MF-MT

(Darren Dugan) #1
42 Kapitel 3 | Die Bildgestaltung

zu zeigen. Der Effekt dieser Abweichung vom Goldenen Schnitt ist, dass
das Auge an einem solchen Foto aufgrund seiner ungewohnten Linienfüh-
rung hängen bleibt, um herauszufinden, was den Betrachter stört. In der
People-Fotografie wird strenge Symmetrie, abgesehen von wenigen Fotos,
als störend empfunden. Gerade in der Porträtfotografie haben symmetri-
sche Bilder schnell Passbildcharakter und wirken langweilig.

Harmonische Bildwirkung
Um bessere Fotos zu machen, muss man sich intensiv mit dem Bildauf-
bau beschäftigen. Neben der technischen Qualität spielen der Ausschnitt
sowie die Gestaltung des Bilds eine große Rolle. Bilder, die im Goldenen
Schnitt angelegt sind, wirken auf den Betrachter immer harmonischer
als solche, die die Grundregel nicht befolgen. Dabei ist die Anordnung
der einzelnen Bildelemente wichtig. Doch warum wird diese Aufteilung
überhaupt als harmonisch empfunden? Es wird behauptet, der Grund läge
darin, dass diese Aufteilung auch in der Natur, zum Beispiel beim Kör-
perbau des Menschen, festzustellen ist. Wissenschaftliche Studien haben
jedoch bewiesen, dass für dieses Harmonieempfinden nicht unbedingt
ein Verhältnis im Goldenen Schnitt vorliegen muss, sondern auch andere
Teilungsmöglichkeiten wie eine Drittelung als harmonisch empfunden
werden können. Neben dem Goldenen Schnitt gibt es auch noch weitere
„Goldene Verhältnisse“, denen jedoch allen die mathematische Grundfor-
mel gemeinsam ist: das Goldene Dreieck und die Goldene Spirale sowie
weitere „Goldene Teilungen“, die sich daraus ableiten lassen.

Der Goldene Schnitt in der Praxis
Ein Klassiker zum besseren Verständnis des Goldenen Schnitts ist der
Sonnenuntergang. Bei derartigen Aufnahmen wird der Horizont meist
bildmittig und die Sonne im Bildzentrum angeordnet. Solche Fotos sind
bestimmt eine schöne Erinnerung, langweilen aber schon alleine wegen
des Aufbaus den Betrachter. Spannender wird das Foto, wenn Sie die
Horizontlinie in das untere Bilddrittel versetzen und die Sonne ebenfalls
auf einer Drittelline rechts oder links platzieren. Das Foto wirkt auf den
Betrachter harmonischer, weil es annähernd den Regeln des Goldenen
Schnitts entspricht. Bei vielen Kameras lassen sich Bildraster zuschalten,
an denen Sie sich bei der Aufnahme orientieren können. Die Umsetzung
des Grundgedankens lernen Sie schnell. Schon nach kurzer Zeit platzieren
Sie die zentralen Motive des Fotos durch die Wahl des Bildausschnitts
automatisch so vor dem restlichen Hintergrund, dass eine Aufteilung von
etwa 68:32 gegeben ist.

Hier ist die Raumaufteilung des Fotos
(siehe auch Seite 41 unten) nach dem
Goldenen Dreieck gewählt. Auch hier gilt
die Regel, dass die Linien sich ungefähr
in einem Verhältnis von 68:32 schneiden.
Wie Sie sehen, kann man die aufgelegte
Grafik beliebig spiegeln oder drehen, ohne
dass die Linien ihren Sinn verlieren. Die
Bildpunkte, hier die Augen, liegen knapp
neben den gewünschten Schnittpunkten
des Goldenen Dreiecks. Diese geringfügige
Abweichung ist kein Beinbruch, Sie müs-
sen sich nicht sklavisch an diese Vorgabe
halten. Auch mit dieser Verschiebung
wird die grundsätzliche Harmonie
des Fotos nicht gestört.

Free download pdf