Der Spiegel - 20.09.2019

(Barré) #1
geht. Keiner soll hinterher mehr sagen dür-
fen, davon hätte er nichts gewusst.
Dr. Frank Ludley, Vouvry (Schweiz)

Mit solchen Beiträgen fördern Sie die AfD,
statt sie zu bekämpfen. Sie mühen sich ab
zu begründen, warum die AfD keine bür-
gerliche Partei sei. Warum sie in Branden-

burg und Sachsen von Bürgern in einer le-
gitimen Wahl mit deutlichem Machtman-
dat ausgestattet wurde und in diesem Sinn
eine erschreckend bürgerliche Partei ge-
worden ist, bleibt unbeantwortet. Ehrliche
Antworten auf die Frage, warum diese
Menschen so gewählt haben, sind ein wirk-
sameres Mittel gegen die AfD als dämoni-
sierende Analysen der Partei.
Volkhard Ziegler, Witten (NRW)

Ich frage mich, was diese pseudointellek-
tuelle Diskussion darum soll, was die AfD
darstellt. Ist sie bürgerlich oder nicht, und
wenn, wie stark oder wie weit außen? Wa-
rum benennen wir sie nicht einfach als das,
was sie ist: eine Nazipartei, und ihre Mit-
glieder und Funktionsträger sind Nazis,
nichts anderes. Allen voran die Höckes,
die Kalbitz und Gaulands und wie sie hei-
ßen. Und jeder, der sie wählt, weiß
das auch, ist also selbst einer oder lebt in
ihrem Gedankengut. Das muss auch im-
mer wieder gesagt werden. Und natürlich
sind AfD-Wählerinnen und -Wähler auch
deutsche Staatsbürger, also Bürger! Das
ist das eigentlich Beschämende. Bitte, lieber
SPIEGEL, sagt das doch endlich auch so.
Hanno Woitek, Hamburg

Wenn ein AfD-Mann mit 35,9 Prozent der
Stimmen in irgendeinen Landtag gewählt
wurde, dann haben eben genau so viele
Wähler das gewollt. In der Demokratie gibt
es keine dummen Wähler, ebenso wenig,
wie es Abgeordnete zweiter Klasse gibt.
Wer eine Partei kleinhalten möchte, dem
bleibt nur eine (anstrengende) Option: die
politische Auseinandersetzung mit ihrer Ar-
beit, ihrem Programm. Thema für Thema.
Claus Bienfait, Köln

Es gibt keine dummen Wähler
Nr. 37/2019Der völkische »Flügel« über-
nimmt die Macht in der Partei

Der Wolf hat seinen Schafspelz abgelegt.
Allen sogenannten Protestwählern, die
meinen, sie könnten den etablierten Par-
teien mal einen Denkzettel verpassen, in-
dem sie der AfD ihre Stimme geben, sei
die Lektüre dieses Artikels ans Herz gelegt.
Hier können sie sehen, wohin die Reise

Meisterhafte Dekonstruktion


Nr. 37/2019 Essay: Niklas Frank, Sohn eines
NS-Verbrechers, über die AfD-Rhetorik


Das Wichtigste, was ich in den letzten Jah-
ren gelesen habe.
Herbert Mack, Weinstadt (Bad.-Württ.)


Wer bereit ist zu sehen, dem hat Niklas
Frank, der Sohn des ehemaligen NS-Ge-
neralgouverneurs im besetzten Polen, mit
dem Artikel »Da spricht ja mein Vater«
die Augen geöffnet.
Dr. Heide Richter-Airijoki, Brüssel


Wo sind ähnliche Äußerungen von unse-
ren Politikern, Geisteswissenschaftlern
und den Kirchen? Danke, Herr Frank, für
Ihren Mut und die Größe, einen solchen
Artikel zu schreiben. Er gehört an jede
Schule in den Geschichtsunterricht.
Monika Kast, Brauweiler (Rhld.-Pf.)


