MF-MT

(Darren Dugan) #1
38 Kapitel 3 | Die Bildgestaltung

Die Linienführung
Jedes Bild besteht aus Linien und Flächen. Profi-Foto-
grafen wissen, wie sie diese anordnen müssen, um ihre
Fotos perfekt zu gestalten. Sie analysieren zuerst die
Grundlinien eines Motivs, die sie zunächst vielleicht gar
nicht wahrnehmen. Dies erfordert einiges an Übung und
Erfahrung. Oft werden Sie bei Porträts einfach losfoto-
grafieren. Doch sehr schnell werden Sie merken, dass es
sich lohnt, das Motiv vor der Aufnahme zu analysieren
und seine Grundlinien zu finden. Grundlinien können
zum Beispiel in Form von Armen, Schmuck oder Kleidung
auftreten. Aufgrund solcher Linien, aus denen sich durch
den umschlossenen Raum wieder Strukturen und Formen
ergeben, bekommt das Foto Spannung. Schon nach kur-
zer Zeit werden Sie feststellen, dass Ihre Fotos interessan-
ter werden. Die wichtigsten Linien im Bild sind die Waa-
gerechte, die Senkrechte, die ansteigende Diagonale und
die fallende Diagonale. Diese werden im Foto als Haupt-
oder Nebenlinien eingesetzt. Zusätzlich gibt es immer
auch weitere freie Linien im Bild. Achten Sie darauf, dass
diese die Komposition nicht stören. Die Hauptlinien, auch
Kraftlinien genannt, sind wie unsichtbare Strukturen, die
den Betrachter durch das Bild führen. Das Auge folgt
ihnen, sie leiten es zum Hauptmotiv und verleihen dem
Bild zusätzlich Dynamik.
Es macht einen großen Unterschied, ob Sie ein Foto dia-
gonal, schräg, waagrecht, senkrecht oder gar mit Winkeln
aufbauen. Bevor Sie beginnen, Gestaltungsprinzipien anzuwenden, versu-
chen Sie sich vorzustellen, ob Sie einen dynamischen, bewegten oder eher
einen ruhigeren, sachlichen Bildaufbau erzeugen wollen. Schon durch klei-
ne Veränderungen können ganz verschiedene Wirkungen entstehen. Denn
Linien können verbinden, trennen, Bezüge herstellen und dem Bild eine
Balance geben. Wenn mehrere Linien zusammentreffen, entstehen Recht-
ecke, Dreiecke oder Winkel, die Bewegung ins Bild bringen. Wie bei allen
Kompositionen gilt auch hier: Erst wenn Sie diese Gestaltungsprinzipien
verinnerlicht haben, können Sie damit beginnen, Ihr Bild bewusst entgegen
dieser Prinzipien aufzubauen und zu experimentieren. Die Linienführung
ist oft nicht auf den ersten Blick erkennbar, denn auch angedeutete, ima-
ginäre Linien wie die Blickrichtung des Modells können die Bildobjekte
verbinden oder in Bezug zueinander setzen und dadurch die Bildwirkung
verbessern.

Hier wurde das Modell zur aufstrebenden
Diagonale. Zusätzlich bildet die Kleidung
noch einen Winkel. Durch die Gestaltung
wirkt das Foto positiver als eine Kompo-
sition mit senkrechter Achse. Kamera:
Fujifilm FinePix S2Pro mit 50 mm f/1.8er
Objektiv – Belichtung 1/160 Sek. bei f/8 –
Brennweite 75 mm – ISO 200.
Foto: Carina Meyer-Broicher

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