Süddeutsche Zeitung - 21.09.2019

(Greg DeLong) #1
Washington –Donald Trumpist dafür be-
kannt, in Gesprächen mit ausländischen
Kollegen manchmal Dinge zu sagen, die
nicht immer den diplomatischen Gepflo-
genheiten entsprechen. Das mag irritie-
rend sein, ist aber nicht zwangsläufig uner-
hört oder gar illegal. Insofern ist noch
nicht völlig klar, ob das, was sich da derzeit
in Washington entfaltet, tatsächlich ein
Skandal ist; oder eben wieder nur ein typi-
sches Trump’sches Telefonat.
Als belegt kann in der Angelegenheit im
Moment nur gelten, dass am 12. August
ein Mitarbeiter eines amerikanischen Ge-
heimdienstes, der im Weißen Haus arbeite-
te, intern eine offizielle Beschwerde einge-
legt hat, die mit einem – so zumindest sah
er es – Fehlverhalten der eigenen Regie-
rung zu tun hatte. Er nutzte dabei den für
sogenannte Whistleblower vorgesehenen
Weg. Der zuständige Inspector General
der US-Geheimdienste, Michael Atkinson,
der ebenfalls im Weißen Haus angesiedelt
ist, bewertete die Meldung als glaubwür-
dig und dringend. Und obwohl Atkinson
per Gesetz verpflichtet ist, den Kongress
über die Details dieser Beschwerde zu un-
terrichten, weigert er sich, das zu tun. Das
hat zu einem zähem Ringen zwischen den
Demokraten im Parlament und dem Wei-
ßen Haus über die Herausgabe dieser In-
formationen geführt.
Alles, was man darüber hinaus über die
Beschwerde weiß, stammt aus Medienbe-
richten, die sich auf anonyme Quellen in
der Regierung berufen. Danach steht im
Mittelpunkt der Angelegenheit ein Telefo-
nat, das Donald Trump mit einem auslän-
dischen Kollegen geführt hat und dessen
Inhalt der Whistleblower kennt. In dem Ge-

spräch hat der US-Präsident laut der Be-
richte seinem Gesprächspartner ein Ver-
sprechen gemacht oder eine Zusage gege-
ben – offenbar jedoch auf eine Art respekti-
ve mit einem Inhalt, die der Geheimdienst-
mitarbeiter für so inakzeptabel hielt, dass
er Meldung erstattete.

Den Berichten zufolge geht es vor allem
um ein Telefongespräch im Juli zwischen
Trump und dem damals neu ins Amt ge-
kommenen ukrainischen Kollegen Wolodi-
mir Selensky. Trump, so der Verdacht, ha-
be Selensky dabei die Auszahlung von blo-
ckierten amerikanischen Hilfsgeldern zu-
gesagt, wenn die Ukraine die Tätigkeiten
der Biden-Familie in dem Land unter-
sucht. Hunter Biden, der Sohn des frühe-
ren Vizepräsidenten Joe Biden, hatte 2014
einen Sitz im Führungsgremium des priva-
ten ukrainischen Gaskonzerns Burisma –
zu einer Zeit also, in der sein Vater für die
US-Politik gegenüber Kiew zuständig war.
2016 setzte Joe Biden die ukrainische Re-

gierung unter massiven Druck, einen
Staatsanwalt abzusetzen, der gegen Buris-
ma ermittelte. Das Parlament in Kiew
stimmt danach für die Absetzung. Aller-
dings war dieser Staatsanwalt aus diver-
sen Gründen hoch umstritten, auch die EU
wollte in aus dem Amt entfernt sehen. Heu-
te ist Joe Biden der führende demokrati-
sche Präsidentschaftskandidat.
In der Sache steckt daher viel Spreng-
stoff. Für Biden, der jede unangemessene
Einflussnahme zu Gunsten seines Sohnes
bestreitet; aber auch für Trump: Wenn der

amerikanische Präsident tatsächlich ei-
nem Kollegen am Telefon zugesagt hätte,
sein Land bekäme Geld, wenn er Ermitt-
lungen gegen einen politischen Rivalen in
den USA anschiebt, so wäre das ein verita-
bler Skandal. Dann hätte Trump versucht,
sich im Ausland direkte Wahlkampfhilfe
zu beschaffen. Das ist illegal und wäre ein
Grund für ein Amtsenthebungsverfahren.
Ob das alles so war, ist bisher allerdings
nicht klar, schon gar nicht bewiesen. Der
Anwalt von Trump, der frühere New Yor-
ker Bürgermeister Rudy Giuliani, hat zwar