Dieser Essay hätte trotz seiner Kürze auch
als Titelthema herhalten können. Noch nie
habe ich eine derart moralisch klare, ein-
deutige und meisterhafte Dekonstruktion
der menschenverachtenden Sprache des


Führungspersonals der angeblich bürger-
lichen AfD gelesen. Durch den direkten
Vergleich wird sie entlarvt als das, was sie
ist: ein Vehikel für faschistisches und na-
tionalsozialistisches Gedankengut.
Christian Dickmeiss, Düsseldorf


So lobenswert Niklas Franks Intervention
ist, die Sprache der AfD als Sprache der
Nazis zu demaskieren, so entschieden
widerspreche ich ihm, wenn er schreibt,
dass »die schweigende Mehrheit von rund
60 Millionen Deutschen sich gegen eine
AfD-Diktatur nicht wehren« würde. Das
ist eine bei Weitem zu pessimistische Sicht,
widerlegt durch Anti-AfD-Großdemons-
trationen in Berlin und anderswo. Und no-
lens volens betreibt Frank so das Geschäft
der AfD, indem er sie indirekt größer und
einflussreicher macht, als sie ist; sie ist
schon groß genug. Übrigens: Auch der


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Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe
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Briefe

HERMANN BREDEHORST / DER SPIEGEL
AfD-Anhänger in Werder an der Havel

SPIEGEList nicht frei von derartigen An-
wandlungen – so rief er die AfD vor den
Landtagswahlen in Brandenburg und
Sachsen zur neuen Volkspartei im Osten
aus, was sie definitiv nicht ist.
Dr. Stephan Wohanka, Berlin

Die Muster der NSDAP und der »Alterna-
tive« sind erschreckend ähnlich. Erst wird
mit Worten terrorisiert, dann folgen Taten.
Wer die neuen Nazis jetzt noch toleriert
und verharmlost, macht sich mitschuldig.
Dietmar Kawohl, München

Der Essay erinnert nachdrücklich daran,
dass man aus der Geschichte lernen muss.
Nazideutschland war kein »Vogelschiss«,
wie der zynische Herr Gauland meint, son-
dern das schlimmste Terror-und-Mörder-
Regime nicht nur in der Geschichte unse-
res Landes. Vermutlich gibt es in der AfD
auch an sich gutwillige, aber von der CDU
enttäuschte Mitglieder, die nach wie vor
zur Demokratie stehen. Sie sollten Niklas
Franks Erinnerungen zum Anlass nehmen,
die AfD schleunigst zu verlassen und sich
wieder in den demokratischen Parteien zu
engagieren. Unsere Bundesrepublik ist un-
vollkommen, wie alle Staaten. Aber, und
das sollte man sich täglich wiederholen,
sie ist bei Weitem der beste Staat, der je
auf deutschem Boden existiert hat. Die
bürgerlich erscheinenden Aushängeschil-
der der AfD, Gauland, Meuthen, sollten
Franks Essay also dreimal lesen, damit ih-
nen klar wird, was für einen Schaden im
politischen System unserer Republik sie
schon jetzt angerichtet haben.
Prof. Dr. Thomas Bauer, Ottersberg (Nieders.)

Wie damals wird es auf diejenigen links
daneben ankommen: Standfestigkeit zei-
gen oder Steigbügelhalter spielen? Den
wahren Geist beim Namen nennen oder
Verständnis aufbringen? Oder vielleicht
ja alles gar nicht so schlimm finden? Ian
Kershaw hat in seiner Hitlerbiografie den
roten Faden im deutschen Gemüt, der so
viel erst möglich machte, aus einer simplen
Aufforderung eines NS-Funktionärs her-
vorgehoben: Man müsse »dem Führer ent-
gegenarbeiten«. Wenn erst einmal der ent-
scheidende Schritt getan ist, funktioniert
Deutschland wie von selbst.
Peter Henke, Berlin

SCHERL / SZ PHOTO
NS-Funktionär Hans Frank (2. v. l.) 1942

ehemaligen VEB, die dennoch nicht nur
überlebt, sondern sich neue Absatzmärkte
erobert, sich professionell neu aufgestellt
haben.
Heinbert Janze, München

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