten Deals aller vergange-
nen und kommenden Zeiten mitzuwirken.
Nähe zu einem großen, machtvollen, funk-
tionierenden Atomwaffenknopf. Die Ver-
bundenheit Ihres Vorgesetzten zu Florida
garantiert Chef-freie Zeit.
Bewerbungsmodalitäten: Ihre Bewer-
bung senden Sie bitte per Tweet an @real-
donaldtrump. Nicht mehr als drei Tweets.
Großes Foto!

Fußball-Nationaltrainer (m/w)
von Costa Rica

Vakant:Nur interimsmäßig besetzt, seit
Gustavo Matosas, 52, am 5. September sei-
nen Rücktritt einreichte. Seine Begrün-
dung: Seine Spieler nur eine Woche alle
zwei Monate trainieren zu können, das sei
ja wie Urlaub. „Ich wusste nicht, dass es so
langweilig ist, Trainer einer Nationalmann-
schaft zu sein.“
Schlüsselqualifikationen:Sie haben kei-
ne Angst vor Hundert Jahren Einsamkeit.
Sie sind bereit, die Langsamkeit zu entde-
cken. Die Leichtigkeit des Seins ist für Sie
nicht unerträglich. Oder anders gesagt, Sie
halten es mit dem französischen Denker,
Schreiber und Leser Montesquieu: Gerne
lesen, hat der mal geschrieben, bedeutet,
die einem im Leben zugeteilten Stunden
der Langeweile einzutauschen gegen Stun-
den des Entzückens.
Was der Job bietet:An den karibischen
und pazifischen Stränden Costa Ricas un-
endlich viel Muße und Zeit für Gedanken,
die über hohes Pressing und abkippende
Sechser hinausgehen.
Bewerbungsmodalitäten:Schicken Sie
Ihre persönliche literarische Leseliste, der
Sie sich schon immer widmen wollten, an
[email protected]. Die
umfangreichste Liste gewinnt.

Megan Fox, 33, US-Schauspielerin,
ermuntert ihren Sohn zu ungewöhnli-
chen Outfits. Der sechs Jahre alte Noah
sei kürzlich in einem Kleid zur Schule
gegangen, sagte Fox in der CBS-Show
„The Talk“, und habe danach erzählt:
„Alle Jungs haben mich ausgelacht, als
ich reinkam.“ Sie versuche ihm beizu-
bringen, selbstbewusst zu sein, „egal,
was irgendjemand sagt“.


Frank Zander, 77, Sänger, hat seinen
Geruchssinn nicht im Griff. Er versuche,
sich gesund zu ernähren, sagte er der
Deutschen Presse-Agentur. „Das ist
natürlich schwer, wenn ich eingeladen
werde und es gut riecht.“ Er habe auch
immer noch Laster, nämlich Bier und
um die Häuser ziehen. „Ich glaube, ich
werde auch nicht erwachsen.“


Michael Todd, US-Teenager, hat neue
Klamotten. Der Schüler einer High-
school-Eingangsklasse in Memphis war
von seinen Mitschülern ausgelacht wor-
den, weil er immer dieselben Kleidungs-
stücke trug. „Meine Mom kann mir nicht
mehr Sachen kaufen, weil ich so schnell
wachse“, sagte er dem Sender CBS. Zwei
Klassenkameraden hatten Mitleid und
schenkten ihm Shirts, Hosen und Schu-
he. Seit ein Video von der Überreichung
in den sozialen Netzwerken die Runde
macht, erreichen den Schüler Kleider-
spenden aus dem ganzen Land.


Peter Kraus, 80, deutsch-österreichi-
scher Sänger, ist in der Findungsphase.
„Er sucht ununterbrochen“, sagte seine
Frau Ingrid der Deutschen Presse-Agen-
tur: „Seine Geldbörse, seine Schlüssel,
seine Kreditkarten.“


Bogotá– Kolumbiens Marine hat Medi-
enberichten zufolge ein U-Boot mit acht
Tonnen Kokain beschlagnahmt. Das
Tauchboot der Drogenschmuggler konn-
te vor der Hafenstadt Tumaco im Süd-
westen des Landes abgefangen werden,
wie der Radiosender Caracol am Don-
nerstag meldete. Das Kokain habe einen
Verkaufswert von mindestens 264 Millio-
nen Dollar (rund 238 Millionen Euro), es
sei für Mittelamerika bestimmt gewe-
sen. An Kolumbiens Küsten werden
immer wieder U-Boote mit Drogenliefe-
rungen beschlagnahmt, laut Caracol
allein 20 in diesem Jahr.dpa