zugegeben, dass er die Ukraine zu Ermitt-
lungen gegen die Bidens gedrängt haben.
„Natürlich habe ich das getan“, sagte er am
Donnerstag. Ob auch Trump persönlich
das von Kiew gefordert hat, sagte er nicht.
An so einer Forderung wäre aber auch
nichts Anrüchiges, so Giuliani: Wenn der
US-Präsident den Staatschef eines für Kor-
ruption bekannten Landes dränge, gegen
Korruption vorzugehen, dann mache er
nur seine Arbeit. Auch Trump wies alle Ver-
dächtigungen als „Fake News“ zurück. Auf
die Frage, ob er mit Selensky über Biden
gesprochen habe, antwortete er am Frei-
tag: „Es spielt keine Rolle, über was ich ge-
redet habe. Aber jemand sollte sich Biden
anschauen.“ Die lange zurückgehaltenen
Hilfsmittel für die Ukraine hat Trump vori-
ge Woche überraschend freigegeben.
All das erinnert sehr an die Zeiten, in de-
nen der Sonderermittler Robert Mueller
die Einmischung Russlands in die Wahl
2016 und Trumps Rolle dabei untersucht
hat. Für die Demokraten ist das einerseits
erfreulich – Trump ein Jahr vor der Wahl
in einen frischen Skandal verwickeln zu
können, käme ihnen gelegen.
Andererseits sind die Mueller-Ermitt-
lungen aber auch ein Warnsignal. Denn po-
litisch haben die Demokraten davon kaum
profitiert. Die Lage war so verworren, die
Verteidigung des Trump-Lagers so aggres-
siv, dass die meisten Wähler am Ende der
Seite glaubten, die sie ohnehin unterstüt-
zen. Ein Amtsenthebungsverfahren gegen
Trump lehnen die meisten Amerikaner ab.
Ob jetzt vage Enthüllungen über ein Telefo-
nat Trumps mit einem gewissen Wolodi-
mir Selensky große Wirkung entfalten, ist
daher zweifelhaft. hubert wetzel

Der Mann in Trumps Leitung


Laut einem Whistleblower könnte der US-Präsident die Ukraine gedrängt haben, gegen seinen politischen Widersacher Joe Biden zu ermitteln


... ist irgendwer so
dumm zu glauben,
ich würde etwas
Unangebrachtes sagen
im Gespräch mit
einem ausländischen
Staatsführer...“

Donald Trump auf Twitter

von peter münch

Salzburg –Die Dunkelheit hat sich herab-
gesenkt aufs schöne Salzburg, der Wagen
für die Rückfahrt nach Wien wartet schon,
doch Pamela Rendi-Wagner steht noch im
großen Saal des Parkhotels Brunauer, ver-
teilt Umarmungen, lächelt für Selfies und
gibt für jeden Einzelnen die Parole aus für
den Schlussspurt im Wahlkampf: „Kämp-
fen, kämpfen, kämpfen.“ So sagt sie es zu
den Genossinnen und Genossen, die sie
motivieren muss auf den letzten Metern.
Doch vor allem gilt dieses Motto wohl für
sie selbst. Denn die Spitzenkandidatin der
österreichischen Sozialdemokraten hat
das Kämpfen gelernt in den zurückliegen-
den Wochen und Monaten.
Als Quereinsteigerin ist die 48-Jährige
erst vor gut zwei Jahren in die Politik ge-
gangen. Die habilitierte Medizinerin über-
nahm das Gesundheitsministerium und
überzeugte als empathische Expertin. Der
SPÖ trat sie erst zur Amtsübernahme bei,
doch keine 20 Monate später stand sie
schon an der Spitze der Partei, die sie nun
in die vorgezogene Wahl am 29. Septem-
ber führt. Es ist der steile Aufstieg einer
von den Wahlplakaten strahlenden Kandi-
datin, einerseits. Andererseits ist es die Ge-
schichte einer Frau, die sich nicht leicht
tut mit dem Umstieg von der Fach- zur
Machtpolitikerin, die mit den Anforderun-
gen ringt und manchmal wirkt wie ein
Goldfisch im Haifischbecken.

