Der Spiegel - 20.09.2019

(Barré) #1
Thyssenkrupp

Spohrs Mandat endet


 Beim angeschlagenen Stahlhersteller
Thyssenkrupp zeichnen sich erste Perso-
nalentscheidungen im Aufsichtsrat ab.
Lufthansa-Chef Carsten Spohr wird dem
Gremium nicht mehr zur Verfügung
stehen. Sein Mandat wird Ende Januar
2020 mit der Hauptversammlung des
Konzerns enden. Thyssenkrupp rutscht
wegen seines schwachen Börsenwerts
kommenden Montag aus dem Kreis
der Dax-30-Konzerne. Immer wieder
wurden im Aufsichtsrat Zweifel an
Vorstandschef Guido Kerkhoff laut. Auf
Anfrage will sich Spohr zu seiner
Zukunft im Essener Konzern nicht
äußern. Offenbar war das Mandat auch
ein zeitliches Problem für den Manager.
Spohrs Anwesenheitsquote bei Sitzun-

gen im Geschäftsjahr 2017/18 war die
schwächste aller Mitglieder und lag bei
nur 60 Prozent – der Durchschnitt des
Aufsichtsrats bei 93 Prozent. Auch eine
Personalie gilt als ungünstige Konstella -
tion für Spohr: Die Unternehmensberate-
rin Martina Merz ist sowohl Vorsitzende
des Thyssenkrupp-Kontrollorgans als
auch Aufsichtsrätin bei Lufthansa. MUM

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Bundes-IT

Staatliche Streithähne


 Das krisenhafte Milliardenprojekt, mit
dem die Bundesregierung bis 2025 sämt -
liche Computerarbeitsplätze in ihren
Behörden und Ministerien modernisieren
wollte (SPIEGEL38/2019), könnte einen
peinlichen und kostspieligen Rechtsstreit
auslösen. Das Bundesinnenministerium
hatte 2016 die BWI GmbH als IT-Tochter
der Bundeswehr damit beauftragt, erheb-
liche Teile der sogenannten IT-Konsoli-
dierung umzusetzen. Nun wolle die bun-
deseigene BWI offene Forderungen von
mindestens 21 Millionen Euro gegen das
Ministerium notfalls »gerichtlich durch-
setzen«, heißt es in einem vertraulichen
Entwurf eines Rechnungshofsberichts.
Im schlimmsten Fall müsse bereits
beschaffte Hardware zudem »vollständig
ab geschrieben werden«, alles zulasten
des Bundeshaushalts. Zuvor hatte es dem
Papier zufolge Anfang September mehre-
re erfolglose Einigungsversuche auf
Staatssekretärsebene gegeben, zuletzt
unter Beteiligung von Kanzleramtsminis-
ter Helge Braun (CDU). Hintergrund des

Streits ist, dass das Ministerium mit sei-
nem Dienstleister für wesentliche Teile
der Arbeiten keinen Vertrag geschlossen
hatte. Die BWI versicherte lediglich per
Mail, man werde die anfallenden Kosten
»sachgerecht abrechnen«. Nun weigert
sich das Ministerium, zwei BWI-Rechnun-
gen über insgesamt 21 Millionen Euro zu
begleichen – mit dem Argument, es
gebe keinen Vertrag. Der Rechnungshof
ergreift in dem Entwurf Partei für den
Dienstleister und rügt das Ministerium
scharf. Dass es nicht bezahle, sei für die
Prüfer »nicht nachvollziehbar«. Der
Dienstleister habe »unzweifelhaft« Leis-
tungen erbracht, für die er eine Vergü-
tung erwarten könne. Der Rechnungshof
drängt die staatlichen Streithähne zu einer
außergerichtlichen Einigung, da sonst
mit »erheblichen Prozesskosten« von min -
destens 617 000 Euro gerechnet werden
müsste – wiederum zulasten des Bundes -
haushalts. Die BWI wollte sich auf Anfra-
ge nicht äußern. Beim Innenministerium
hieß es, die Sache werde zwischen den
Beteiligten »derzeit erörtert«, man gehe
davon aus, dass »kurzfristig eine einver-
nehmliche Regelung getroffen wird«. ROM

MICHAEL DALDER / REUTERS

Innenminister Horst Seehofer

BERT BOSTELMANN / BILDFOLIO
Spohr

Kryptowährungen

Facebook verzichtet bei


Libra auf Chinas Yuan


Facebook will seine geplante Krypto-
währung Libra nicht, wie von US-Poli-
tikern befürchtet, an den chinesischen
Yuan koppeln. In einer Antwort auf
eine Anfrage des finanzpolitischen
Sprechers der Linksfraktion im Bundes-
tag, Fabio De Masi, teilt das Unter -
nehmen erstmals mit, wie sich der
Währungskorb zusammensetzen soll,
mit dem es die Ausgabe von Libra ab -
sichern will. Jede Münze soll demnach
zu 50 Prozent durch US-Dollar sowie
kurzfristige amerikanische Staatsanlei-
hen gedeckt sein. Auf den Euro sollen
18 Prozent entfallen. Der Rest setzt
sich aus Bargeld und Staatsanleihen
aus Japan (14 Prozent), Großbritannien
(11 Prozent) und Singapur (7 Prozent)
zusammen. China entwickelt derzeit
eine eigene Digitalwährung. Zudem
versucht die Regierung in Peking seit
Jahren, den Yuan als globales Zahlungs-
mittel populärer zu machen, auch um
seine ökonomische Macht auszubauen.
China und die USA führen einen erbit-
terten Handelsstreit. Die Bundesregie-
rung lehnt Libra ab. Sie befürchtet, das
staatliche Geldmonopol an private
Unternehmen zu verlieren. Facebook
teilte zudem mit, es werde seine Dienst-
leistungstochter Calibra in Irland an -
siedeln, um von dort europäische Libra-
Nutzer zu bedienen und sich den EU-
Geldwäscherichtlinien zu unterwer-
fen. De Masi zeigte sich enttäuscht:
Facebook habe nicht ausgeschlossen,
dass Calibra Daten nutzt, die Facebook
bei seinen Nutzern sammelt. BAZ

Vorstände

Erstmals mehr Frauen als


»Thomas« und »Michael«


 Der Frauenanteil in den Vorständen
deutscher börsennotierter Konzerne ist
in den letzten zwölf Monaten schneller
gewachsen als erwartet. Das ergibt ein
Bericht der AllBright-Stiftung. Dem-
nach stieg die Quote um 1,3 Prozent-
punkte auf 9,3 Prozent. Erstmals sitzen
mehr Frauen als Männer mit den Vor-
namen Thomas und Michael in den
Vorständen. Die Stiftung erhebt diese
Statistik seit drei Jahren. International
ist Deutschland weiter abgeschlagen: In
den USA ist bei den 30 größten Unter-
nehmen im Schnitt mehr als jedes vier-
te Vorstandsmitglied eine Frau – in
Deutschland nur rund jedes siebte. RAI
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