Das hier ist ein bislang unbekannter
Blattfloh ausNeuseeland, oder besser:
aus Mordor in Mittelerde. Sein Name
seiPsylla frodobagginsi. Und für „Herr
der Ringe“-Laien: Neuseeländische
Wissenschaftler haben einen Floh
entdeckt. Weil das Ungeziefer auf der
neuseeländischen Südinsel beheimatet
ist, wo viele Landschaftsszenen aus der
„Herr der Ringe“-Trilogie gedreht wur-
den, nannten ihn die Forscher nach dem
HobbitFrodo Beutlin, Englisch: Frodo
Baggin, geboren am 22. September 2968
des Dritten Zeitalters. Namensmäßig
ist der Flohdo in bester Gesellschaft, es
gibt auch den Schlangenkopffisch
Aenigmachanna gollum, die Legolasia-
Wespe, die Sauron-Spinne und die Smea-
gol-Schnecke.FOTO: BIO-PROTECTION NZ

Für den Patienten war es wahrscheinlich
ein seltsames Erwachen. Auf eine zehn-
stündige Operation hatte er sich einge-
stellt, ihm sollte ein Hirnschrittmacher ge-
gen seinen Parkinson eingesetzt werden.
Doch als der 60-jährige Mann aus Katar
am 8. Juli im städtischen Krankenhaus
Köln-Merheim aus der Narkose erwachte,
hatte er keinen Schrittmacher, sondern
nur drei blutige Flecken am Kopf. Der
Arzt Mohammad Maarouf, der ihn operie-
ren sollte und dafür am Morgen seinen
Kopf mit drei Schrauben in einem Gestell
fixiert hatte, war in der Zwischenzeit frist-
los entlassen worden – „während des lau-
fenden Eingriffs“, wie Maaroufs Anwalt
Rolf Bietmann nun empört feststellt.
Der Arzt hätte um 9 Uhr in der Verwal-
tung „vorbeischauen“ sollen, sagt Biet-
mann am Freitag im Gespräch mit der SZ.
Da habe er zu seiner Überraschung seine
Kündigung erhalten. Er hätte das Haus so-
fort verlassen müssen, ohne die in der
Früh begonnene Operation beenden zu
dürfen. Der Patient wurde zwei Tage spä-
ter im Kölner Universitätsklinikum ope-
riert. Das Vorgehen der Klinik sei „unge-
heuerlich“, sagt Bietmann. Er verwahre
sich nicht nur gegen die Art und Weise,
wie seinem Mandanten gekündigt wor-
den sei, sondern auch gegen die Gründe,
die dazu führten: Maarouf soll einem Stu-
denten während einer anderen OP Aufga-
ben übertragen haben, die dieser noch
nicht hätte ausführen dürfen. Bietmann
nennt die Vorwürfe „lächerlich“, noch da-
zu stammten sie von einem Anästhesis-
ten, mit dem der Hirnchirurg nicht mehr
zusammenarbeiten wollte.
Wer diese Darstellung hört, fragt sich:
Musste die Klinikleitung dem Arzt wirk-
lich fristlos kündigen – während einer lau-
fenden Operation? Werden also arbeits-
rechtliche Maßnahmen im Krankenhaus
Merheim ohne Rücksicht auf die Patien-
ten durchgesetzt? Doch die Klinik zeich-
net ein ganz anderes Bild. Sie sah das
Wohl ihrer Patienten durch das Verhalten
Maaroufs gefährdet, erklärt sie. Was der
Medizinstudent, der bei dem Hirnchirur-
gen an seiner Promotion arbeitete, unter
den Augen Maaroufs konkret getan ha-
ben soll, will das Krankenhaus „aus Grün-

den der Vertraulichkeit“ allerdings nicht
sagen. Nur so viel: „Es gab für die fristlose
Kündigung so gravierende Gründe, dass
diese Entscheidung für die Geschäftslei-
tung im Rahmen ihrer Verantwortung ge-
genüber den Patienten zwingend war.“ Au-
ßerdem habe die Klinikleitung gar keine
Kenntnis von der laufenden Operation ge-
habt, erklärte eine Sprecherin. Vielmehr