Bei der großen „ROTshow“, mit der Ren-
di-Wagner in diesem Wahlkampf durch
Österreich zieht, ist sie unterwegs auf
einer schwierigen Strecke. Doch hier in
Salzburg hat sie ein Heimspiel. „Frau-
en#gemeinsam für Pamela Rendi-Wag-
ner“ heißt die Veranstaltung, eingeladen
haben die SPÖ-Frauen. Es gibt Häppchen
und Wein, die Kandidatin, die im leuch-
tend gelben Blazer noch aus jeder Men-
schentraube heraussticht, lässt sich fei-
ern. Begrüßt wird sie als „unsere künftige
Bundeskanzlerin“, und das drei Mal. Jedes
Mal aufs Neue reißt Rendi-Wagner die
Arme hoch und winkt und lacht.
Das mit der Bundeskanzlerin ist aller-
dings nicht so einfach. Als Rendi-Wagner
im vorigen November zur ersten Vorsitzen-
den in der 130-jährigen SPÖ-Geschichte
gewählt wurde, versprach sie der Partei,
sie werde auch die erste Kanzlerin Öster-
reichs sein. Da aber ist ihr Brigitte Bierlein
zuvorgekommen, seit Anfang Juni amtie-
rende Kanzlerin der Übergangsregierung.
Vor allem aber zeigen die Umfragen, dass
die SPÖ mit 20 bis 22 Prozent der Stim-
men mehr als zehn Prozentpunkte hinter
der ÖVP von Sebastian Kurz rangiert. Das
sieht eher nach Opposition aus oder Juni-
orpartnerschaft in einer Koalition.
„Das Wichtigste ist, dass wir uns von
den Umfragen nicht beirren lassen“, ruft
Rendi-Wagner tapfer in Salzburg ins Pu-
blikum. „Sie wollen uns weismachen,
dass wir keine Chance haben.“ Den Gedan-
ken ans Scheitern lässt sie nicht einmal
zu, als sie nach der Veranstaltung im Foy-
er des Hotels in einen Sessel sinkt. „Das ist
das, was ich auch von den Spitzensport-
lern höre“, sagt sie. „Es steht niemand
oben am Start, kein Franz Klammer und
kein Marcel Hirscher, und denkt an den
zweiten, dritten oder vierten Platz.“
Von den Skihelden lernen heißt Siegen
lernen in Österreich, und so ist Rendi-Wag-
ner in den vergangenen Wochen mit Spit-

zensportlerenergie durchs Land gefah-
ren. „Drei Mal durch alle Bundesländer,
an die 70 Städte und Gemeinden mit über
100 Terminen und Veranstaltungen“, er-
zählt sie. Über Marktplätze und durch Frei-
bäder ist sie gestreift, hat viele Reden ge-
halten, Tausende Hände geschüttelt – im-
mer begleitet von Kameras und kritischen
Fragen: Kann die das? Ist sie authentisch?
Ist sie hart genug für die Politik?
Dass diese Fragen so penetrant gestellt
werden, mag in Österreich immer noch da-
mit zu tun haben, dass sie eine Frau ist.
Wenn Rendi-Wagner zum Zeichen ihrer
Volksnähe erzählt, wie gern sie ein Schnit-
zel oder ein Cordon bleu verspeist, findet
sich sofort jemand – in diesem Fall sogar
eine Chefredakteurin – die im Fernsehen
anmerkt: „So wie die ausschaut, wird sie
sich eher nur von ein paar Salatblattln er-
nähren.“ Sicher aber hat es auch damit zu
tun, dass die meisten männlichen Landes-
fürsten ihrer Partei sie von Beginn an mit
gönnerhafter Herablassung behandelt ha-
ben. Wenn sie hinter ihr stehen, dann eher
nicht, um ihr den Rücken zu stärken.
Sinnbild ist ein TV-Auftritt auf dem Hö-
hepunkt der Regierungskrise nach dem

