Der Spiegel - 20.09.2019

(Barré) #1

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Wirtschaft


Energie

Atomkraft verliert global an Bedeutung


Kernkraftwerke rechnen sich nicht mehr. Weltweit werden nur 46 neue Reaktoren gebaut.

 Energie aus Atomkraftwerken wird global immer unwichti-
ger. Das geht aus dem Weltstatusbericht zur Atomenergie
hervor, den das Büro von Nuklearanalyst Mycle Schneider
kommende Woche veröffentlicht. Kernkraft macht demnach
nur noch rund zehn Prozent des globalen Strommixes aus,
knapp 7,5 Prozentpunkte weniger als zur Hochzeit der Tech-
nologie im Jahr 1996. Der Bedeutungsverlust dürfte sich laut
Schneider fortsetzen. 80 der 417 aktiven Reaktoren seien
älter als 41 Jahre und hätten somit das von Herstellern anvi-
sierte Betriebsalter überschritten. Weitere 192 AKW sind der

Studie zufolge mindestens 31 Jahre alt. Neu gebaut würden
nur 46 Reaktoren, 27 der Projekte dürften länger dauern
als geplant. Generell würden sich neue Kernkraftwerke nur
rechnen, wenn deren Erbauer staatliche Subventionen erhiel-
ten. Die Kosten für den Bau neuer AKW beliefen sich auf
mindestens 112 Dollar pro Megawattstunde. Bei Fotovoltai-
kanlagen seien es nur mindestens 36 Dollar, bei Windanlagen
an Land sogar teils nur 29 Dollar. »Erwartungen, die Atom-
kraft könne als CO²-schwache Energieform eine Renaissance
erleben, lassen sich nicht bestätigen«, sagt Schneider. SSU

Ich bin ein willenloser Spielball der Lidl-Sonderposten, es ist der Ramsch, der mich schwach werden lässt. ‣S. 84

DER SPIEGEL Nr. 39 / 21. 9. 2019

Übernahmeschlacht


Osram-Arbeitnehmer rufen


nach dem Staat


Im Kampf gegen eine Übernahme
durch den österreichischen Chipkonzern
AMS hoffen Arbeitnehmervertreter von
Osram auf staatliche Unterstützung. Sie
halten es für möglich, dass ein Verkauf ins
Ausland die öffentliche Ordnung oder
Sicherheit gefährden und damit gegen das
Außenwirtschaftsgesetz verstoßen könnte.


So stelle Osram Sensoren, Laser und
Halbleiter her, die auch militärisch
genutzt werden könnten. Es sei nicht
transparent, ob AMS bei seinem Übernah-
meversuch von Investoren von außerhalb
der EU unterstützt werde, etwa aus China,
oder im Anschluss sensible Geschäftsbe-
reiche weiterveräußern wolle. »Aus unse-
rer Sicht müsste es in jedem Fall ein Prüf-
verfahren geben«, sagte Klaus Abel,
Unternehmensbeauftragter der IG Metall
und stellver tretender Aufsichtsratsvorsit-
zender bei Osram. Das Bundeswirtschafts-

ministerium könnte allerdings erst nach
Unterzeichnung eines Kaufvertrags eine
Inves titionsprüfung einleiten. Zu Osram
will sich das Ministerium nicht äußern.
AMS prüft, ob der Deal bei dem amerika-
nischen Regierungsausschuss zur Kon -
trolle von Auslandsinvestitionen (CFIUS)
angemeldet werden muss. AMS bietet
38,50 Euro je Osram-Aktie und damit
3,50 Euro mehr als die Finanzinvestoren
Carlyle und Bain. Die IG Metall fürchtet
einen massiven Stellenabbau, wenn AMS
zum Zuge käme. MHS

IMAGEBROKER.COM / ACTION PRESS

Atomkraftwerk in Bayern
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