MF-MT

(Darren Dugan) #1
Kapitel 10 | Fashion & Glamour 183

auch schräge Aufnahmen, die zum einen Aufmerksamkeit erregen
und Ihnen zum anderen die Möglichkeit bieten, auch bei Ganzkör-
perfotos näher an das Motiv heranzugehen.


Linienführung und andere Gestaltungselemente


Was Komposition und Linienführung angeht, gelten auch in der
Modefotografie die klassischen Regeln der Bildgestaltung. Gerade
in einem Genre, in dem gerne mit anderen Regeln gebrochen wird,
muss der Blick des Betrachters im Bild gehalten werden. Nach den
Regeln des Goldenen Schnitts sollte das Hauptmotiv scharf im
Schnittpunkt liegen und keine Linie aus dem Bild herausführen.


Anders als beim Porträt greift hier die Regel, dass die Augenpartie
beziehungsweise das Gesicht des Modells scharf abgebildet sein und
den Blick des Betrachters auf sich ziehen soll, nicht. Das Gesicht des
Modells muss weder scharf abgebildet sein noch in der Linienfüh-
rung aufgegriffen werden, ja, es muss nicht einmal korrekt ausge-
leuchtet sein. Alle Aufmerksamkeit gilt der abgebildeten Mode, die
das Hauptmotiv ist. Diese muss gut ausgeleuchtet und scharf sein.
Wegen des größeren Bildanteils, den die Kleidung einnimmt, ist des-
halb häufig eine kleinere Blende nötig als sonst in der Porträtfotogra-
fie üblich.


Die Anonymisierung des Modells stellt in der Fashion-Fotografie sogar
häufig ein Stilmittel dar. Achten Sie einmal darauf: Häufig ist das Gesicht
des Modells unscharf, es liegt im Schatten, wendet sich vom Betrachter ab
oder ist durch Haare oder Kopfbedeckung verdeckt. Auch der direkte Blick
in die Kamera sollte vermieden werden, da so der Betrachter ganz auto-
matisch von den Augen angezogen und der Mode abgelenkt wird. Neben
der Pose und der Kopfhaltung sind hier Sonnenbrillen ein beliebtes Mittel,
Blickkontakt zu vermeiden. Ebenso häufig werden übertriebene und skur-
rile Make-ups verwendet, um vom eigentlichen Blick abzulenken. Diese
müssen natürlich farblich und stilistisch zur Kleidung passen.


Ein weiteres Stilmittel in der Modefotografie ist die Übertreibung. Oft sind
die Posen extrem, die Farben unnatürlich, das Ganze surreal. Diese Metho-
de der Über-Inszenierung stellt hohe Anforderungen an den Fotografen
und das Modell. Der Fotograf muss – passend oder eben extrem gegen-
sätzlich zu der Mode – kreative Ideen zum Set und Posing des Modells
entwickeln. Gemeinsam mit der Visagistin entsteht ein darauf abgestimm-
tes Make-up und das Modell muss ein wenig schauspielerisches Talent
mitbringen. Extreme Posen, Mimik und Gestik müssen auf den Punkt


Für die Stilmittel gilt in der Fashion- und
Lifestyle-Fotografie: Erlaubt ist, was gefällt.
Um eine ungewöhnliche Aufnahme zu
machen, muss sich der Fotograf schon
mal flach auf den Boden legen. Der Ver-
lauf der Unschärfe verleiht dem Bild eine
besondere Note, da der Vordergrund über
den Schärfeverlauf das Auge zum eigentli-
chen Motiv leitet. Kamera: Nikon Fujifilm
FinePix S2 Pro mit 28-105 mm f/2.8-4er
Objektiv – Belichtung 1/750 Sek. bei f/3.2 –
Brennweite 54 mm – ISO 100.
Foto: Martin Schwabe
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