MF-MT

(Darren Dugan) #1
136 Kapitel 8 | Die Form

Die Augen
Analysieren wir also die Komponenten des Gesichts und deren Wirkung
auf den Betrachter. Das Hauptmotiv bei Abbildung des gesamten Gesichts
sind die Augen. Ihnen gilt also unsere ungeteilte Aufmerksamkeit für alle
Aufnahmeparameter.
Auch wenn Sie bei modernen Porträts hinsichtlich des Ausschnitts fast
alle Freiheiten haben, existiert eine unumstößliche Regel: Die Augen im
Bild müssen scharf sein. Eine kleine Einschränkung gibt es, wenn Sie mit
Offenblende arbeiten. Denn hier beträgt die Schärfentiefe bei langen
Brennweiten oft nur knapp 2 cm: Hier reicht es aus, wenn ein Auge
scharf ist.
Ansichts- oder Geschmacksache ist hier, welches Auge durch die Schärfe
betont wird. Grundsätzlich sollte das der Kamera näher liegende Auge
betont werden. Einer anderen Auffassung nach soll das besser ausgeleuch-
tete Auge betont werden. Ich bin der Meinung, dass Sie dies ausschließlich
direkt bei der Aufnahme entscheiden können und dass es hier keine allge-
meingültige Regel gibt.
Ebenso wichtig wie die Schärfe sind Lichtreflexe in den Augen. Ein Auge
ohne Lichtreflex wirkt auf den Betrachter tot, die Bildwirkung ist zunichte,
auch wenn alle anderen Komponenten stimmen. Bei Aufnahmen im Frei-
en oder bei Available Light müssen Sie also mittels einer reflektierenden
Wand oder mit einem Reflektor einen Lichtreflex in die Augen lenken. Bei
geblitzten Fotos erhalten Sie automatisch Reflexe. Hier steht allerdings
wieder eine philosophische Frage im Raum: Dürfen die Augen auch Dop-
pelreflexe haben, darf also mehr als eine Lichtquelle im Auge zu sehen
sein? Ich mag da gar keine Stellung beziehen. Entscheiden Sie, ob bei mehr
als einem Reflex das Auge noch natürlich bleibt, die Augenfarbe noch
zu erkennen ist und die Gesamtwirkung des Fotos nicht gestört wird. Im
schlimmsten Fall eliminieren Sie störende Glanzlichter nachträglich in der
digitalen Dunkelkammer.
Bliebe als Letztes noch die Blickrichtung. Bei den meisten Close-ups wer-
den Sie den direkten Blick in die Kamera und somit zum Zuschauer fin-
den. Der Vorteil ist, dass dadurch eine Kommunikation mit dem Betrach-
ter entsteht. Allerdings kann dieser Blickkontakt diesen auch verunsichern
und das Bild wird nicht lange angesehen.
Ist der Blick abgewandt, findet zwar kein Austausch statt, aber das Bild
kann länger betrachtet werden. Emotionen lassen sich häufig auch durch
eine andere Blickrichtung darstellen. Wir kennen alle den unsäglichen
Bildtitel „In Gedanken“ oder Abwandlungen davon. Wenn der Blick des

Schärfe überprüfen
Das Close-up verzeiht, insbesondere
bei offener Blende, keine Aufnahme-
fehler. Überprüfen Sie deswegen unbe-
dingt die Schärfelage auf dem Foto.
Nutzen Sie zum einen vor der Aufnah-
me die Abblendtaste und betrachten
Sie das Bild nach der Aufnahme im
Display. Nutzen Sie dabei
den vollen Zoom der Anzeige,
um ganz sicher zu gehen.

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