Ibiza-Skandal Ende Mai. Damals wurde
sie zum Live-Interview auf den Platz vor
den SPÖ-Parlamentsbüros geschaltet, wo
sie nach einer Präsidiumssitzung den
Misstrauensantrag gegen Kanzler Kurz
und seine Regierung ankündigte. Die Sze-
nerie war in düsteres Licht getaucht, im
Hintergrund hatten sich die Parteigran-
den wie die finsteren Felsen des Mount
Rushmore aufgebaut, vorn stand einsam
Rendi-Wagner, die mit beiden Händen
das Mikrofon umklammerte und bei erns-
ten Fragen unpassend auflachte.
Das war der Tiefpunkt, für Rendi-Wag-
ner war es wohl auch ein Wendepunkt.
Seither hält sie sich den Rücken eher frei.
Fragt man sie in ihrem Salzburger Sessel
nach den mächtigen Männern in ihrer Par-
tei, sagt sie: „Ich fühle mich genügend un-
terstützt, aber ich bin jemand, der auch ge-
lernt hat, auf sich selbst zu setzen.“ Das

merkt man auch bei den Themen, die sie
im Wahlkampf in den Vordergrund stellt.
Als Ärztin verspricht sie Verbesserungen
bei der Pflege, als Mutter setzt sie sich für
die bessere Vereinbarkeit von Beruf und
Familie ein, und als Kind aus dem Gemein-
debau fordert sie bezahlbaren Wohnraum
und bessere Bildungschancen.
So hat sich Pamela Rendi-Wagner hin-
eingekämpft in diesen Wahlkampf, hat
manch Hölzernes in ihrem Auftreten abge-
legt und an Sicherheit gewonnen. Im Salz-
burger Überschwang wird sie von den Par-
teifreundinnen sogar dafür gefeiert, dass
sie bei einem Wahlduell im ORF den Grü-
nen-Chef Werner Kogler und den FPÖ-
Scharfmacher Herbert Kickl „rhetorisch
besiegt“ habe. Am Ende aber wird es nur
darauf ankommen, wie viel Stimmen sie
gewonnen hat. „Menschlichkeit siegt“,
heißt der Slogan, den die SPÖ auf allen Pla-
katen unter ihre Spitzenkandidatin ge-
schrieben hat. Doch wenn sie verliert,
könnte es mit der Menschlichkeit in der
SPÖ schnell wieder vorbei sein.

 Mehr Österreich jeden Freitag im Ös-
terreich-Newsletter: sz.de/oesterreich

Moskau– Ein Moskauer Gericht hat den
Schauspieler Pawel Ustinow am Freitag
aus der Haft entlassen. Der 23-Jährige
(FOTO: DPA)war erst am Montag zu dreiein-
halb Jahren Straflager verurteilt wor-
den. Das Urteil hatte zu Protesten und
breiten Solidaritätsbekunden für ihn
geführt. Ustinow war vor sieben Wochen
am Rande einer Demonstration festge-
nommen worden, an der er sich nach
eigener Aussage nicht beteiligt hatte.


Videoaufnahmen zeigen, wie ihn vier
Nationalgardisten gewaltsam zu Boden
werfen. Weil sich einer der Nationalgar-
disten dabei leicht an der Schulter ver-
letzt haben will, wurde Ustinow verur-
teilt. Die Bilder seiner Festnahme, die
sich der Richter nicht einmal ansehen
wollte, hatten für allgemeines Entsetzen
gesorgt. Lehrer, Ärzte, Geistliche und
Schauspieler schrieben offene Briefe, in
denen sie faire Verfahren auch für ande-
re Beschuldigte forderten, die während
der Proteste in Moskau festgenommen
worden waren. Für Ustinow setzten sich
zudem mehrere Chefredakteure und ein
führendes Mitglied der Regierungspar-
tei Einiges Russland ein. Die Staatsan-
waltschaft, die anfangs sechs Jahre Haft
gefordert hatte, spricht sich nun für eine
mildere Strafe aus. Am Donnerstag be-
ginnt die Berufungsverhandlung. sibi


