MF-MT

(Darren Dugan) #1
Kapitel 1 | Die Geschichte der Porträtfotografie 3

Daguerrotypie-Kamera

trätierten stand bald im Vordergrund und die Bildkomposition reduzierte
sich auf einfache Licht- und Schatteneffekte.


Zu Beginn der Fotografie hatten die Kameras noch riesige Ausmaße.
Belichtet wurde auf Glasplatten, die mit lichtempfindlichem Brom-Jodsil-
ber beschichtet wurden und dann getrocknet werden mussten. Die Plat-
ten mussten vom Fotografen selbst hergestellt werden, was Geduld und
naturwissenschaftliche Kenntnisse erforderte. So wurde auch meistens nur
ein Foto erstellt.


Auch bei der ersten kommerziellen Anwendung der Fotografie handelte es
sich um Porträts. André Adolphe Eugène Disdéri (1819–1900) erfand 1854
kleine Visitenkartenporträts (carte-de-visite), die in Serie billig hergestellt
werden konnten. Diese Karten kamen schnell in Mode und es herrschte
schon fast ein gesellschaftlicher Zwang, solche kleinen Porträts bei sich zu
tragen, um sie auszutauschen und wieder nachmachen zu lassen. Disdéri
hatte diese Kamera zum Patent angemeldet: eine Multi-Lens-Kamera, die
imstande war, mit mehreren Optiken gleichzeitig acht kleine Porträts auf
eine Platte aufzunehmen.


In der Folgezeit entstanden zahlreiche Porträtstudios, die das Gewerbe der
Porträtmaler und Scherenschnitter verdrängten. Allein in Paris verloren
etwa 30.000 dieser Handwerker ihre Einkommensquelle.


Technik und Licht im Wandel der Zeit


Die Aufnahme- und Kameratechnik


Es mag Ihnen für das Ergebnis Ihrer eigenen Porträts unwichtig erschei-
nen, wie sich Aufnahmematerial, Kameras und Objektive im Laufe der Zeit
entwickelt haben. Ich finde zum einen ein wenig Hintergrundinfor mation
immer ganz interessant und zum anderen hilft mir das Verständnis der tech-
nischen Mittel einer Aufnahme, ein Foto zu beurteilen. Für die Bildwirkung
älterer Aufnahmen, auch solcher des gerade erst zu Ende gegangenen 20.
Jahrhunderts, ist es wichtig zu wissen, ob einige Stilmittel und Sujets aus der
Not geboren sind oder ob sie ganz bewusst eingesetzt wurden. Also zum
Beispiel warum ein Fotograf ein Großformat verwendet hat, ob kein licht-
stärkeres Objektiv zur Verfügung stand oder ob Schwarzweiß die Bildwir-
kung verstärken sollte oder schlicht kein Farbmaterial zur Verfügung stand.


Wurden anfänglich Porträts noch handkoloriert, ist die Geschichte der
Farbfotografie dennoch älter, als man annehmen mag. Bereits 1861 ent-
stand mit Hilfe von drei Schwarzweißaufnahmen, die durch drei verschie-
dene Farbfilter fotografiert wurden, das erste Farbfoto.

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