MF-MT

(Darren Dugan) #1
2 Kapitel 1 | Die Geschichte der Porträtfotografie

Pauline Viardot und Pierre-Jules Michot in
„Alceste“, Pariser Oper um 1860. Albium,
ungeschnittenes „Carte-de-visite“-Blatt,
19,8 x 23,3 cm.
Foto: André Adolphe Eugène Disdéri
Fotosammlung der Neuen Galerie Graz


Historie


Die Menschenfotografie hatte bereits in der Frühzeit der Fotografie eine
große Bedeutung. Mitte des 19. Jahrhunderts gelangte das Bürgertum zu
neuem Selbstbewusstsein, das sich unter anderem in der Popularität der
Porträtfotografie zeigte. Denn diese neue Technik bot für breitere Bevöl-
kerungsschichten die Möglichkeit, sich porträtieren zu lassen, was bisher
dem wohlhabenden Adel vorbehalten war.
In den Anfängen der Fotografie verlangten Personenaufnahmen dem
Fotografen ebenso wie dem Modell enorme Disziplin und Ausdauer ab.
Die extrem langen Belichtungszeiten, die sich erst im Laufe der Zeit durch
immer lichtstärker werdende Objektive verkürzten, machten es notwen-
dig, das Modell zu fixieren. Haltevorrichtungen wie „Saronnys Universal-
Kopfhalter“ reduzierten die Gefahr des Verwackelns, aber Sie können
sich denken, dass dies natürlich nicht zu entspannten und natürlichen
Porträts führte. Auch orientierte man sich bei den Sujets stark an gemal-
ten Porträts, was die Kulissen mit Palmen, Krügen und Vasen, sitzend auf
Korbstühlen und Sesseln, einschloss. Viele dieser Aufnahmen wirken heute
auf uns sehr grotesk, fast schon parodistisch. Doch schon bald fanden
die Fotografen neue Wege und betonten damit auch die künstlerischen
Aspekte der Menschenfotografie. Der charakteristische Ausdruck der Por-
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