München– In den vergangenen Tagen
drehte sich am Persischen Golf – und dar-
über hinaus – alles um die Frage: Wer
steckt hinter den Attacken auf die saudi-
schen Ölanlagen vom vergangenen Sams-
tag? Die schiitischen Huthi-Rebellen aus
Jemen, schiitische Milizen im Irak oder
doch deren Schutzmacht Iran, die die An-
schuldigungen mittlerweile in scharfem
Ton zurückweist? Fest steht, weder Saudi-
Arabien noch die USA glauben, dass die
Angriffe aus Jemen kamen. Beide zeigen
nach Teheran – das Donald Trump nun
mit neuen Sanktionen belegte.
Da half wohl auch die eilig einberufene
Pressekonferenz nicht, die die Huthi-Mi-
liz nutzte, um die Attacke erneut für sich
zu reklamieren – als Vergeltung für den
saudischen Militäreinsatz im jemeniti-
schen Bürgerkrieg. General Yahya Sare'e
versuchte Zweifel auszuräumen, dass die
Miliz zu einer so präzisen und schweren
Attacke gar nicht erst in der Lage sei. Im-
merhin liegen zwischen Anschlagsort
und Jemens Grenze fast 1000 Kilometer.
Doch Sare’e zufolge sei dem Angriff ein
„Planungsprozess auf höchstem Niveau“
vorausgegangen. Er lobte seine Streit-
kräfte, die in „Rekordzeit viele Drohnen
produzieren“ könnten. Sare’es Machtde-
monstration sollte nicht ohne neue Dro-
hungen enden. So könnten die Huthis
Dutzende Ziele in den Vereinigten Arabi-
schen Emiraten (VAE) treffen, darunter
auch Abu Dhabi und Dubai. Die VAE gehö-
ren zu der von Saudi-Arabien angeführ-
ten Militärkoalition, doch haben sie kürz-
lich ihre Truppenstärke reduziert.

Auf die militärischen Einrichtungen
der Huthis hatte es die Koalition in der
Nacht auf Freitag abgesehen. Rund um
die jemenitische Hafenstadt Hodeidah
wurden Produktionsstätten von Spreng-
stoffbooten und Seeminen der Huthis ge-
troffen, wie die saudische Nachrichten-
agentur SPA am Freitag meldete. Zuvor
soll Riad einen Angriff der Huthis mit ei-
nem ferngesteuerten Sprengstoffboot in
Roten Meer vereitelt haben.
Mit der neuerlichen Eskalation in Je-
men wird die von den UN initiierte Feuer-
pause in Hodeidah unterlaufen. Im ver-
gangenen Dezember hatten sich die Kon-
fliktparteien in Schweden auf eine Waf-
fenruhe geeinigt. Die Vereinbarung galt
als erster Durchbruch in den Bemühun-
gen um ein Ende des seit 2015 andauern-
den Bürgerkriegs. Am Freitag kam es
nun im Norden der Stadt Hodeidah, in
der 400 000 bis 600 000 Zivilisten leben,
zu heftigen Angriffen. Die Huthis spra-
chen von einer „gefährlichen Eskalation“.
US-Außenminister Mike Pompeo be-
endete seine Reise in die Region derweil
mit versöhnlichen Worten. „Wir sind
hier, um eine Koalition aufzubauen, die
auf Frieden und eine friedliche Lösung ab-
zielt“, sagte Pompeo nach Gesprächen in
Dschidda und Abu Dhabi. „Und ich hoffe,
die Islamische Republik Iran sieht das
auch so.“ Sein Dienstherr in Washington
erhöhte gleichzeitig den Druck und beleg-
te Irans Zentralbank mit Sanktionen. Es
seien die schärfsten jemals gegen ein
Land verhängten Sanktionen, erklärte
US-Präsident Donald Trump am Freitag
im Weißen Haus. „Wir haben jetzt alle Ein-
kommensquellen Irans abgeschnitten“,
sagte Finanzminister Steven Mnuchin.
Auch Irans Staatsfonds sei nun mit Sank-
tionen belegt. dunja ramadan

Kairo– In mehreren Städten Ägyptens
kam es Freitagabend zu Demonstratio-
nen gegen Präsident Abdelfattah al-Sisi.
Aufgerufen zu den Protesten hatte der
außer Landes geflohene Geschäftsmann
und Schauspieler Mohamed Ali, der seit
Wochen Videos veröffentlicht, in denen
er die Korruption der Armee und die
Verschwendungssucht des Präsidenten
anprangert. Der 2014 durch einen
Putsch an die Macht gekommene Sisi
regiert zunehmend autokratisch, Zehn-
tausende sitzen aus politischen Gründen
in Haft. Auch am Freitag gab es laut
Aktivisten Festnahmen. mob


Suche nach der Ideallinie


Vor der Wahl in Österreich hat SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner von Skihelden ebenso gelernt wie
von den Widerständen in ihrer eigenen Partei. Die einstige Quereinsteigerin weiß nun in der Politik zu kämpfen