sei Maarouf bereits drei Tage zuvor telefo-
nisch zu dem Gespräch mit der Kliniklei-
tung gebeten worden: „Dabei war aus-
drücklich darauf hingewiesen worden,
dass dieser Termin fix ist und eventuell ge-
plante Operationen verschoben werden
müssen.“ Maarouf sei pünktlich erschie-
nen und habe „zu keinem Zeitpunkt“ dar-
auf hingewiesen, dass er gerade einen Pa-
tienten operiere: „Insofern liegt die Ver-
antwortung für den Abbruch der Operati-

on alleine beim Operateur.“ Anwalt Biet-
mann aber bleibt bei seiner Darstellung:
Sein Mandant habe gar nichts von einer
Kündigung gewusst, sagt er. „Er dachte,
er müsse nur schnell etwas in der Verwal-
tung erledigen, während die Operation
weiter vorbereitet wird.“
Dabei habe eine Einladung zu einer so
wichtigen Unterredung schriftlich zu er-
folgen. Das angebliche Telefonat mit den
konkreten Anweisungen drei Tage zuvor
nennt er eine „Erfindung“. Außerdem ha-
be Maarouf mehrmals darauf hingewie-
sen, dass er in den OP zurückmüsse.
„Aber man hatte ihm sogar das Handy ab-
genommen, sodass kein Kontakt mit dem
Team mehr möglich war.“
Da zu dem Termin offenbar kein
Schriftwechsel existiert, wird der genaue
Hergang am Ende womöglich im Unkla-
ren bleiben. In der kommenden Woche fin-
det ein – wie in solchen Fällen üblich – öf-
fentlicher Gütetermin vor dem Arbeitsge-
richt statt. Danach dürften mehr Details
in diesem bislang noch rätselhaften Fall
bekannt sein. christina berndt

Es war kurz nach 20 Uhr Ortszeit am Mitt-
wochabend, als durch die Gänge der brasi-
lianischen Abgeordnetenkammer in Brasí-
lia die ersten Freudenschreie schallten.
Im Parlament lief gerade eine Abstim-
mung, es ging unter anderem um neue
Transparenzregeln. Bald aber erfüllte Ge-
murmel den Saal, bis ein Abgeordneter
das Mikrofon ergriff und allen Politikern
den Grund für die Unruhe erklärte: Eine
Tippgemeinschaft im Parlament habe ge-
rade 120 Millionen Real im Lotto gewon-
nen – und die Gewinner seien allesamt An-
gestellte der Arbeiterpartei PT.
Dazu muss man wissen: 120 Millionen
Real sind umgerechnet etwa 26 Millionen
Euro, und das ist immerhin der sechst-
höchste Gewinn in der Geschichte von Bra-
siliens größter Lotterie, der staatlichen
Mega Sena. Die gibt es seit 1986, ähnlich
wie beim deutschen Lotto werden jede Wo-
che sechs Zahlen gezogen, Spieler können
sich die Scheine dabei in Tippgemein-
schaften teilen. Wie viele Gewinner es am
Mittwoch exakt gab, ist darum noch nicht
bekannt. Sicher scheint nur, dass keine
Parlamentarier darunter sind. Stattdes-
sen stammen die Spieler aus den unteren
Reihen der Arbeiterpartei, es sind Putz-
frauen, Sicherheitsmitarbeiter und Sekre-
tärinnen. Einfache Angestellte also, die
nun mit einem Schlag zu Millionären ge-
worden sind.
Das wiederum passt gut, schließlich ist
die PT nicht nur Brasiliens größte Opposi-
tionspartei, sie steht auch für eine linke Po-
litik und sozialistische Ideen. „Ich freue
mich für die Genossen und Genossinnen,
die in der Lotterie gewonnen haben“,
schrieb darum auch der PT-Abgeordnete
Paulo Pimenta auf Twitter. „Gemeinsam
und auf sozialistische Art!“ Aus den Rei-
hen der anderen Parteien gab es dafür Wit-
ze und hämische Bemerkungen. Er glau-
be, die Arbeiterpartei werde von nun an ih-
re Politik ändern, sagte zum Beispiel Aliel
Machado von der rechtsgerichteten Sozial-
liberalen Partei, zu der auch Präsident Jair
Bolsonaro gehört. „Ab jetzt wird die Arbei-
terpartei wohl nicht mehr dafür sein, gro-
ße Vermögen zu besteuern.“ Andere spe-
kulierten darüber, ob die PT nun neue An-
gestellte brauche, weil die alten nach dem

