Der Spiegel - 20.09.2019

(Barré) #1
finerie militärisch zu reagieren, sagte
Trump, müsse sich das Königshaus daran
beteiligen, »und das heißt, dass sie auch
zahlen werden«.
Aber was nutzen Trump ein paar Mil -
liarden Dollar, wenn im nächsten Jahr die
Präsidentschaftswahl ansteht? Die Politik
Trumps folgt keinen Prinzipien, aber er hat
sichere politische Instinkte. Trump spürte,
dass die meisten Amerikaner genug von

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Kriegen haben, deren Begründungen im
Lauf der Jahre immer zweifelhafter gewor-
den waren. Auch deshalb gewann er die
Präsidentschaftswahl im November 2016.
Noch immer kämpfen etwa 19 000 US-
Soldaten im Irak und in Afghanistan, allein
das ist für Trump schon eine schwere Hy-
pothek im Wahlkampf. Die demokratische
Präsidentschaftsbewerberin Elizabeth
Warren hat vergangene Woche angekün-

einen Tisch zu setzen. »Ein solches Treffen
wird es nicht geben«, hieß es aus Teheran.

Die Iraner glauben,dass sie von einem
Tête-à-Tête mit Trump nichts zu gewinnen
haben. Warum verhandeln? Die Iraner
haben erlebt, dass sie die Hand zu dem
Nukleardeal reichten und Trump dann al-
les für null und nichtig erklärte. Nun ver-
langen sie, dass Trump erst einmal die
Sanktionen lockert und zum Atomabkom-
men zurückkehrt, dann könne man mitei-
nander reden.
Dazu wiederum ist Trump nicht bereit.
Dem Präsidenten wird es aber auch
schwerfallen, eine Koalition gegen Tehe-
ran zu formen. Trump hat mit seinem Aus-
stieg aus dem Nuklearabkommen die Euro -
päer vor den Kopf gestoßen. Großbritan-
nien, Frankreich und Deutschland haben
sich in über 12-jährigen Verhandlungen
um eine Einigung mit Teheran bemüht
und schließlich am 14. Juli 2015 den Ver-
trag zusammen mit China und Russland
ausgearbeitet. Trump hat all die Arbeit mit
einem Federstrich zunichtegemacht. Er
steht deshalb im Konflikt mit Iran ziemlich
allein da.
Hinzu kommt, dass vor allem die Deut-
schen seit dem Auftragsmord an dem Jour-
nalisten Khashoggi auf maximale Distanz
zu dem Königshaus in Saudi-Arabien ge-
gangen sind. Kanzlerin Merkel hatte ur-
sprünglich große Hoffnungen in den jungen
Kronprinzen in Riad gesetzt, doch jetzt in-
terpretieren viele sein Namens kürzel MbS
als »Mohammed Bone Saw«, Mohammed
Knochensäge – das war ein grausiges De-
tail des Khashoggi-Mordes. Im April 2017
hatte Merkel den Prinzen sogar in seinem
Privathaus in Dschidda besucht. Aber dann
musste sie mitansehen, wie MbS mit im-
mer größerer Brutalität alle Gegner beisei-
teräumte und im Jemen einen Krieg ohne
jede Rücksicht auf die Bevölkerung führt.
»Ich muss zugeben, dass wir uns in MbS
getäuscht haben«, sagt ein langjähriger
Spitzenberater der Kanzlerin.
Trump dagegen ist nachsichtig, solange
die Kasse stimmt. Seine Verbündeten brau-
chen keine moralischen Prinzipien, Geld
genügt im Zweifel. Trump erklärte den
Mord an Khashoggi zwar zu einem furcht-
baren Verbrechen, aber Geschäfte waren
dann doch wichtiger: Saudi-Arabien habe
sich bereit erklärt, 450 Milliarden Dollar
in den USA zu investieren, erklärte Trump
im vergangenen November, sieben Wo-
chen nach dem Mord an Khashoggi. »Es
wäre verrückt, diese Verträge platzen zu
lassen.« Solange Saudi-Arabien ameri -
kanische Waffen kauft, hat es Trumps
Rückendeckung sicher.
Auch in dieser Woche hat Trump klar-
gemacht, auf welcher Basis die Freund-
schaft zu Riad steht: Sollte er sich dazu
entscheiden, auf die Attacke gegen die Raf-


SIPA PRESS / ACTION PRESS

FAYEZ NURELDINE / AFP
Revolutionsführer Khamenei, Drohnenüberreste: »Druck gegen Druck«
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