Tel Aviv– Zwischen den zerstrittenen
palästinensischenFraktionen gibt es
wieder den Versuch, zu einer Verständi-
gung zu kommen. In einer von der radi-
kalislamischen Hamas im Gazastreifen
veröffentlichten Erklärung begrüßte
deren Chef Yahya Sinwar die Initiative,
„eine innerpalästinensische Einheit zu
erreichen“. Einzelheiten wurden vorerst
nicht bekannt. Im Herbst 2017 hatten die
im Westjordanland dominierende Fatah
und die im Gazastreifen regierende Ha-
mas nach Vermittlung Ägyptens ein
Versöhnungsabkommen unterzeichnet,
die Umsetzung war nach Differenzen
etwa über die Waffenabgabe der Kassam-
Brigaden im Gazastreifen gescheitert.
In einem Bericht warnt zugleich die
Weltbank davor, dass die palästinensi-
sche Autonomiebehörde erhebliche
finanzielle Schwierigkeiten hat, die auch
das Bankensystem bedrohen. Laut dem
Bericht fehlen der Behörde in diesem
Jahr 1,8 Milliarden US-Dollar. Gründe
dafür sind weniger Hilfsgelder aus dem
Ausland und der Streit mit Israel um
Zölle und Steuern, die für die Palästinen-
ser eingehoben werden. Weil sich die
Behörde Geld leihen muss, ist laut Welt-
bank das Banksystem im Westjordan-
land gefährdet. afs


Brüssel– Die Brexit-Verhandlungsfüh-
rer der EU und Großbritanniens, Michel
Barnier und Stephen Barclay, haben sich
über die neu vorgelegten Vorschläge aus
London für den EU-Austritt ausge-
tauscht. Man habe über den Stand der
Dinge bei der gemeinsamen Zukunft
und der Ansätze zur Vermeidung einer
harten Grenze zu Irland gesprochen,
teilte die EU-Kommission am Freitag
mit. Eine funktionierende und juristi-
sche verbindliche Lösung innerhalb des
Ausstiegsvertrags sei sehr wichtig. Lon-
dons Ideen reichen der EU nicht. Aus
diplomatischen Kreisen hieß es: „Wir
sind noch weit von einer Einigung ent-
fernt, welche die roten Linien der EU
einhält, aber es könnte ein Fenster der
Gelegenheit für einen Deal geben.“ Pre-
mier Boris Johnson will beim EU-Gipfel
im Oktober unbedingt einen Erfolg. Die
geplante Ausweitung der EU-Zollunion
lehnt er ab. dpa/reuters


Kabul– Nach einem Anschlag nahe
eines Krankenhauses am Donnerstag in
Afghanistan ist die Zahl der Toten laut
Behörden auf 39 gestiegen, 140 Men-
schen seien verletzt worden. Zunächst
war von 20 Toten und 95 Verletzten die
Rede, als eine Autobombe nahe des Kran-
kenhauses von Kalat detoniert war. Die
radikal-islamischen Taliban bekannten
sich zu der Tat in der Hauptstadt der
Provinz Sabul und erklärten, Ziel sei ein
in der Nähe gelegenes Gebäude des Ge-
heimdienstes gewesen. reuters


Riad greift Ziele


in Jemen an


Militärkoalition reagiert auf
Angriffe auf saudische Ölanlagen

DEFGH Nr. 219, Samstag/Sonntag, 21./22. September 2019 HMG POLITIK 9


Proteste in Ägypten


Erst vor zwei Jahren ging die
Medizinerin in die Politik,
jetzt führt Pamela Rendi-Wag-
ner ihre SPÖ in die Wahl.
FOTO: IMAGO IMAGES/EIBNER EUROPA

Der eine bestätigt, die Ukraine um Ermittlungen gebeten zu haben, der andere be-
streitet es:Rudy Giuliani und sein Mandant Donald Trump. FOTO: DON EMMERT/AFP

Die meisten männlichen
Landesfürsten begegneten ihr
mit gönnerhafter Herablassung US-Außenminister Pompeo

beendete seine Reise
mit versöhnlichen Worten

Moskauer Schauspieler frei


Palästinenser nähern sich an


Hoffnung im Brexit-Streit


39 Tote bei Taliban-Anschlag


AUSLAND

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