Gewinn alle ihre Kündigung einreichen
würden. Tatsächlich erschienen laut ei-
nem Sprecher der PT am Donnerstag aber
die meisten der Mitarbeiter zur Arbeit.
Rein rechnerisch bekommt jeder Ge-
winner eine halbe Million Euro. Manche
Spieler hatten sich ihre Anteile aber unter-
einander noch einmal aufgeteilt, andere
dagegen gleich mehrere auf einmal ge-
kauft. Einer der größten Gewinne entfällt
darum vermutlich auf einen Fahrer der
Partei: Für seine sechs Anteile bekommt
er drei Millionen Euro. „Ich fasse es nicht“,
sagte er der ZeitungO Globo. „Niemand
kann einen auf so etwas vorbereiten.“ An-
dere Gewinner mussten wegen Bluthoch-
druck behandelt werden, eine Putzfrau
fiel vor lauter Freude und Überwältigung
in Ohnmacht. Der PT-Abgeordnete und
ehemalige Gesundheitsminister Alexan-
dre Padilha kümmerte sich um sie.
Nicht alle der rund 100 Angestellten
der Arbeiterpartei haben sich an der Tipp-
gemeinschaft beteiligt. Mindestens ein re-
gelmäßiger Spieler hatte keinen Anteil ge-
kauft, weil er im Urlaub war. Vier Putzfrau-
en mussten dagegen aussetzen, weil ih-
nen das Geld ausgegangen war. Der Rest
der Spieler hat nun beschlossen, sie den-
noch am Gewinn zu beteiligen. Hoch lebe
der Sozialismus! christoph gurk

Karlsruhe– Für Blätter und Pollen, die
ein Baum in den Garten des Nachbarn
hinüberwehen lässt, ist der Grundstücks-
eigentümer nicht verantwortlich. Das
hat der BGH in Karlsruhe entschieden
(AZ: V ZR 218/18) – und damit drei Bir-
ken in Heimsheim nahe Stuttgart geret-
tet, die das Landgericht Karlsruhe be-
reits zum Fällen freigegeben hatte. Der
Kläger wollte die Birken seines Nach-
barn weghaben oder die Kosten für mo-
natelanges Fegen erstattet bekommen.
Solange der Eigentümer sein Grund-
stück „ordnungsgemäß“ bewirtschaftet,
kann er nicht für die „natürlichen Immis-
sionen“ verantwortlich gemacht werden,
so die Richter. jan


Traumajob


VomSPD-Vorsitz bis zum Fußballtrainer von Costa Rica:


Es sind gerade ein paar Posten zu besetzen,


deren Anforderungsprofil nicht ganz leicht zu erfüllen ist.


Sechs Stellenanzeigen


Den Vorwurf gegen den Chirurgen Mohammad Maarouf will die Klinik nicht nen-
nen, „aus Gründen der Vertraulichkeit“. FOTO: SABINE RÜTTEN/KLINIKEN DER STADT KÖLN GMBH

Kündigung während Operation


Die KlinikKöln-Merheim entlässt einen Hirnchirurgen unter rätselhaften Umständen


Sieg des Sozialismus


Mitarbeiter von Brasiliens Arbeiterpartei räumen im Lotto ab


Wiesbaden/Kiel– Die Zahl der Auto-
diebstähle ist im vergangenen Jahr in
Deutschland stark gesunken. Das geht
aus Zahlen hervor, die das Bundeskrimi-
nalamt (BKA) am Freitag veröffentlichte.
Demnach verschwanden in Deutschland
insgesamt 16 613 Autos dauerhaft, ein
Minus im Vergleich zum Vorjahr um
knapp 13 Prozent. Bei Autodieben beson-
ders beliebt sind laut BKA weiterhin die
deutschen Hersteller VW, BMW, Audi
und Mercedes. Eine hohe Nachfrage
nach gestohlenen Fahrzeugen besteht in
Südost- und Osteuropa sowie im Nahen
und Mittleren Osten. dpa


U-Boot voll Koks entdeckt


KURZ GEMELDET


Frodo + Floh = Flohdo


Er habeauf die laufende OP
hingewiesen, sagt der Arzt.
Stimmt nicht, sagt die Klinik

10 PANORAMA HF3 Samstag/Sonntag, 21./22.September 2019, Nr. 219 DEFGH


Feierstimmung im brasilianischen Par-
lament: Hier nicht wegen Lotto, sondern
eines Gesetzentwurfs.FOTO: MACHADO/REUTERS

COLLAGE: SZ-GRAFIK; FOTOS: SHUTTERSTOCK, PRIVAT, OH

LEUTE


Deutlich weniger Autodiebe


Nachbarmuss Birken dulden

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